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Pilzleder statt Känguru: Adidas will Öko-Schuhen zum Durchbruch verhelfen

Der Sportkonzern setzt immer häufiger nachhaltige Materialien ein – und bekommt dafür Lob von Tierschützern. Doch der Wandel ist zäh.

Der „Copa Mundial“ ist ein Klassiker: Weltstars wie Franz Beckenbauer und Jürgen Klinsmann standen mit ihm einst auf dem Platz. Seit 1979 führt Adidas den meistverkauften Fußballschuh aller Zeiten im Sortiment. Kaum ein Spieler hat sich je daran gestört, dass das legendäre Modell aus Känguruleder besteht.

Die junge Zielgruppe des Sportkonzerns aber schaut heute genau hin, wenn sie einkauft. Känguru kommt da nicht so gut an. Daher bietet der Dax-Konzern immer mehr nachhaltige Alternativen zu tierischen Materialien und natürlich zu Plastik an. Nächstes Jahr steht ein großer Schritt bevor: Ende 2021 will Adidas erstmals einen Schuh aus Pilzleder in die Läden bringen. Das kündigte der Sportkonzern kürzlich an.

Geht der Plan auf, wäre es ein Durchbruch für Europas größten Turnschuhhersteller. „Pflanzenbasierte Alternativen zu Leder gibt es schon lange“, so James Carnes, Strategiechef der Marke. „Aber die Hürden sind hoch: Sie müssen langlebig sein, umweltfreundlich, in großem Umfang verfügbar und natürlich genauso gute Eigenschaften aufweisen wie herkömmliche Materialien.“

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Umweltfreundliches Leder zu entwickeln ist selbst für einen Milliardenkonzern wie Adidas eine Herausforderung. Daher haben sich die Franken mit Partnern zusammengetan. Das Material selbst stammt vom US-Unternehmen Bolt Threads.

Unterstützt wird die Firma – neben Adidas – vom französischen Luxusgüterkonzern Kering, Eigentümer von Labels wie Gucci und Brioni, der Yoga-Marke Lululemon und der Modeunternehmerin Stella McCartney.

Der Lederersatz nennt sich „Mylo“ und stammt aus dem Wurzelgeflecht von Pilzen. „Weil sich hier gleich vier Wettbewerber zusammengeschlossen haben, wird die Entwicklung viel schneller als sonst vorangehen“, sagt Adidas-Strategiechef Carnes.

Damit nicht genug: Nach jahrelangen Tests bringt die Marke mit den drei Streifen bald einen vollständig wiederverwertbaren Turnschuh in die Läden. Carnes: „Im nächsten Frühjahr werden wir erstmals eine größere Stückzahl verkaufen.“

Wiederverwertbare Schuhe sind an sich nicht ungewöhnlich. Allerdings lassen sich mit dem daraus gewonnenen Material keine gleichwertigen Produkte herstellen. Das will Adidas nun ändern. Aus einem benutzten Modell soll nach dem Recycling ein genauso guter neuer Schuh entstehen.

Der Weg dahin war mühsam: Mehr als sieben Jahre hat Adidas an dem Projekt geforscht. Das Ergebnis: ein Schuh, der aus einem einzigen Material besteht, aus thermoplastischem Polyurethan. „Es ist extrem komplex, einen komplett wiederverwertbaren Schuh zu entwickeln. Die größten Schwierigkeiten macht dabei der Klebstoff“, erläutert Carnes. Die einzelnen Bestandteile werden bei dem neuen Modell jetzt ohne Klebstoff verbunden.

Immer mehr Kunden kaufen nachhaltige Mode

Adidas liegt mit seiner Nachhaltigkeitsoffensive voll im Trend. Das zeigt sich im Handel: Seit Jahresbeginn habe sich der Anteil aktiver Zalando-Kunden, die nachhaltige Mode kauften, mehr als verdoppelt und betrage nun 40 Prozent, teilte der Berliner Modehändler jüngst mit.

Im gleichen Zeitraum sei das Sortiment nachhaltiger Mode von 27.000 auf mehr als 60.000 Artikel ausgebaut worden. Dazu gehöre etwa Kleidung aus Bio-Baumwolle, recyceltem Polyester oder aus Leder aus umweltfreundlichen Gerbereien. „Unsere Kunden kaufen seit Anfang des Jahres ganz klar verstärkt nachhaltige Mode“, sagte Co-Firmenchef Rubin Ritter.

„Große, relevante Branchen nehmen das Thema auf“, beobachtet auch Moritz Lehmkuhl, Chef und Gründer der Münchener Beratungsgesellschaft Climate Partner. Der Betriebswirt erstellt Klimabilanzen für Unternehmen und zeigt ihnen Wege auf, wie sie die Umwelt weniger belasten.

Gerade die Konsumgüterhersteller und die Einzelhändler würden beim Umweltschutz momentan vorpreschen, hat Lehmkuhl festgestellt. Der Grund: Sie stünden unmittelbar unter dem Einfluss der Kunden und von Bewegungen wie „Fridays for Future“.

Kein Wunder, dass sich die Sportfirmen ein Rennen um den grünsten Turnschuh liefern. Branchenprimus Nike startete dieses Frühjahr mit einer Schuhkollektion, die zu großen Teilen aus Abfällen aus den Fabriken des Labels besteht: weggeworfenen Fäden, Stofffetzen, aufgearbeiteten Sohlen und alten Plastikflaschen. „Space Hippie“ heißt die Sneaker-Serie und bekräftigt mit dem Namen die Ambition des führenden Sportkonzerns der Welt: große Ziele zu erreichen mit etwas verrückten Ideen.

Niemand verkauft so viel Sportausrüstung wie Nike. Deshalb sind die Hürden hoch für umweltfreundlichere Produkte in dem US-Konzern. „Was wir machen, muss in großem Stil funktionieren“, sagt Noel Kinder, der Nachhaltigkeitsbeauftragte von Nike.

Vegane Klassiker für Lifestyle-Kunden

Die größte Herausforderung für die Entwickler: Die Ware soll mindestens genauso gut sein wie herkömmliche Produkte. Denn Nachhaltigkeit hin oder her – letztlich gehe es bei den Sportlern um Leistung, betont Designchef John Hoke.

Dass weniger mehr sein kann, zeigt Adidas unterdessen mit seiner sogenannten „Clean Classics“-Kollektion. Die Freizeitschuhe mit bekannten Namen wie „Stan Smith“ oder „Superstar“ bietet das Traditionsunternehmen seit Jahrzehnten an. Seit ein paar Wochen gibt es die Modelle in einer veganen Version. Die Firma verspricht, dass in keinem der Schritte im Produktionsablauf Materialien tierischen Ursprungs verwendet werden.

Das findet ausdrücklichen Anklang bei den Tierschützern von Peta: „Vegane Sneaker erobern den Markt wie im Flug. Adidas macht vor, wie auch große Modekonzerne den Weg zu nachhaltigeren und ethischeren Produkten einschlagen können“, so Frank Schmid von Peta Deutschland.

Adidas hat dafür aber nicht einfach Leder durch Plastik ersetzt. Das Obermaterial bestehe zu 70 Prozent aus wiederverwerteten Stoffen, so der Konzern, die Sohlen aus einem Mix aus recyceltem und neuem Gummi. Spätestens in vier Jahren will Adidas kein neu hergestelltes Polyester mehr einsetzen.

Die Investoren sind derweil nur zu gerne bereit, den grünen Kurs zu finanzieren. Ende September hat der Konzern eine Nachhaltigkeitsanleihe über eine halbe Milliarde Euro platziert. Das Angebot war dem Unternehmen zufolge mehr als fünfmal überzeichnet.