Nun droht Glyphosat auch in Deutschland das Aus
Wenn in etwa sechs Wochen die Integration von Monsanto in den Bayer-Konzern beginnt, können sich die Leverkusener über einen neuen Titel freuen: Sie werden weltgrößter Hersteller des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat. Monsanto setzt mit dem Mittel unter dem Produktnamen Roundup mehr als drei Milliarden Dollar jährlich um. Meist kaufen es die Bauern in Verbindung mit Saatgut, das durch eine gentechnische Veränderung resistent gegen Glyphosat ist.
Auch in Deutschland setzen die Bauern massenhaft Glyphosat ein, rund 5000 Tonnen jährlich gelangen auf die Felder. Das Mittel ist billig und hochwirksam – ideal also für die Landwirte, um ihre Felder von Unkraut zu befreien und so die Ernte zu sichern.
Doch nun droht Glyphosat in Deutschland das Aus: Die Große Koalition hat in ihrem Vertrag festgelegt, den Einsatz des Herbizids so schnell wie möglich zu beenden.
Sie reagiert damit auf die hitzige Debatte um die Sicherheit des Mittels. Es steht in Verdacht, krebserregend zu sein. Zudem wird der massenhafte Einsatz für den Verlust der Artenvielfalt verantwortlich gemacht.
Eine genaue Frist für den Totalausstieg aber hat die Regierung nicht festgelegt – und die wird es vorerst auch nicht geben. Mit einem Totalverbot würde Deutschland wohl gegen europäisches Recht verstoßen, denn die EU-Kommission hat Glyphosat im November 2017 eine erneute Zulassung über fünf Jahre ausgestellt. Die Hersteller des Herbizids würden auf Schadensersatz klagen. Deutschland hatte bei dieser Abstimmung mit seinem positiven Votum für die nötige Ländermehrheit gesorgt.
Allerdings dürfen die nationalen Regierungen den Einsatz des Unkrautvernichters nach ihren Vorstellungen einschränken. Die SPD mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze will in dieser Frage deutlich weiter gehen als die Union. Bei Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) stehen die Bauern auf der Matte: Ein sofortiges Aus für Glyphosat wäre aus ihrer Sicht nicht machbar, da eine wirksame Alternative fehlt – sie fürchten um ihre Ernte.
Bayer rechnet nicht mit dem Totalverbot
Die Agrochemiefirmen verstärken ihre Lobby und pochen auf die Unbedenklichkeit, die Glyphosat von zahlreichen Behörden in aller Welt bescheinigt wurde. Müssten die Bauern auf Glyphosat verzichten, würden sie einen Cocktail aus anderen Unkrautvernichtern einsetzen, dessen Folgen wissenschaftlich weniger gut analysiert seien, heißt es.
In dieser Gemengelage hat Klöckner einen ersten Kompromissvorschlag präsentiert. Danach soll die Anwendung von Glyphosat in privaten Gärten, öffentlichen Grünanlagen wie Parks und Sportplätzen, am Wasser und in Naturschutzgebieten verboten werden. In Privatgärten dürften nur noch Profis mit Sachkundenachweis glyphosathaltige Mittel anwenden – wenn es nachweislich notwendig sei.
In der Landwirtschaft soll der Einsatz künftig nur noch erlaubt sein, wenn es erkennbare Rückzugsräume etwa für Vögel gibt oder wenn beispielsweise erosionsgefährdete Böden nicht mechanisch behandelt werden können. Das ist beispielsweise im Weinbau der Fall: In Steillagen kann kein Pflug zur Beseitigung von Unkraut im Boden eingesetzt werden.
Bundesumweltministerin Schulze sieht die Vorlage als ersten Schritt, mit dem „der Glyphosat-Ausstieg endlich losgehen könne“. Ihr schwebt aber weiterhin der komplette Ausstieg in dieser Legislaturperiode vor.
Bayer geht davon aus, dass es nicht zu einem Totalverbot in Deutschland kommt. Ein solches Verbot wäre für die Leverkusener wirtschaftlich aber verkraftbar, denn Monsanto verkauft das Mittel zu 90 Prozent in den USA und Südamerika.