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Jetzt platzt die Kreditbombe

Die deutschen Banken konnten sich in der Coronakrise bisher als Retter inszenieren. Nun zeigt die Commerzbank, warum die Geldhäuser zum Problemfall werden – und wieso Profit kein Selbstzweck ist.

Die Commerzbank zeigt, warum deutsche Banken zum Problem der Coronakrise werden. Foto: dpa
Die Commerzbank zeigt, warum deutsche Banken zum Problem der Coronakrise werden. Foto: dpa

Normalerweise sollen Journalisten in ihren Texten keine Phrase verwenden und sich stattdessen eigene Formulierungen ausdenken. Aber manchmal gibt es Momente, in denen abgenutzte Sprachbilder doch gut passen, um die Lage der Dinge zu beschreiben – und das trifft auf den heutigen Tag zu. Es lässt sich sagen: Das Jahr 2020 war die Ruhe vor dem Sturm, jedenfalls für die deutschen Banken.

Durch das Corona-Jahr 2020 sind die hiesigen Geldhäuser gut durchgekommen, obwohl es vielen Unternehmen so schlecht wie selten ging. Die Institute inszenierten sich voller Wonne sogar als große Retter, weil sie, so die Selbstdarstellung, ihren Kunden in der Not treu blieben und sie weiter mit Krediten versorgten. Jetzt zeigt die Commerzbank als zweitgrößte Privatbank des Landes: Der Sturm war am Horizont längst aufgezogen – und jetzt ist er plötzlich da.

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Die Commerzbank erklärte an diesem Freitag in einer Sofort-Mitteilung für die Börsen, dass sie für das abgelaufene Geschäftsjahr nicht nur Firmenwerte von 1,5 Milliarden Euro abschreiben muss. Viel entscheidender ist, dass sie mindestens 1,7 Milliarden Euro neu für Problemkredite zurücklegen muss. Damit reagiere die Bank, wie sie schreibt, auf „Corona-bedingte Sachverhalte“, zudem „antizipiert sie“ mit der höheren Vorsorge „auch die derzeit erwarteten Auswirkungen des zweiten Lockdowns.“

Der Schritt war einerseits erwartet worden. Die Commerzbank hat nach einem Jahr voller Personalquerelen mit Manfred Knof seit Januar einen neuen Vorstandschef. Da gehört es stets zum üblichen Vorgehen, bei Dienstbeginn mit den Altlasten des Vorgängers aufzuräumen – damit sie die eigene Arbeit nicht belasten. Insofern ist verständlich, dass die Bank Firmenwerte abschreibt. Andererseits ist überraschend, dass die Bank noch mal mehr Geld für Problemkredite zurücklegen muss.

Bislang hatte die Commerzbank nur geplant, mit 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro vorzusorgen. Die zusätzlichen 200 bis 400 Millionen Euro zeigen deshalb noch mal, wie angespannt die Lage in Wahrheit ist. Allein: Die Commerzbank dürfte kein Einzelfall bleiben.

Bereits Ende des vergangenen Jahres erzählte mancher Firmenkundenvorstand einer Bank, er werde sich 2021 mit zehn Prozent der Unternehmen intensiv beschäftigen müssen, an die sein Haus Geld verliehen hatte. Wohlgemerkt: Es sprach ein Manager eines solide aufgestellten Hauses. Bislang haben unter anderem die staatlichen Stützungsprogramme verhindert, dass etliche Unternehmen insolvent gehen, Kredite ausfallen – und ein Institut womöglich kippt.

Die Politik hat eine Bankenkrise so aber nur verschoben. Die Hilfen laufen nicht ewig weiter – und bei weiter ausbleibenden Einnahmen wie in der Gastronomie oder dem Handel helfen bald auch keine Kredite mehr, die zudem irgendwann zurückgezahlt werden müssen. Das trifft Institute wie die Commerzbank besonders, die stark bei kleinen und mittleren Unternehmen engagiert ist. Deshalb droht zusätzlich auch vielen Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken Ärger – in besonderem Maße.

Diese Geldhäuser sind oftmals nur in ihrer Region aktiv, aber was ist, wenn wie im Süden oder Norden der Republik die lokale Wirtschaft am Tourismus klebt? Wenn da viele Automobilzulieferer residieren, die ohnehin unter dem Strukturwandel ihrer Branche leiden? Für solche Institute gibt es kein Entrinnen. Allein diese Tatsache ist schon dramatisch genug – und zeigt in Wahrheit doch nicht die ganze Tragödie.

Die deutschen Banken sind in denkbar schlechter Verfassung in die vermutlich größte Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg gegangen: Die Kosten sind vielerorts zu hoch, die Niedrigzinsen lassen gleichzeitig die Einnahmen erodieren, die Gewinne sind deshalb oftmals mickrig. Und so stecken die beiden Großinstitute Deutsche und Commerzbank seit Jahren in beinahe aussichtslosen Dauersanierungen – und Meldungen über eine steigende Vorsorge wegen Problemkrediten bei anderen Häusern dürften sich bald häufen.

Die Probleme der hiesigen Institute sind seit Jahren bekannt, richtig angegangen worden sind sie nie. Die Coronakrise zeigt deshalb eindrucksvoll, dass maßvoll und nicht maßlos profitable Unternehmen nie nur ein Selbstzweck sind. Wer gut verdient – Gastronomen und Einzelhändler mal ausgenommen, die selbst als gut geführte Unternehmen momentan an ihre Grenzen kommen – kann Krisen wie diese besser überstehen und muss nicht wie etliche Banken um die Existenz fürchten. Manchmal können sich auch zu niedrige Profite rächen.

2020 war ein Jahr, in dem es völlig zu Recht oft um die Nöte und Sorgen der Einzelhändler und der Gastronomen ging. 2021 könnte ein Bankenjahr werden.

Mehr zum Thema: Die interne Unruhe bei der Commerzbank eskaliert: Vertrauliche Papiere zeigen, wie Aufsichtsratschef Hans-Jörg Vetter mithilfe von BCG-Beratern durchgreift – im Sinne des staatlichen Großaktionärs.