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Wie der Pionier Ebay wieder zu Amazon aufschließen will

20 Jahre nach dem Start in Deutschland ist Ebay in der Defensive: Die Internet-Ikone muss sich neu erfinden, um gegen Amazon nicht endgültig zu verlieren.

Auf dem Campus der Deutschlandzentrale von Ebay in Dreilinden gibt es einen „Walk of Stars“, fast wie in Hollywood. Die Sterne, die dort im Südwesten von Berlin in den Boden einbetoniert sind, künden von Zuversicht, von Aufbruchsstimmung. Händler, die auf der Plattform mindestens 100.000 Bewertungen von Kunden eingesammelt hatten, durften sich dort in den Anfangszeiten des Onlinemarktplatzes verewigen.

Heute, 20 Jahre nach dem Start von Ebay in Deutschland, herrscht in Dreilinden wieder Aufbruchsstimmung. Doch die Vorzeichen sind ganz andere. War Ebay damals der gefeierte Pionier des E-Commerce, der den Handel in Deutschland das Fürchten lehren wollte, muss der Marktplatz jetzt darum kämpfen, den Anschluss nicht zu verlieren. Amazon beherrscht den Handel – und Ebay ist nur noch Verfolger.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Rund 46 Prozent des gesamten deutschen Onlinehandels werden mittlerweile über die Plattform von Amazon abgewickelt, hat eine Studie des Handelsforschungsinstituts IFH ergeben. „Wir sehen eine Amazonisierung des Konsums: Ein immer größerer Teil des Kaufprozesses läuft direkt über die Amazon-Plattform, selbst die Produkt- und Preisrecherche startet oft schon bei Amazon“, beobachtet Eva Stüber, Studienautorin und Mitglied der Geschäftsleitung beim IFH.

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Genaue Umsätze für Deutschland geben beide Unternehmen nicht preis. Aber ein Blick auf die globalen Zahlen zeigt die Hackordnung: Während Amazon weltweit ein Handelsvolumen von 277 Milliarden US-Dollar abwickelt, kommt Ebay gerade mal auf 90 Milliarden Dollar.

Ebay-Deutschlandchef Eben Sermon lässt sich davon nicht beirren. „Die Umsätze von Ebay Inc. in Deutschland sind im vergangenen Jahr um acht Prozent gestiegen“, erklärt er im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Am Umsatz gemessen ist Deutschland der zweitgrößte Markt für Ebay nach den USA.“

Eine Studie der Strategieberatung OC & C habe gezeigt, dass die Deutschen durchschnittlich etwa 42 Prozent ihrer Onlineshopping-Zeit bei Ebay und Ebay Kleinanzeigen verbrächten. „Das ist mehr als bei Amazon, Wish oder anderen Onlineplattformen“, bemerkt er selbstbewusst.

Ebay muss sich ständig neu erfinden

Seit Sermon vor zwei Jahren den Chefposten in Deutschland übernommen hat, ist ein Ruck durch die Mannschaft gegangen, sagen Insider. Er treibe das Team nicht nur an, er schaffe es auch, für die Belange des deutschen Marktes im Gesamtkonzern deutlicher als zuvor Gehör zu bekommen. Das ist kein Wunder, ist er doch persönlich befreundet mit Ebay-Chef Devin Wenig.

Außerdem hat er sich auf zahlreichen Positionen im Konzern Reputation erarbeitet. Im Februar dieses Jahres hat ihm Wenig zusätzlich die Verantwortung für das Europageschäft mit Ausnahme von Großbritannien übertragen. Und Sermon hat ehrgeizige Ziele.

„Ich möchte, dass wir hier in Deutschland zu einem der globalen Innovationsführer innerhalb von Ebay werden“, sagt er. In Deutschland würden viele neue Services entwickelt, von denen einige dann auch in anderen Ländern eingeführt werden. „Ebay musste und muss sich ständig neu erfinden, weil der Wettbewerb gerade in Deutschland so intensiv ist.“

Auch Fachleute sehen Handlungsbedarf. „Ebay hat noch alle Chancen, aber sie müssen jetzt handeln“, mahnt Mathias Gehrckens, E-Commerce-Experte und Geschäftsführer der Dgroup aus dem Accenture-Netzwerk. „Wenn sich das Unternehmen nicht verändert, ist es ein Sterben auf Raten. So wie sie jetzt aufgestellt sind, haben sie langfristig keine Zukunft“, prognostiziert Gehrckens.

Ebay-Chef Wenig hat gerade erst in seinem jährlichen Brief an die Aktionäre 2018 als „Jahr des Übergangs“ bezeichnet. Und wie es aussieht, gehen die Veränderungen weiter. So haben einflussreiche Aktionäre gefordert, den Unternehmensteil Ebay Classifieds Group abzuspalten. Das würde das deutsche Geschäft hart treffen, gehört dazu doch auch das wichtige Angebot Ebay Kleinanzeigen.

„Es ist ohne Zweifel eine sehr wichtige Entscheidung, gerade für Deutschland, weil wir sehr hohe Synergien zwischen beiden Unternehmensteilen haben“, gibt Sermon zu bedenken und ergänzt: „Ich habe volles Vertrauen, dass der Aufsichtsrat hier die beste Entscheidung für das Unternehmen treffen wird.“

Im deutschen Markt baut Ebay ohnehin zurzeit überall um. Der Startschuss für die jüngste Innovationsoffensive fiel bereits 2015. Da tüftelte das Team in Dreilinden Ebay Plus aus – als Antwort auf das erfolgreiche Abonnentenprogramm Prime des Konkurrenten Amazon. Für 19,90 Euro im Jahr bekommen Ebay-Plus-Mitglieder nicht nur kostenlosen und besonders schnellen Versand und kostenlosen Rückversand, sondern auch Zugang zu exklusiven Angeboten.

Doch in der Folge zeigte sich ein neues Problem: Viele gerade kleinere Händler waren nicht in der Lage, die notwendigen Standards zu erfüllen, um sich für Ebay Plus zu qualifizieren. „Wenn der Standard zunehmend die Lieferung am nächsten Tag ist, ist es für viele extrem schwer bis unmöglich, eine solche Liefergeschwindigkeit aus eigener Kraft zu realisieren“, sagt Sermon.

Deshalb hat sein Team nun „Fulfillment by Ebay“ entwickelt. Das Unternehmen übernimmt für Händler gegen Gebühr die komplette Verkaufsabwicklung inklusive Versand zum Kunden – ein Dienst, den Amazon schon länger anbietet. Doch im Gegensatz zum Konkurrenten betreibt Ebay keine eigenen Lager und keine eigene Logistik, sondern hat dies an die Spedition Fiege ausgegliedert.

Handlungsbedarf bei Neukunden

„Die Verkäufer nehmen es sehr gut an, aber wir bauen es behutsam aus, um sicherzustellen, dass alles einwandfrei funktioniert“, sagt Sermon. Ziel sei ein „Managed Marketplace“, also eine Plattform, die trotz der über drei Millionen Verkäufer für den Kunden einheitliche Standards für einen großen Teil des Angebots sicherstellt. Und die ihren Händlern einen Komplettservice aus einer Hand bietet. Deshalb soll jetzt ebenfalls eine zentrale Zahlungsabwicklung auf der Plattform eingeführt werden.

Handlungsbedarf besteht auch bei der Gewinnung von Neukunden. Viele der Kunden sind in den vergangenen 20 Jahren mit Ebay alt geworden. Geblieben ist bei Konsumenten auch das Image als Auktionsplattform, geprägt von dem legendären Slogan „3,2,1 – meins“.

Dass mittlerweile fast 80 Prozent des Handels mit Neuware gemacht wird, ist nur wenigen klar. Junge Käufer zieht es eher zu Schnäppchen-Apps wie Wish, die Billigware aus China anbieten, aber mit einer coolen Benutzeroberfläche fürs Handy punkten.

„Wish hat in sehr kurzer Zeit enorme Fortschritte gemacht, besonders bei ganz jungen Kunden, die sehr preiswerte Waren möchten“, räumt Sermon anerkennend ein. „Wir haben uns gefragt, wie wir mit dem riesigen Ebay-Sortiment diese Kunden besser erreichen können.“ Die Antwort war Catch, eine App, die einen Ausschnitt aus dem Warenangebot in spielerischer Präsentation aufs Handy bringt. „Das Wachstum bei den jungen Kunden war unerwartet gut. Ich war positiv überrascht, wie flexibel wir sind, neue Kundengruppen anzusprechen“, so Sermon.

Ebay will Einkaufserlebnis schaffen

Berater Gehrckens glaubt, dass Ebay mit solchen Experimenten durchaus das Potenzial hat, neben dem großen Konkurrenten zu bestehen. „Amazon ist der funktionale Marktplatz, zu dem man geht, wenn man weiß, was man will“, erklärt er. „Ebay könnte mehr das Einkaufserlebnis in den Vordergrund stellen, um sich davon abzusetzen oder bestimmte Kategorien, in denen Amazon noch eine untergeordnete Relevanz hat.“

Genau das hat Ebay-Manager Sermon vor. „Wir wollen immer mehr die Kunden erreichen, die ein Einkaufserlebnis suchen“, sagt er. „Wir werden in den kommenden Jahren erleben, dass sich das Shoppingverhalten weiter fundamental verändern wird, neben der Eingabe von Suchworten wird inspirierendes Einkaufen über Bilder und Videos wichtiger werden.“ Deswegen habe Ebay beispielsweise die Produktsuche über Bilderkennung eingeführt.

Ein Pfund, mit dem Ebay wuchern kann, sind seine Händler. Diese schätzen es, dass die Plattform anders als Amazon nicht in direkte Konkurrenz zu ihnen tritt. Trotz mancher Probleme sind sie relativ loyal. Das hat gerade wieder eine Umfrage des Händlerbunds unter 1077 Onlinehändlern bestätigt. Im Vergleich mit Amazon, Hood, Real und Rakuten wählten sie Ebay zum besten Onlinemarktplatz in Deutschland.

Doch eins sollte Ebay zu denken geben. In allen Kategorien war die Plattform deutlich vor Amazon, nur in einer nicht: dem Umsatz. Und das ist es schließlich, was für die Händler unter dem Strich zählt.

Mehr: Die Forderung, die Vernichtung zurückgesandter Ware zu verbieten, stößt auf Widerspruch in der Wirtschaft. Nun springt ein Ebay-Topmanager der Politik bei.