Werbung
Deutsche Märkte schließen in 2 Stunden 55 Minuten
  • DAX

    17.741,92
    -95,48 (-0,54%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.922,86
    -13,71 (-0,28%)
     
  • Dow Jones 30

    37.775,38
    +22,07 (+0,06%)
     
  • Gold

    2.394,90
    -3,10 (-0,13%)
     
  • EUR/USD

    1,0671
    +0,0025 (+0,23%)
     
  • Bitcoin EUR

    61.186,30
    +3.173,18 (+5,47%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.341,96
    +29,33 (+2,29%)
     
  • Öl (Brent)

    82,13
    -0,60 (-0,73%)
     
  • MDAX

    25.945,86
    -243,58 (-0,93%)
     
  • TecDAX

    3.197,86
    -12,98 (-0,40%)
     
  • SDAX

    13.887,06
    -145,31 (-1,04%)
     
  • Nikkei 225

    37.068,35
    -1.011,35 (-2,66%)
     
  • FTSE 100

    7.836,43
    -40,62 (-0,52%)
     
  • CAC 40

    8.013,36
    -9,90 (-0,12%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.601,50
    -81,87 (-0,52%)
     

Warum Portugal die Weltmacht China elektrisiert

Es ist ein Übernahmeangebot, das in den meisten westlichen Ländern auf Widerstand stoßen würde: Das chinesische Staatsunternehmen China Three Gorges (CTG) will den größten portugiesischen Konzern übernehmen – den Energieanbieter Energías de Portugal (EDP).

Meist stoßen geplante Übernahmen von Ausländern in strategisch wichtigen Branchen wie dem Energiesektor ohnehin schon auf politische Gegenwehr. Handelt es sich dabei auch noch um Chinesen, wandeln sich die Bedenken der Regierungszentralen regelmäßig in blankes Entsetzen.

In Portugal ist das anders. Ohne Umschweife begrüßte Premier António Costa die Offerte aus dem Reich der Mitte. China Three Gorges sei seit vielen Jahren Referenzaktionär von EDP. „Wir haben keine Einwände, die Dinge sind gut gelaufen“, sagte er, nachdem die Chinesen Mitte Mai ihr Übernahmeangebot auf den Tisch gelegt hatten.

CTG stieg mitten in der Finanzkrise 2011 bei EDP ein, als Portugal dringend Geld brauchte. Zuvor hatten die Chinesen den deutschen Interessenten Eon und die brasilianische Eletrobras ausgestochen.

WERBUNG

Heute ist China Three Gorges mit 23,27 Prozent größter Einzelaktionär, weitere fünf Prozent hält der chinesische Staat über die China Ningbo International Corporation (CNIC).

Der Deal hat trotzdem einen Haken: EDP-Chef António Mexia hält den gebotenen Preis für zu niedrig und startete Ende Juni eine Roadshow in Peking, London und New York. Er wollte Investoren überzeugen, dass der Konzern mehr wert sei und forderte von den Chinesen weitere Details zu dem geplanten Deal.

Chinesen versprechen den Erhalt von Arbeitsplätzen

Doch es geht eben nicht nur um Geld. Die Chinesen, so ihr Versprechen, wollen EDP als eigenständiges portugiesisches Unternehmen erhalten. Damit drohen anders als bei einer Übernahme durch einen europäischen Wettbewerber keine Jobkürzungen und Zusammenlegungen, um Synergien zu erzielen.

Das wiederum kommt der portugiesischen Regierung entgegen. „Diese Entscheidung ist so oder so nicht Sache der Regierung“, sagte am Dienstag der portugiesische Staatssekretär für Energie, Jorge Seguro Sanches. Was die Regierung aber interessiere, sei, ob EDP weiterhin ein portugiesisches Unternehmen „mit Sitz in Portugal“ bleibe.

China Three Gorges plant zudem, eigene Strategien und Ideen einzubringen, um die Kosten zu senken und das Kreditprofil der Portugiesen zu verbessern. Und der Konzern will in Cash bezahlen.

Die Offerte ist ein Lehrstück dafür, wie die aufstrebende Weltmacht China versucht, ihren wirtschaftlichen Einfluss rund um den Globus auszuweiten. Portugal ist für das Land ein Einfallstor in Europa: Das chinesische Konglomerat Fosun International besitzt 27 Prozent an der größten portugiesischen Bank Millenium BCP und kontrolliert den größten Versicherer des Landes, Fidelidade, sowie den größten Betreiber von privaten Krankenhäusern, Luz Saude.

In Portugal selbst sieht man Chinas Offensive durchaus pragmatisch. „Wenn ich ein Unternehmen verkaufe, erhält der Käufer doch immer das Wissen über die Technologie“, sagt Filipe García, Chef der Beratung Informação de Mercados Financeiros in Porto. „Natürlich wäre es Portugals Regierung lieber, selbst die Champions in jeder Branche zu stellen. Aber dafür haben wir anders als die USA weder die nötige Größe noch das Kapital.“

China sucht sich deshalb gezielt die Märkte aus, wo der politische Widerstand gering ist. „Wenn es in Portugal klappt, gehen sie als Nächstes nach Griechenland“, sagt Tim Buckley vom Institute for Energy Economics and Financial Analysis. „China verfolgt eine langfristige und vorsichtige Strategie.“ Griechenland hat 2016 etwa den Hafen von Piräus an eine chinesische Reederei verkauft.

Die USA reagieren dagegen empfindlich auf Übernahmeversuche ihrer Tech-Konzerne durch ausländische Investoren, vor allem von Chinesen. Zudem verkeilen sich China und die USA gerade in einem Handelskrieg.

Und just die USA sind der größte Stolperstein im EDP-Deal. Der Grund: EDP hat eine Tochter für erneuerbare Energien, EDP Renováveis, die zahlreiche Windfarmen in den USA besitzt. Der Deal bräuchte deshalb auch die Zustimmung aus Washington.

EDP Renováveis ist vor allem im Bereich Windenergie aktiv und nach eigenen Angaben der viertgrößte Windkraftproduzent weltweit. „Die USA werden keinen chinesischen Anbieter bei sich dulden, deshalb müsste CTG seine Aktiva in den Vereinigten Staaten verkaufen“, sagt Angel Pérez, Analyst beim spanischen Broker Renta 4.

Erneuerbare Energien als Wachstumsturbo

EDP Renováveis gilt als Filetstück des Konzerns, weil erneuerbare Energien großes Wachstumspotenzial bieten. Die Tochter ist in zwölf Märkten weltweit aktiv – neben den USA in Brasilien, Mexiko, Kanada und Europa.

Gerade das Geschäft in den Vereinigten Staaten, einem der größten Windmärkte weltweit, gilt als extrem attraktiv. Die Nachrichtenagentur Reuters schreibt, die Chinesen hätten schon bei mehreren europäischen Energieversorgern vorgefühlt, ob sie Interesse am US-Geschäft von EDP Renováveis hätten.

EDP hält 83 Prozent an der Tochter, die ebenfalls an der Börse gelistet ist. CTG besitzt 23,27 Prozent an EDP und hat für die restlichen Anteile 9,1 Milliarden Euro geboten. Das entspricht 3,26 Euro je Aktie und liegt 4,8 Prozent über dem Schlusskurs am Tag vor dem Angebot.

EDP-Chef António Mexia hat die Offerte zwar nicht komplett abgewiesen, aber den Preis als zu niedrig kritisiert. Die EDP-Aktie liegt aktuell bei 3,50 Euro. Das zeigt, dass auch Investoren ein höheres Angebot erwarten.

„Mit Blick auf die Bewertung scheint uns das Angebot nicht sonderlich attraktiv“, schreibt Analyst Rodger Rinke von der Landesbank Baden-Württemberg. Die Bewertung entspreche dem 7,51-Fachen des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) und damit etwa dem Schnitt der Branche.

CTG ist nicht der einzige Interessent für EDP. Im vergangenen Jahr kursierten bereits Gerüchte, die spanische Gas Natural wolle die Portugiesen übernehmen – das hat den Aktienkurs bereits massiv angetrieben.

„EDP wäre vor allem wegen der Windparks von EDP Renováveis in den USA und Europa eine gute Ergänzung für viele europäische Wettbewerber“, sagt Analyst Pérez. Denkbar ist, dass die Chinesen solchen Angeboten zuvorkommen wollten und sich zu einer eigenen Offerte entschlossen haben.

Sollten sie tatsächlich zum Zug kommen, würde aus dem einstigen portugiesischen Staatsunternehmen EDP nach der Privatisierung erneut ein Staatsunternehmen werden – dieses Mal ein chinesisches.

Damit würde die bisherige Wirtschaftspolitik Portugals auf den Kopf gestellt: Lissabon hat in den 1990er-Jahren begonnen, seine Staatsunternehmen zu privatisieren. Grund dafür war nicht nur das Ziel, die Staatskasse aufzufüllen, sondern auch, die Wirtschaft von staatlichem Einfluss zu befreien und die Effizienz der Unternehmen zu erhöhen.

Analyst García hält eine mögliche Rolle rückwärts für problematisch. „Staatliche Unternehmen können neben der Gewinnmaximierung weitere Ziele verfolgen, die weniger transparent sind“, sagt er.