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Pharmakonzern Boehringer wird zum zweitgrößten Steuerzahler in Deutschland

Der Pharmakonzern Boehringer hat Umsatz und Gewinn deutlich gesteigert. Das Ergebnis zahlt sich auch für den deutschen Fiskus aus.

Ein starkes Pharmageschäft und die Übernahme der Tierarzneisparte von Sanofi haben dem Pharmakonzern Boehringer Ingelheim ein kräftiges Wachstum beschert. Der Konzernumsatz des Familienunternehmens legte 2017 um 14 Prozent auf 18 Milliarden Euro zu. Der Betriebsgewinn verbesserte sich um gut ein Fünftel auf den Rekordwert von 3,49 Milliarden Euro.

„2017 war ein sehr erfolgreiches Jahr für Boehringer“, sagte Firmenchef Hubertus von Baumbach, der den Konzern seit Mitte 2016 führt.

Unterm Strich sorgten indessen Abschreibungen auf Beteiligungen sowie ein ungewöhnlich hoher Steueraufwand für einen Fehlbetrag von 229 Millionen, nach 1,8 Milliarden Euro Gewinn im Vorjahr. Es ist der erste Verlust, den Boehringer ausweist, seit man in den 80er Jahren damit begann, Geschäftszahlen zu publizieren.

Hintergrund für die ungewöhnliche Diskrepanz zwischen Betriebs- und Nettogewinn ist vor allem das komplexe Tauschgeschäft, mit dem das Familienunternehmen Anfang des vergangenen Jahres die Tierarzneisparte Merial von Sanofi erwarb. Im Gegenzug gab Boehringer den eigenen Geschäftsbereich Selbstmedikation (rezeptfreie Medikamente) an den französischen Konzern ab und zahlte außerdem 4,7 Milliarden Euro als Ausgleich für die unterschiedliche Größe der Geschäfte.

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Auf den erzielten Veräußerungsgewinn für die Selbstmedikations-Sparte fallen für Boehringer rund 1,3 Milliarden Euro an Steuern an, die der Konzern in seinem Abschluss ausweist. Der Buchgewinn aus der Transaktion dagegen bleibt dank der Konstruktion als Tauschgeschäft und der Bilanzierungsregeln nach HGB in der Boehringer-Bilanz außen vor.

Zusätzliche Steuerlasten von knapp 600 Millionen Euro ergaben sich für den Konzern aus der US-Steuerreform. Alles in allem stieg dadurch die ausgewiesene Steuerlast damit auf 3,1 Milliarden Euro.

„Wir zahlen so viel Steuern wie noch nie, die meisten davon in Deutschland“, sagt Boehringer-Chef Hubertus von Baumbach. Insgesamt dürfte das Ingelheimer Familienunternehmen 2017 damit der zweitgrößte deutsche Steuerzahler sein. Unter den Dax-Konzernen hat nur Daimler eine höhere Steuerlast ausgewiesen. Andere Großkonzerne wie BASF, Bayer oder BMW verbuchen Steuerlasten von weniger als zwei Milliarden Euro.

Mit dem operativen Geschäftsverlauf dagegen zeigt sich der Boehringer-Chef hoch zufrieden. Denn alle drei verbleibenden Sparten sind organisch gewachsen, darunter auch die von Integrationsarbeit belastete Tiermedizin-Sparte.

„Es ist für uns ein sehr zufriedenstellendes Jahr, vor allem auch in dem Kontext, in dem wir die Resultate erzielt haben“, sagte von Baumbach mit Blick auf die Integration von Merial und eine interne Reorganisation.

Diabetesmedikamente als Wachstumsmotoren

Besonders erfreulich lief es für Boehringer im Pharmageschäft, dem nach wie vor wichtigsten Geschäftsfeld. Der Umsatz der Sparte legte um fünf Prozent auf 12,6 Milliarden Euro zu. Währungsbereinigt entspricht das laut Boehringer einem Plus von knapp sieben Prozent. Der Ingelheimer Konzern, der in der ersten Hälfte des Jahrzehnts noch mit einer Wachstumsflaute kämpfte, kann damit im zweiten Jahr in Folge stärker zulegen als der Pharmamarkt insgesamt.

Insbesondere die neuen Diabetesmedikamente Trajenta und Jardiance erweisen sich dabei immer stärker als neue Wachstumsmotoren für Boehringer. Trajenta legte um 18 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro zu, Jardiance um 133 Prozent auf rund eine Milliarde Euro.

Besonders großes Potenzial dürfte dabei im Medikament Jardiance schlummern, für das als erstes Diabetesmittel auch ein positiver Effekt auf Herzkreislauf -Erkrankungen nachgewiesen werden konnte. Top-Produkt für Boehringer bleibt das Atemwegsmittel Spiriva, dessen Umsatz allerdings um sechs Prozent auf 2,8 Milliarden Euro schrumpfte.

Im Geschäftsfeld biopharmazeutische Auftragsproduktion legte Boehringer um ein Zehntel auf 678 Millionen Euro zu. In der Tiermedizin machte Boehringer dank der Merial-Übernahme einen Umsatzsprung von 1,5 auf 3,9 Milliarden Euro. Das organische Wachstum der Sparte bezifferte Finanzchef Michael Schmelmer mit ein Prozent.

Erklärtes Ziel des Konzerns ist es, in diesem Geschäftsfeld weltweit zur Nummer eins zu werden und damit den aktuellen Marktführer, die US-Firma Zoetis zu überrunden.

Weitere Akquisitionen kein Thema

Auch im Pharmageschäft sieht sich Boehringer dank einer starken Pipeline weiter auf Kurs, obwohl im Laufe des Jahres der Bestseller Spiriva auch auf dem wichtigen US-Markt den Patentschutz verliert.

Weitere Akquisitionen sind daher nach Angaben des Boehringer-Chefs kein Thema. Der Konzern setzt wie in der Vergangenheit vielmehr auf organisches Wachstum und Innovationen aus eigener Kraft. Vor allem das Diabetesmedikament Jardiance dütfte noch erhebliches Potenzial bieten. Hohe Erträge erhofft sich Boehringer auch von einem neuen Wirkstoff gegen Schuppenflechte, den man in Kooperation mit dem Vertriebspartner Abbvie entwickelt.

Die Forscher des Konzerns arbeiten darüber hinaus an rund 40 neuen Wirkmolekülen in klinischen und präklinischen Studien. Für rund zwei Drittel seiner Neuentwicklungen sieht Boehringer die Chance, dass sie einen Therapiedurchbruch bringen könnten.

Für das laufende Jahr stellt von Baumbach für den Konzern ein leichtes Wachstum in Aussicht. Mittelfristig sind die Ziele durchaus ambitionierter. Bis Mitte des nächsten Jahrzehnts, so das Ziel der jüngst vorgestellten „Ambition 2025“, könnte das Familienunternehmen 25 Milliarden Euro Umsatz erreichen.

Das entspricht etwa fünf Prozent Umsatzwachstum pro Jahr. Dreifach will man bis dahin zur Nummer Eins werden: in der Tiermedizin, als biopharmazeutischer Auftragsfertiger und in den für die Pharmasparte relevanten Produktsegmenten.