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Prozessfinanzierer hält Klagen gegen EY für substanzlos

Ein britischer Prozessfinanzierer hält die bisher eingereichten Wirecard-Klagen gegen EY für voreilig. Die von den Anlegeranwälten vorgelegten Beweise seien unzureichend.

Geschädigte Wirecard-Anleger wollen Wirtschaftsprüfer EY zur Haftung heranziehen. Foto: dpa
Geschädigte Wirecard-Anleger wollen Wirtschaftsprüfer EY zur Haftung heranziehen. Foto: dpa

Normalerweise sind Prozessfinanzierer sehr diskret. In der Regel wissen die Beklagten nicht, wer die Klage gegen sie finanziert hat. Umso bemerkenswerter ist es, dass sich ein britischer Prozessfinanzierer bei der WirtschaftsWoche gemeldet hat. Dessen deutscher Vertreter will nicht namentlich genannt werden und sein Unternehmen aus den Schlagzeilen halten. Er hatte sich an uns gewandt, nachdem er den Artikel „Prozessfinanzierer zögern bei Klagen gegen EY“ bei WirtschaftsWoche Online vom 22. September gelesen hatte. Was er zu sagen hat, ist brisant.

Bisher habe der Finanzierer alle Anfragen von deutschen Kanzleien wegen Wirecard-Klagen gegen den Wirtschaftsprüfer EY abgelehnt. Hauptgrund dafür seien Mängel in der Beweisführung, mit der ein Anspruch auf Schadensersatz zu belegen wäre. Für eine erfolgreiche Klage müssten die Anwälte der Anleger nachweisen, dass die testierenden Wirtschaftsprüfer EY mit Vorsatz Wirecard-Aktionäre geschädigt oder dies mindestens billigend in Kauf genommen habe.

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Bisher gebe es jedoch nur mehr oder weniger plausible Zusammenhänge, die einige Anwälte als Indizien werteten, so der britische Finanzierer. Es fehlten die entscheidenden Belege, etwa E-Mails oder andere Dokumente, mit denen sich ein Anspruch auf Schadensersatz nachweisen ließe. Dieser Hinweis des britischen Prozessfinanzierers hat wohl auch mit den eigenen Dienstleistungen zu tun. Denn die Briten finanzieren nach eigenen Angaben die forensische Prüfung von E-Mail-Korrespondenzen durch Spezialisten, beispielsweise für Insolvenzverwalter.

Der Münchner Rechtsanwalt Peter Mattil glaubt an eine niedrigere Schwelle, um EY einen bedingten Vorsatz nachzuweisen. Es genüge, im Detail zu belegen, wo EY in der Wirecard-Bilanz weggeschaut oder nicht nachgefragt habe. Juristen sprächen dann von einem bedingten Vorsatz. Dieser bedingte Vorsatz, so Mattil, sei dann in der Klage anhand der Ungereimtheiten in der Bilanz zu belegen.

Zugang zu stichhaltigen Belegen hätten nach jetzigem Stand nur der Insolvenzverwalter, die Staatsanwaltschaft und EY selbst, argumentiert der britische Prozessfinanzierer. Insofern halte er die bereits eingereichten Klagen gegen EY für übereilt. Mattil glaubt dagegen, dass sich auch ohne Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft eine fundierte Klage erstellen lasse. Bisher, so der Münchner Anlegeranwalt, halte die Staatsanwaltschaft ihre Akten noch geschlossen.

Die WirtschaftsWoche hatte in einem Artikel vom 22. September mehrere Anlegeranwälte zitiert, die begründet hatten, warum sie bisher keine Prozessfinanzierung organisieren konnten. Der britische Prozessfinanzierer hält einige der Erklärungen für zweifelhaft. Er könne sich beispielsweise nicht vorstellen, dass ein Finanzierer einen Rückzieher mache, um aus geschäftlichem Interesse Konflikte mit EY zu meiden. Denn in der Regel bleibe der Prozessfinanzierer anonym im Hintergrund. Das Argument, dass die Kanzleien bei den Klagen gegen EY vorpreschen müssten, weil nur die ersten eine Finanzierung erhielten, sei absurd. Für aussichtsreiche Klagen hätte sein Unternehmen immer genügend Budget. Nur fehlten dafür derzeit eben noch die Belege.

Ein früherer Manager eines deutschen Prozessfinanzierers nennt auch die zum Teil unterschiedlichen Interessenslagen von Anlegeranwalt und Prozessfinanzierer als mögliche Ursache für die Eile auf der einen und die Zurückhaltung auf der anderen Seite: So würde ein Prozessfinanzierer vor einer Finanzierung am liebsten die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Aufsichtsbehörden abwarten. Dann hätte er mehr Fakten, um sein Kostenrisiko einer Klage gegen EY genau einschätzen zu können. Der Finanzierer spiele daher auf Zeit. Der Anlegeranwalt hingegen habe ein Interesse daran, möglichst schnell zu klagen, um seine Mandanten nicht an andere Anwälte zu verlieren, die bereits Klagen eingereicht hätten.

Wer als Kleinanleger eine Klage finanzieren muss, hängt an der Risikoeinschätzung des Finanzierers. Im schlimmsten Fall muss er sich auf eine Hängepartie einstellen. Der deutsche Prozessfinanzierer Foris beispielsweise verhandelt weiterhin mit mehreren Kanzleien. Bisher konnte Foris keine Kooperation mit Anlegeranwälten vermelden.

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