Pharmariese greift nach Bayer-Konkurrent Actelion
Im Pharmasektor bahnt sich womöglich die nächste größere Übernahme an. So lotet nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg der US-Gesundheitskonzern Johnson & Johnson (J&J) eine Übernahme des Schweizer Biotechunternehmens Actelion aus. Sollte ein solcher Deal zustande kommen, wäre es die mit Abstand größte Übernahme eines europäischen Pharma- und Biotechunternehmens durch einen US-Konzern. Die Gespräche befinden sich nach Angaben von Bloomberg allerdings noch in einem sehr frühen Stadium. Actelion bestätigte am Abend Gespräche mit Johnson & Johnson, eine Übernahme sei aber nicht sicher.
Die Actelion-Aktie legte in Reaktion auf die Spekulationen gleichwohl um 12 Prozent auf 176 Franken zu. Die 1997 von dem Kardiologen Jean-Paul Clozel gegründete Firma wird auf dieser Basis mit umgerechnet rund 19,5 Milliarden Dollar bewertet. Analysten gehen davon aus, dass ein Angebotspreis bis zu 250 Franken je Aktie erreichen könnte. Das wiederum würde auf eine Bewertung von mehr als 27 Milliarden Dollar hinauslaufen.
Zudem hat die Meldung vom Vorstoß des US-Konzerns Spekulationen ausgelöst, dass auch andere Pharmakonzerne ein Auge auf Actelion werfen dürften und sich damit ein Bieterwettbewerb ergeben könnte. Als potenzielle Interessenten werden dabei die Schweizer Pharmariesen Roche und Novartis sowie die französische Sanofi gehandelt. Eine ähnliche Konstellation hatte es vor wenigen Monaten auch beim US-Biotechunternehmen Medivation gegeben, wo zunächst Sanofi eine Übernahme-Offerte unterbreitete. Am Ende setzte sich dort aber der US-Konzern Pfizer mit einem Kaufpreis von 14 Milliarden Dollar durch.
Actelion gehört zu den erfolgreichsten Unternehmen der europäischen Biotechszene und ist vor allem auf Medikamente gegen Lungenhochdruck - eine eher seltene, aber sehr gefährliche Form des Bluthochdrucks - spezialisiert. Im vergangenen Jahr erzielte das Schweizer Unternehmen gut zwei Milliarden Franken (1,86 Milliarden Euro) Umsatz und 552 Millionen Franken Reingewinn. Für 2016 konnte Gründer und Firmenchef Clozel bereits dreimal die Prognosen anheben. Vor allem dank des Erfolgs von zwei Neuentwicklungen, die Actelion in den vergangenen Jahren auf den Markt gebracht hat.
In den ersten neun Monaten stieg der Umsatz um 17 Prozent und der Gewinn um knapp 30 Prozent auf 581 Millionen Franken. Die beiden neuen Medikamente Uptravi und Opsumit entwickelten sich besser als erwartet und erzielten deutlich höhere Umsätze als das Konkurrenzprodukt Adempas, das Bayer vor drei Jahren ebenfalls auf den Markt gebracht hat.
Der US-Gesundheitsriese Johnson & Johnson würde mit der Übernahme sein Geschäft im Herzkreislauf-Bereich stärken. J&J hatte sich in den vergangenen Jahren im Übernahmegetümmel im Pharmasektor weitgehend zurückgehalten und sich auf kleinere Akquisitionen und Allianzen beschränkt. Dass man grundsätzlich auch zu größeren Deals bereit ist, signalisierte der Konzern aber schon 2015 beim Versuch, die US-Biotechfirma Pharmacyclics zu übernehmen. Dabei wurde er aber vom Konkurrenten Abbvie übertrumpft.
Das Pharmageschäft von J&J trägt rund 43 Prozent zum Gesamtumsatz von 74 Milliarden Dollar bei und läuft auch ohne Zukäufe sehr solide. Es erzielte 2015 rund 32 Milliarden Dollar Umsatz und ist in den ersten neun Monaten 2016 um rund neun Prozent gewachsen. Der US-Konzern ist damit sechstgrößter Arzneimittelhersteller der Welt. Zu seinen starken Wachstumsprodukten gehört dabei auch der von entwickelte Gerinnungshemmer Xarelto, den Johnson & Johnson in den vermarktet. Finanziell könnte J&J einen Zukauf wie Actelion locker verdauen. Ende September verfügte der US-Konzern über rund 40 Milliarden Dollar an Cash-Reserven, bei nur rund 28 Milliarden Dollar Schulden.