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„Ein positives Selbstbild kann wahnsinniges Potenzial freisetzen“

Die Mathematikerin Laura Tönnies hat mit 23 ein erfolgreiches Unternehmen gegründet, das Baumaschinen überwacht. Was sie antreibt und motiviert.

Die junge Frau gilt als „Bagger-Flüsterin“: Mit ihrem Start-up Corrux hat Laura Tönnies ein Überwachungstool für Baumaschinen entwickelt. Die 25-jährige Firmenchefin will damit verhindern, dass Bauprojekte länger dauern als geplant. Kern ihres Unternehmens ist eine Software, die schwere Baumaschinen überwacht und verrät, ob sie einsatzbereit sind und wann sie kaputtgehen könnten.

Tönnies stammt aus einer Familie von Bauunternehmern. Ihre Eltern haben auf der ganzen Welt gearbeitet, sie ist in Deutschland, Spanien, Thailand, Australien, Italien, Kanada und den USA in New York aufgewachsen. In München hat sie Mathematik und Philosophie studiert, im Nebenjob hat sie als Analystin die Trends in der Gründerszene verfolgt, bevor sie selbst im Alter von 23 Jahren gründete.

Im Februar 2019 hat sie zusammen mit ihrem CTO Ryan Henderson und sieben Mitarbeitern die erste Finanzierungsrunde abgeschlossen und gleich drei Millionen Dollar eingesammelt. Das beflügelt die Jungunternehmerin, denn das Geld hilft dabei, die Position von Corrux in Europa und in den USA weiter auszubauen.

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Im Gespräch gibt Laura Tönnies Einblicke in ihren Gründeralltag, ihre Gefühlswelt und ihre Ambitionen und erzählt, wieso sie auch mal mit ihren Mitarbeitern wandern geht.

Frau Tönnies, wissen Sie noch, was Sie werden wollten, als Sie klein waren?
Stadtplanerin! Ich war und bin fasziniert davon, mit welcher Weitsicht Verkehrswege und öffentliche Räume in Städten und Gemeinden angelegt werden. Unsere Städtebauer sind für mich wahre Visionäre. Sie bringen kollektive Bedürfnisse mit moderner Ästhetik und Funktion in Einklang und müssen vorhersehen, wie sich gesellschaftliche Bedürfnisse über die Jahre ändern. Vor allem hat das Thema Nachhaltigkeit gerade eine wahnsinnig große Relevanz. Probleme, die heute noch gar nicht vorhanden sind, müssen theoretisch bedacht und entsprechend berücksichtigt werden.

Welche Hobbys hatten Sie in Ihrer Jugend? Worin waren Sie richtig gut?
Ich habe sehr gerne fotografiert und mag bis heute Kunst sehr. Wir sind in meiner Jugend extrem viel umgezogen. In Spanien war Skateboarding cool, in Thailand verbrachte ich viel Freizeit mit sozialer Arbeit, in Australien war es eine kunterbunte Mischung aus Rugby, Netball, Kajakfahren und dem Auskundschaften des lokalen Outbacks. Allerdings muss ich mir selbst leider bei dieser Lebensweise eingestehen, dass ich in keiner Disziplin deswegen richtig gut war.

Welche Hobbys haben Sie heute? Was begeistert Sie daran?
Ich wandere unheimlich gerne, besonders auf Bergen in den Voralpen mit guter Bewirtschaftung, ich laufe aber auch und fahre Rennrad. Meditieren und Kunst genießen und zu verstehen würde ich auch als Hobbys aufzählen. Obwohl sie auch als unterstützende Maßnahmen zum Gründerwahnsinn zu betrachten sind, denn beides gibt mir Raum, um den Alltag zu reflektieren und Neues zu erfahren.

Was tun Sie für Ihre Gesundheit?
Ich lebe bewusst und genieße ohne Reue. Das bedeutet aber nicht, dass ich ungesund lebe – ganz im Gegenteil. Ich verzichte, wo es geht, auf Konservierungsstoffe, Milchprodukte und Weizen, esse aber auch mal ein gutes Stück Kuchen oder trinke ein Glas Wein, wenn mir danach ist. Das ist eine Lebensweise, die ich mir durch sehr nahestehende Menschen angeeignet habe. Ich habe genug Leute gesundheitlich stark leiden sehen, die stets ihre Leidenschaft für Genuss beibehalten haben. Selektiver, qualitativ hochwertiger Genuss, gepaart mit Sport und Achtsamkeit, das sind meine Schlüssel zu einer ausgeglichenen Gesundheit.

Gibt es etwas in Ihrem Leben, das Sie aus Angst gemieden haben, und es nun bereuen?
Trotz langer Überlegung: Mir fällt nichts ein, das ich gemieden habe!

Wer ist Ihr persönliches Rolemodel und warum?
Meine Mutter. Sie hat uns als illustre Familie ganz gut im Griff und nebenbei ist sie meist auch der schlauste Bauleiter im Raum.

Haben Sie ein persönliches Motto, das Sie antreibt und motiviert?
Eine Symbiose aus ACDCs „It’s a long way to the top if you wanna rock n“ roll“ und Michelle Obamas „When they go low, we go high”“-Weisheit!

Was würden Ihre alten Kollegen oder Ihr alter Chef sagen auf die Frage...
... was Sie auszeichnet?
Anpassungsfähigkeit und Durchsetzungsstärke elegant unter einen Hut zu bringen.

... was Sie besser können als alle anderen im Team?
„Die Frage würde Laura von der Formulierung nicht passen, da sie sich nicht als überlegen einstuft.“

... was Ihnen schwer fällt?
Aufgeben.

Beschreiben Sie eine Arbeitssituation, in der Sie komplett im Flow und erfüllt sind? Was gibt Ihnen Energie im Arbeitsleben?
Den schönsten Flow empfinde ich in sehr ruhigen Momenten. Entweder recht früh am morgen zwischen fünf und acht Uhr oder abends sehr spät und in aufgeräumten Umgebungen. Die Einhaltung von Struktur gibt mir dabei sehr viel Energie. Ich mag es nicht, wenn Meetings überzogen werden und der Alltag wie auch die jeweilige Umgebung chaotisch ist.

Was frustriert Sie und ist Ihr persönlicher Produktivitätskiller?
Verspätungen. Leider muss ich gestehen, dass ich selbst nicht immer pünktlich bin. Darin liegt auch ein wahrer Produktivitätskiller: Ich ärgere mich dann furchtbar über mich selbst. Für mich hat dies mit Wertschätzung und Höflichkeit gegenüber der Zeit anderer Menschen zu tun.

Wenn ich mich bei Ihren Freunden erkundigen würde: Für welche alternativen Karriereoptionen wären Sie geeignet?
Apothekerin oder Krankenschwester. Meine Freunde wissen, dass ich recht fürsorglich bin und aufblühe, wenn ich irgendetwas organisieren kann.

Welches Tool ist bei der Arbeit für Sie unverzichtbar und welche Apps haben Sie im täglichen Einsatz?
Unverzichtbar sind für mich Stift und Papier. Ich mag gute Haptik und kann mich einfacher erinnern, wenn etwas niedergeschrieben ist. Die App Todoist, mit einer großen Anzahl an Routineaufgaben, habe ich täglich im Einsatz. Und Spotify: Wir arbeiten im Großraumbüro und ich arbeite recht gut zu Metallica (lacht).

Inspirierende Newsletter, Podcasts oder Webseiten?
Das Morning Briefing von Gabor Steingart, der Kunst-Podcast „In Other Words“ und der „a16z“ Newsletter, auch wenn er unregelmäßig erscheint.

Was macht Sie stolz?
Ehrliche Anerkennung von meinen Eltern, Mentoren und KollegInnen und tolle Leistungen von mir Nahestehenden.

Was waren Ihre wichtigsten drei (Arbeits-)Ergebnisse der letzten drei Jahre?
Die Solo-Gründung von Corrux in der Bauindustrie mit 23 Jahren, der Erfolg, hervorragende Talente für unsere Mission zu gewinnen, und die Akquise von sehr inspirierenden Kunden.

Auf welche Fehlentscheidung hätten Sie rückblickend gerne verzichtet?
Wir alle kennen Momente, in denen wir, kurz nachdem etwas geschehen ist, die Zeit am liebsten zurückdrehen wollen. Ich könnte jetzt Energie darauf verwenden, mich an solche Momente, die Scham oder Bedauern zugefügt haben, zurückzuerinnern, aber das empfinde ich als wenig sinnvoll. Wobei ich auch kein Freund davon bin, Fehlentscheidungen einfach abzutun. Ich sehe das so: Machen, reflektieren und die richtigen Rückschlüsse ziehen, wenn etwas nicht 100 Prozent reibungslos war.

Bitte ergänzen Sie den Satz: Ich unterstütze meine Mitarbeiter (Nachwuchskräfte, KollegenInnen) in schwierigen Situationen, indem…
Ich für sie da bin. Auch nach der Arbeitszeit. Ein ausgiebiger Spaziergang oder eine Wanderung, ein kurzweiliges Abendessen und Zuhören kann viele Situationen unterstützen.

Angenommen ein Kollege oder eine Mitarbeiterin denkt oft: „Ich verdiene den Erfolg gar nicht“, „Ich bin gar nicht gut genug“, „Das schaffe ich nie“, „Andere sind um Welten besser als ich…“ – Was raten Sie?
Negative Emotionen und solche Wertungen wirken wie ein Katalysator, mit negativen Gedanken schränken wir uns nur ein. Dagegen kann ein positives Selbstbild wahnsinniges Potenzial freisetzen. Ich rate dazu, weniger zu urteilen!

Sie merken, dass Sie unglücklich sind in Ihrem Job. Was tun sie?
Das Schöne am Unternehmertum ist ja, dass man das Heft des Handelns selber in der Hand hält. Wenn ich unglücklich bin in meiner Rolle oder wenn mir etwas an der Firma nicht gefällt, dann liegt es an mir, das zu ändern. Ich bin also in der glücklichen Lage, Herrin über mein berufliches Glück zu sein und Dinge, die mir nicht gefallen, direkt zu verändern.

Ein Satz, den eine gute Führungskraft niemals sagen würde?

„Ich benötige kein Feedback“ oder „Tja, das musst Du jetzt ausbaden“.

Anderen Chefs würde ich gerne sagen, …?
Dass es nicht weh tut, sich Fehler einzugestehen und auch für Negatives verantwortlich einzustehen. Damit werden auch vertrauensvolle Arbeitsweisen erschaffen, in denen Risiken anders oder gar besser eingegangen werden.

Her mit dem Geld: Ihr Ratschlag an andere Frauen für Gehaltsverhandlungen?
Eine klare, faktenbasierte Gesprächsführung, die frei von Emotionen ist. Innerhalb der Verhandlung sollte eine Zusammenfassung der Vereinbarung nicht fehlen und danach sollte man selber proaktiv die nächsten Schritte, zum Beispiel eine schriftliche Bestätigung, angehen.

Verbündete und Mentoren finde ich, indem...
… ich sehr klar meine Fragestellung formuliere und dann mit großem Interesse weiter am Ball bleibe. Man sollte wertschätzend mit der Zeit anderer umgehen. Wichtig auch: sich etwas trauen! Auch Kaltansprachen können der Anfang zu langfristigen Mentorenbeziehungen sein.

Der größte Benefit, den Sie bisher aus einem Ihrer Netzwerke gezogen haben?
Die Gründung und ersten Erfolge von Corrux basieren auf der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Mentoren aus meinem Netzwerk.

In den nächsten drei Jahren: Was wollen Sie lernen, was Sie heute noch nicht können?
Die Liste erweitert sich ständig. Unter anderem: die notwendigen Führungskompetenzen für die Skalierung eines Unternehmens, Skifahren und das schwindelfreie Passieren von Klettersteigen.

Wie schalten Sie abends ab, und wann gehen Sie ins Bett?
Dreierlei: bei gutem Essen und Wein, durch das Joggen oder Radfahren entlang der Isar und bei einem guten Buch. Zu Bett gehe ich zu extrem unterschiedlichen Zeiten, ich übe mich aber darin, morgens immer gleich früh aufzustehen – unabhängig davon, wie kurz oder lang die Nacht war.

Frau Tönnies, vielen Dank für das Interview.