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4.000 Artikel fehlen: Ein Onlinehändler erzählt, wie sich die Lieferprobleme auf sein Geschäft auswirken

Relaxdays hat 2021 ein Logistikzentrum bei Halle bezogen. Gründer und Firmenchef Martin Menz stand vor den damals noch leeren Hochregalen.
Relaxdays hat 2021 ein Logistikzentrum bei Halle bezogen. Gründer und Firmenchef Martin Menz stand vor den damals noch leeren Hochregalen.

Viele deutsche Onlinehändler haben massive Probleme in der Lieferkette. Vor allem Waren aus Asien kommen nur verzögert oder gar nicht an. Sprechen möchte darüber kaum ein Anbieter. Lediglich Standardfloskeln wie „ein herausforderndes Marktumfeld“ werden bemüht, um die Lage zu beschreiben. Martin Menz, Gründer und Chef des Onlinehändlers Relaxdays, ist da eine Ausnahme.

Das 2006 gegründete Unternehmen aus Halle/Saale hat sich auf Produkte aus dem Bereich Haus, Garten und Freizeit spezialisiert. Das Sortiment von 20.000 Artikeln reicht von Bambustischen über Fahrradständer bis hin zu Zaunverkleidungen. Relaxdays verbuchte nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren ein jährliches Absatzplus von rund 50 Prozent. Dieses Wachstum zu halten, wird laut Menz jedoch „immer schwieriger“, wie er im Gespräch mit Gründerszene erzählt.

Ein Fünftel der Artikel nicht vorrätig

Seinen Schätzungen zufolge kann das Unternehmen aktuell rund 4000 beziehungsweise ein Fünftel der bisher angebotenen Artikel nicht anbieten. „Die Verhandlungen mit unseren asiatischen Zulieferern waren noch nie so anstrengend wie derzeit“, so Menz. Große Probleme gebe es vor allem bei Metallprodukten. „Teilweise fehlen die Rohstoffe für die Herstellung“, so Menz. „Teilweise würden die Produzenten aber auch Preiserhöhungen von 100 Prozent vornehmen, sodass wir die Produkte nicht einkaufen.“ Die Endkunden seien nicht bereit, solche Preise zu zahlen, sagt der Handelsunternehmer.

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Menz spricht davon, dass sich die Einkaufspreise für Relaxdays seit Mitte 2021 im Schnitt um 20 bis 30 Prozent erhöht hätten. "Das können wir so nicht eins zu eins an unsere Kunden weitergeben, da dann die Kaufbereitschaft zurückgeht." Also verzichtet der Onlinehändler aktuell auf eigene Marge. Nicht nur die Einkaufspreise haben sich deutlich erhöht, auch die Transport- und Lagerkosten steigen kräftig. Habe der Transport eines Standard-40-Fuß-Containers von China nach Europa im Herbst 2021 noch rund 2000 US-Dollar gekostet, lägen die Frachtraten inzwischen bei etwa 16.000 US-Dollar, rechnet der Relaxdays-Chef vor.

Seine Firma kämpft dabei auch mit Lieferverzögerungen. „Das Sonnensegel für den Frühjahrsverkauf bekommen wir im Herbst, die Kaminzange dagegen im Frühjahr“, nennt Menz Beispiele. „Wir müssen dadurch deutlich mehr Waren einlagern als in den Jahren zuvor“, so der Firmenchef. Die Situation lässt sich also so zusammenfassen: Es fehlen Produkte, dennoch sind die Lager gut gefüllt.

Die Gründe für die Lieferprobleme sind vielseitig. Mit dem Abklingen der Corona-Pandemie Mitte 2021 stieg die globale Nachfrage nach Rohstoffen, Vor- und Fertigprodukten rasant und überforderte die globalen Produktions- und Transportkapazitäten. Das Ergebnis waren Lieferverzögerungen und steigende Preise. Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine stiegen die Energie- und Rohstoffkosten weiter an. Zudem riegelte die chinesische Regierung im Frühjahr 2022 wegen Corona-Ausbrüchen Millionenstädte wie Shanghai ab, was die Lieferprobleme verschärft. Allein im Hafen in Shanghai sollen aktuell laut Verband Deutscher Reeder 150 Frachtschiffe auf die Abfertigung warten.

80 Prozent der Händler können nicht liefern

Wie dramatisch die Lage ist, zeigt eine Umfrage des Ifo-Instituts in München. Etwa 80 Prozent der Einzelhändler klagten im Mai, dass sie nicht alle bestellten Waren liefern könnten. Im April waren es 67 Prozent. „Viele Waren stehen nicht im Regal, sondern im Container in einem Hafen von China“, sagt der Leiter der Ifo-Umfragen Klaus Wohlrabe.

Für Menz und sein Team bedeutet das Dauerstress: „Planungen werden so immer schwieriger.“ Dass der 36-Jährige offen über die Probleme spricht, dürfte auch daran liegen, dass Relaxdays mit den Engpässen besser umgehen kann als Wettbewerber. Seit Jahren arbeitet das Unternehmen mit festen Zulieferern zusammen, die Eigenmarken für den halleschen Onlinehändler herstellen. „Wer jetzt als Neukunde bei Herstellern Ware ordern will, der bekommt häufig nur Absagen“, weiß Menz. „Lücken im Sortiment von Konkurrenten helfen uns auch, trotz der Schwierigkeiten weiterzuwachsen.“

Das Internetkaufhaus Amazon hat aus dem Engpass mit seiner Tochter Amazon Global Logistics ein neues Geschäftsfeld gemacht, berichtet etwa das Handelsblatt. Bei Reedereien deckte sich der US-Konzern im großen Stil mit Transportkapazitäten ein, die er seither europäischen Onlinehändlern zu günstigen Konditionen weiterreicht. Einzige Bedingung: Die Internetshops sind gezwungen, ihre Artikel über den Amazon-Marktplatz zu verkaufen.

Im Kampf gegen leere Regale ist der deutsche Discounter Lidl gleich selbst ins Schifffahrtsgeschäft eingestiegen. Den Analysten des Branchendienstes Alphaliner zufolge will Lidl den Betrieb seiner neuen Frachterlinie Tailwind Shipping im Laufe des Jahres mit zunächst vier Containerschiffen aufnehmen.

Relaxdays-Chef Menz will die Abhängigkeit seines Unternehmens von Zulieferern aus Asien in den kommenden Monaten reduzieren. „Wir arbeiten schon seit einiger Zeit mit europäischen Partnern zusammen und schauen, wie wir das ausweiten können“, sagt er. Er geht davon aus, dass sich die Lieferengpässe in China mit dem Abflauen der Pandemie im Sommer verringern werden. Wie sich der Absatz entwickelt, hängt seiner Einschätzung nach vor allem davon ab, ob der Krieg in der Ukraine weiter eskaliert. „Wir merken, dass die Kunden verunsichert sind und dann wird auch weniger konsumiert“, so Menz. Sollte sich die politische Lage entspannen, würde sich auch das wirtschaftliche Umfeld sehr schnell verbessern, ist Menz überzeugt.