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Kursziel 100.000 Dollar? Die Profis steigen am Bitcoin-Markt ein

Um fast 40 Prozent legte der Bitcoin im Oktober zu. Hinter der Rally steckt die Unsicherheit an der Börse – und ein globaler Megatrend.

„Happy birthday, Bitcoin!“, ruft David Hasselhoff vom heimischen Swimmingpool aus in die Kamera. Und erklärt augenzwinkernd: „Ich habe den Bitcoin erfunden. Und werde alles, was ich über ihn weiß, geheim halten.“

Wenn Promis wie „Knight Rider“-Darsteller und Skandalnudel Hasselhoff, Rapper Soulja Boy und Schauspieler Charlie Sheen zusammenkommen, muss es etwas zu feiern geben: Per Videobotschaft gratulierten sie vor Kurzem dem Bitcoin zum zwölften Geburtstag. Und viele Kryptofans tun es ihnen nach: Aus der ganzen Welt erhält die älteste und wichtigste Kryptowährung Glückwünsche.

Im November 2008 hat der bis heute unbekannte Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto das Konzept der Währung erstmals beschrieben. Und neben dem Jahrestag dürfte vor allem die jüngste Kursrally dem Bitcoin neue Aufmerksamkeit beschert haben. Innerhalb der letzten 30 Tage kletterte der Preis um knapp 40 Prozent auf den höchsten Stand seit drei Jahren und nähert sich der 16.000-Dollar-Marke.

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Doch Vorsicht ist angezeigt, wie die Kryptogeschichte zeigt. Schon früher gab es starke Anstiege: Wer Ende 2010 für zehn Cent einen Bitcoin gekauft hatte, besaß im Dezember 2017 ein Kryptovermögen von knapp 20.000 Dollar. Dann implodierte der Markt, innerhalb weniger Monate stürzte der Bitcoin auf gut 3.000 Dollar. Es verpuffte eine Marktkapitalisierung von knapp 280 Milliarden Dollar.

Wiederholt sich die Entwicklung? Was steckt hinter dem derzeitigen Aufschwung, und wie lange hält er an? Klar ist: Eine Kryptoanlage ist höchst riskant, der Totalverlust möglich. Und dennoch steht hinter dem Auftrieb ein Megatrend, der das Wachstum mittelfristig befeuern könnte: Erstmals steigen institutionelle Investoren auf breiter Front in den Markt ein. Und die Ankunft der Profis nutzt auch den Kleinanlegern.

Unsicherheit als Pluspunkt

Ein Grund für die aktuelle Kursrally ist simpel, glauben Experten: Die Volatilität an den Aktienmärkten ist hoch, was Investoren in alternative Anlagen treibt. Marktanalyst Timo Emden etwa verweist auf die starke Unsicherheit durch die Corona-Pandemie und die US-Präsidentenwahl.

„Für die Kryptowelt ist es aktuell nicht entscheidend, wer die Wahl gewonnen hat, sondern dass die Unsicherheit über den Ausgang der Wahl so lange anhielt“, erklärt er. Entscheidend sei gewesen, dass Trump rechtlich gegen die Wahl Bidens vorgehen wolle: „Die Anleger flüchteten sich in Kryptowährungen als vermeintlich sicheren Hafen.“

Was Emdens These bestätigt: Unmittelbar nachdem US-Medien Joe Biden als neuen US-Präsidenten ausgerufen hatten, sackte der Bitcoin-Kurs binnen Stunden um 1000 Dollar auf rund 14.500 Dollar ab. Inzwischen geht es wieder aufwärts. Auch die Kurse anderer virtueller Münzen stiegen größtenteils analog zur virtuellen Leitwährung.

Ether und Litecoin etwa kletterten in den letzten 30 Tagen um rund 29 Prozent. Laut Coinmarketcap weisen die rund 7600 dort gezählten Kryptowährungen inzwischen eine Marktkapitalisierung von knapp 450 Milliarden Dollar auf.

Auf dem Weg zur Massentauglichkeit?

Einige Beobachter hoffen nun, dass die Wahl Bidens auch langfristig positive Impulse bringt: Der bekannte US-Investor Michael Novogratz erklärte dem TV-Sender CNBC, dass der Bitcoin mit Biden als US-Präsident gewinnen könnte, wenn die Republikaner den Senat hielten.

Denn dann blieben weitere Staatsausgaben auf Pump aus und die Notenbank müsste eingreifen, um die Finanzmärkte zu stützen – ein Kaufargument für alternative Anlagen. Novogratz ist freilich nicht neutral, sondern führt das Kryptounternehmen Galaxy Digital.

2020 professionalisierte sich der Handel mit Kryptowährungen zunehmend. Immer mehr Krypto-Start-ups kooperieren mit klassischen Banken, die traditionelle Finanzwelt verschmilzt mit dem Krypto-Universum.

„Das Vertrauen wächst“, erklärt Max Heinzle, Gründer des liechtensteinischen Start-ups 21.finance, das eine eigene Handelsplattform für Anlageprodukte auf Krypto-Basis (Token) betreibt. „Der ganze Bereich von Kryptowährungen und digitalen Assets reguliert sich gerade“, sagt Heinzle. Das treibe langfristig die Preise an.

Bei seinem Start-up ist im Sommer 2019 eine Bank eingestiegen, die Bank Frick hält nun mehr als 50 Prozent der Anteile am Unternehmen. Die Liechtensteiner Privatbank ist schon länger am Kryptomarkt aktiv, bot während des Hypes um virtuelle Börsengänge (ICOs) 2017 zahlreichen Projekten Konten an.

Inzwischen gehören zu ihren Kunden auch Vermögensverwalter, Family-Offices und Pensionskassen, die einen Teil ihrer Anlagen in Kryptoform investieren wollen. 21.finance wiederum kooperiert mit der Konkurrenz, etwa den Bankhäusern von der Heydt in München und Gebrüder Martin in Göppingen.

„Die ersten mittelgroßen Banken trauen sich jetzt aufs Blockchain-Parkett, auch die großen Banken sind schon am Testen. Die werden etwas später folgen“, sagt Heinzle. Er will in Kürze die Zusammenarbeit mit weiteren internationalen Bankenpartnern bekanntgeben.

Neue Gesetze in Deutschland

Lieber früher als später wollte Patrick Karb am Markt aktiv sein. „Wir haben vor zwei Jahren entschieden, uns verstärkt den Möglichkeiten der Blockchain-Technologie zu widmen“, sagt der Leiter des Blockchain-Bereichs bei der Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser.

Anlagen rund um die dezentrale Datenbanktechnologie gehöre die Zukunft, aber innerhalb eines regulierten Rahmens. „Wir sollten den Markt nicht den Start-ups überlassen. Als etablierte Anbieter mit langer Erfahrung können wir vielen Anlegern den Einstieg erleichtern.“

Hilfreich sei die politische Schützenhilfe aus Berlin. So brachte die Einführung einer Krypto-Verwahrlizenz im Kreditwesengesetz zum 1. Januar 2020 endlich Klarheit für die Bankenwelt. Und kommt das Gesetz für elektronische Wertpapiere, dürften auch Anleihen auf Blockchain-Basis den Durchbruch schaffen.

Vor Kurzem hat Hauck & Aufhäuser eine Tochtergesellschaft für Investment und Administration von Kryptoanlagen gegründet, die H & A Innovative Capital (HAIC). Diese Kapitalverwaltungsgesellschaft legt einen Spezialfonds auf, einen sogenannten Spezial-AIF, der in Bitcoin, andere Token und künftig auch in Blockchain-Anleihen investieren soll. Ab 200.000 Euro können professionelle Anleger einsteigen.

„Wir starten den ersten ausschließlich in Kryptowerte investierenden Fonds unter Anwendung eines klassischen Set-ups aus Verwalter und Verwahrer in Deutschland“, verspricht Karb.

Der Fonds der HAIC soll auf rund zehn Millionen Euro wachsen und als Prototyp dienen, Hauck & Aufhäuser investiert dazu auch eigenes Geld. Für den eigenen Fonds übernimmt die HAIC das Portfoliomanagement. Nach einer Lernphase möchte Hauck & Aufhäuser seine Verwahrdienste dann professionellen Vermögensverwaltern anbieten.

Hauck & Aufhäuser arbeitet dabei mit dem Start-up Kapilendo aus Berlin zusammen, das bereits eine vorläufige Kryptoverwahrlizenz besitzt. „Viele professionelle Investoren scheuen sich, selbst eine Wallet zu eröffnen“, ein Kryptokonto, erklärt Karb. „Wir nehmen es ihnen als professioneller Partner ab, managen die Anlagen unter höchsten Sicherheitsstandards und liefern auch das gewünschte Reporting.“ Die Resonanz sei „durchweg positiv und sehr interessiert“. Wettbewerber klopften bereits an.

Krypto-Start-ups mit Banklizenz

Auch die Supertanker der Finanzwelt, Großbanken wie BNP und HSBC oder Vermögensverwalter wie State Street und Fidelity arbeiten längst an eigenen Angeboten. Fidelity verwahrt als erster großer US-Vermögensverwalter Krypto-Anlagen und bietet seit 2019 auch den Handel mit Bitcoin an. Privatkunden sind ausgeschlossen.

„Alle großen Banken und Fondsgesellschaften werden mittelfristig am Kryptomarkt einsteigen müssen, ganz einfach, weil die Kunden es wollen“, glaubt Sven Hildebrandt, Chef des Hamburger Beratungshauses Distributed Ledger Consulting. „Wer als Bank seinem Kunden nicht den Kauf von Bitcoin oder Ether anbietet, der treibt ihn in die Arme der Konkurrenz.“

Tatsächlich besitzen mehrere deutsche Krypto-Start-ups inzwischen eine Banklizenz oder streben sie an, darunter die Herforder Bitcoin Group und die Berliner Bitwala. „Das Problem ist: Haben sich die Kunden beim neuen Anbieter erst einmal angemeldet, steigt die Gefahr, dass sie irgendwann auch mit ihren regulären Bankgeschäften dorthin wechseln.“

Das sei für die Banken ein doppeltes Problem: Kryptoanleger seien heute häufig „männlich, gut gebildet und überdurchschnittlich verdienend“, sagt Hildebrandt, „also eigentlich die perfekten Bankkunden“.

Der Eintritt der professionellen Spieler treibe den Preis von Bitcoin und Co. nachhaltig. Zur Begründung macht Hildebrandt eine einfache Rechnung auf: So verwaltet Fidelity Investments heute rund 3,3 Billionen Dollar. Gleichzeitig empfehle man professionellen Kunden ein Krypto-Investment von ein bis fünf Prozent des Gesamtvermögens.

„Wenn Fidelitys Kunden nur zwei Prozent in Bitcoin umschichten, wären das 66 Milliarden Dollar“, rechnet Hildebrandt vor. Das entspräche knapp einem Viertel der derzeitigen Bitcoin-Marktkapitalisierung.

Gleichzeitig sinke das Bitcoin-Angebot: „Bitcoin ist inzwischen ein Rohstoff, kein Zahlungsmittel mehr. Er ist das digitale Gold. Der große Run hat gerade erst begonnen“, glaubt Hildebrandt. Seine sehr optimistische Prognose: 2025 liege der Bitcoin-Preis bei 100.000 Dollar – oder mehr.

Nicht alle teilen diese Euphorie. Skeptische Beobachter wie Volker Brühl, Geschäftsführer des Center for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität, sehen den Funktionswechsel hin zum Anlageobjekt als brandgefährlich für den weiteren Erfolg an. „Als Währung ist er mittelfristig tot“, sagt Brühl über den Bitcoin.

Ausgerechnet der Wandel zum digitalen Gold könnte dem Bitcoin die Geschäftsgrundlage entziehen. Denn während physisches Gold in der Industrie und als Schmuckobjekt dauerhaft begehrt bleibt, würde ein Bitcoin, der nicht mehr zum Bezahlen verwendet wird, womöglich überflüssig – und durch neuartige Token ersetzt.

Längst arbeiten Start-ups wie die Kölner Firma Cash on Ledger, aber auch Zentralbanken wie die People’s Bank of China an eigenen virtuellen Token auf Basis klassischer Währungen. Der Bitcoin spielt da keine Rolle mehr.

Zu früh abschreiben sollte ihn freilich niemand, wie die jüngste Ankündigung von Paypal zeigt: Ab 2021 will die US-Bezahl-App ihren 325 Millionen Kunden Bitcoin-Transaktionen ermöglichen und die Verwahrung gleich mit. Das könnte ihm ganz neue Kundenkreise erschließen.
Fakt ist: In den zwölf Jahren ihres Bestehens ist die älteste virtuelle Währung schon oft abgeschrieben worden – und doch ist der Bitcoin immer wieder auferstanden. Seine treuesten Fans halten selbst im Absturz zu ihm.