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Pro-Sieben-Sat-1-Chef wirbt für digitalen Umbau – und bittet die Aktionäre zur Kasse

Auf der Hauptversammlung zieht Max Conze alle Register, um die Anteilseigner von seinem Kurs zu überzeugen. Doch die attackieren den Vorstand.

Für Max Conze war 2018 ein ziemlich gutes Jahr – zumindest gemessen an seinem Gehalt. Der Chef von Pro Sieben Sat 1 erhielt für sieben Monate Arbeit eine Vergütung von 5,5 Millionen Euro, davon entfielen allein drei Millionen Euro auf einen Einstellungsbonus. Auch die Vorstandskollegen des 49-Jährigen bei Deutschlands größter privater Sendergruppe durften sich über hohe Zuwendungen freuen.

In Summe stieg die Vergütung des Topmanagements des Unternehmens binnen eines Jahres von 12,8 auf fast 21 Millionen Euro an. Das Problem aus Sicht vieler Aktionäre, die sich am Mittwoch in München zur Hauptversammlung einfanden: Die üppige Entlohnung des Vorstands passt nicht so recht zur Performance von Pro Sieben Sat 1.

Im vergangenen Jahr ist das Betriebsergebnis des MDax-Konzerns um fast 60 Prozent auf 348 Millionen Euro eingebrochen. Der Umsatz stagniert, die Verschuldung steigt, der freie Mittelzufluss (Free Cashflow) ist negativ.

Die Folge: Der Aktienkurs hat sich im vergangenen Jahr beinahe halbiert. Er fiel von 28,7 auf 15,5 Euro je Anteilschein. An der Börse hat Pro Sieben Sat 1 seit Ende 2017 mehr als 2,7 Milliarden Euro an Wert verloren. „Ein Unternehmen, das 50 Prozent seiner Marktkapitalisierung einbüßt, erhöht die Vorstandsgehälter um 60 Prozent“, attackierte Elisa Haralampides von der Schutzgemeinschaft für Kapitalanleger (SdK) den Vorstand: „Wenn man die Zahlen uninterpretiert vergleicht, dann ist das der blanke Wahnsinn.“

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Tatsächlich ist es aber schwierig, die Managerentlohnung bei Pro Sieben Sat 1 in den Jahren 2017 und 2018 gegenüberzustellen. Einerseits haben die Anteilseigner vergangenes Jahr ein neues Vergütungssystem abgesegnet, das den Vorständen höhere Fixgehälter zusichert und sich nun bemerkbar macht.

Andererseits zahlt der Konzern fast sechs Millionen Euro an seine Manager aus, weil Mittelfristziele am Weg zur erfolgreichen Transformation der Fernsehgruppe erfüllt worden sind. Diesen „Erfolg“ zieht Haralampides jedoch in Zweifel: „Ich sehe nicht, dass diese Transformation schon fertig ist.“ Der Antrittsbonus für Conze von drei Millionen Euro sei zudem „nicht nachvollziehbar“.

Im Plenum wird kräftig applaudiert, als auch Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) die hohen Vergütungen scharf rügt. „Sicher, wir müssen Qualität einkaufen, aber wir sind kein Dax-Unternehmen mehr und können nicht aus dem Vollen schöpfen“, sagte Bergdolt.

Die Aktionärsschützerin wendet sich direkt an Aufsichtsratschef Werner Brandt: „Irgendwie habe ich das Gefühl, Sie waren mit den Zahlungen etwas zu locker.“ Wieder klatschen viele Anteilseigner. Ohne Kritik ging dagegen die Dividendenkürzung um rund 40 Prozent über die Bühne. Bergdolt sagte, die drastisch gesunkene Ausschüttung sei zwar happig, aber es sei „viel wichtiger, dass das Unternehmen nun die Kurve kriegt und investiert“.

Nachdem Pro Sieben Sat 1 seit Ende Mai mit Mediaset einen neuen Großaktionär hat, wollte die DSW-Expertin von Conze wissen: „Lernen Sie schon Italienisch“? Der Manager geht darauf nicht direkt ein, er verweist lieber darauf, dass er das Engagement der Firma des früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi als Vertrauensbeweis in die eigene Strategie wahrnehme.

Was die Finanzergebnisse betrifft, bittet Conze seine Aktionäre allerdings um Geduld. „Ich weiß, geduldig sein ist bei unserer Aktienkursentwicklung nicht einfach. Aber Transformation ist kein Sprint, sondern ein Marathon“, ruft Conze in den Saal und drückt die Brust nach vorn. „Da braucht man ein bisschen Ausdauer, aber ich glaube, dass wir ein gutes Stück vorankommen.“

Conze verspricht viel

Conze zieht bei seinem Auftritt alle Register: Er verspricht Live-Spektakel, mehr Eigenproduktionen und Shows sowie TV-Superlative. Aber passt er auch an die Spitze eines Unterhaltungskonzerns wie Pro Sieben Sat 1, dem die Werbeerlöse im Kerngeschäft mit linearer TV-Werbung wegbrechen?

Der Chef von Pro Sieben Sat 1 will jedenfalls der Phalanx aus Netflix, Amazon, Apple, Disney und Co. mit ihren Streamingdiensten Paroli bieten. Seine Killer-Applikation heißt „Joyn“. „Wir bauen hier das beste und größte kostenlose Streaming-Angebot im deutschen Markt“, kündigte der Manager vollmundig an.

Die App, die von der früheren Sixx-Chefin Katja Hofem verantwortet wird, startet bereits am 18. Juni. Rund 50 Sender, darunter auch ARD und ZDF, sollen dann zu sehen sein. Hinzu kommen noch 20.000 Titel aus der Filmbibliothek.

Ob das Gemeinschaftsunternehmen von Pro Sieben Sat 1 und dem US-Medienkonzern Discovery die digitale Reichweite so nach oben katapultieren kann, um die Verluste im linearen Fernsehen auszugleichen, steht in den Sternen. Conze spricht schwärmerisch von einem „Hebel für unsere Zukunft“. In zwei Jahren soll „Joyn“ zehn Millionen Nutzer haben.

„Wir werden mit unserer digitalen Reichweite den Rückgang der TV-Reichweite überkompensieren“, verspricht Conze. Es sind die wie in Stein gemeißelten Sätze, mit denen der frühere Dyson-Chef seine Aktionäre überzeugen will. Wirtschaftlich ist „Joyn“ aber ein riskantes Projekt.

Allein in diesem Jahr erwartet Conze einen Anlaufverlust des Gemeinschaftsunternehmens mit Discovery von insgesamt 100 Millionen Euro. Das Konzernergebnis von Pro Sieben Sat 1 werde mit voraussichtlich 30 Millionen Euro belastet. Schnell wird „Joyn“ keine Gewinne abwerfen. „Wir erwarten, dass Joyn in vier bis fünf Jahren den Break-even erreicht“, sagt Conze.

Analyst Daniel Kerven von JP Morgan glaubt dem charismatischen Vorstandschef. „Joyn wird eine bessere Nutzererfahrung mit mehr Inhalten und einer besseren Funktionalität liefern; es sollte den Videokonsum steigern.“ Der Medienanalyst empfiehlt, die Aktie überzugewichten.

Mehr: „Joyn“ heißt der Streamingdienst mit dem Pro Sieben Sat 1 Netflix Konkurrenz machen will. Lesen Sie hier, wie der Service ausgestattet ist.