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Personalkarussell im Bundestag: Wer nach der Wahl einen Job will, stellt jetzt die Weichen

Im Bundestag werden diesen Herbst nicht nur die Jobs von Bundeskanzler und Minister neu besetzt
Im Bundestag werden diesen Herbst nicht nur die Jobs von Bundeskanzler und Minister neu besetzt

Bei der Bundestagswahl im Herbst entscheiden die Bürger, welche Parteien Deutschland künftig regieren sollen. Und sie entscheiden auch darüber, wer einen neuen Job bekommt. Am begehrtesten ist natürlich der des Kanzlers oder der Kanzlerin, dann die Ministerposten, Staatssekretäre und so weiter. Doch das Jobkarussel betrifft nicht allein die Spitzenpositionen. Besonders im Bundestag müssen die Abgeordnete Mitarbeiter finden. Oder die Mitarbeiter wollen selbst einen Karrieresprung machen und sehen sich nach neuen Positionen um. Dabei wartet man nicht unbedingt bis nach der Wahl: Wer einen Job will, läuft sich jetzt schon warm und klopft an die richtigen Türen.

Je nach Partei ist die Lage dabei sehr unterschiedlich. Am besten sind die Jobaussichten wohl derzeit bei den Grünen. Laut aktuellen Umfragen ist es wahrscheinlich, dass sie an der Regierung beteiligt sind. Das bedeutet: Neben Minister- und Staatssekretärsposten müssen auf der Asisstenten- und Beraterstellen neu besetzt werden. Hier haben diejenigen gute Chancen, die schon jetzt mit den zukünftigen Ministern zusammenarbeiten, etwa deren Büroleiter. Intern wird es jedoch als großes Problem gesehen, dass es bei den Grünen nur wenige Personen mit Ministeriumserfahrung gibt. Denkbar ist, dass man auf Personen aus den Ländern zurückgreift, in denen die Grünen mitregieren, etwa in Schleswig-Holstein oder in Hessen.

Womöglich noch mehr Jobs haben die Grünen allerdings im Bundestag zu vergeben. Bisher stellen sie 67 Abgeordnete und sind damit die kleinste Fraktion. Nach der Wahl könnten es bis zu dreimal so viele Abgeordnete sein – und die Grünen die stärkste Gruppe im Parlament. Für jeden Abgeordneten arbeiten im Berliner Büro rund fünf Mitarbeiter. Es sind also Hunderte Jobs neu zu vergeben.

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Die Mitarbeiterin eines Grünen-Parlamentariers skizziert ein übliches Vorgehen: „Wer Interesse an einem neuen Job hat, der hat in den vergangenen Monaten genau auf die Listenaufstellung geschaut.“ Dort kann man bereits sehen, wer gute Aussichten hat, ins Parlament einzuziehen und wer sich für welchen Fachausschuss warmläuft.

Bei einer unverbindlichen Kontaktaufnahme kann man auf die eigene Arbeit verweisen. Etwa, wenn man für einen Abgeordneten bisher das Thema Finanzpolitik bearbeitet hat. Erfahrene Mitarbeiter sind für die Abgeordneten Gold wert, besonders weil viele Abgeordnete der Grünen Parlamentsneulinge sein werden. Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter, der schon fest im Thema steckt und ein kompetenter Büroleiter, der mit allen Abläufen vertraut und zudem gut vernetzt ist, kann die Arbeit enorm erleichtern. Die Planungen bei den Grünen laufen bereits. Mitarbeiter berichten, dass die Fraktion ein Portal eingerichtet hat, in das sie Lebenslauf und bisherige Erfahrungen eintragen können. So können sie später mit ihren künftigen Chefs zusammengebracht werden.

Die SPD muss wohl sparen – auch an Mitarbeitern

Wo die Grünen ihre Fraktion expandieren wollen, ist die Stimmung bei SPD-Mitarbeitern eine andere. Seit Jahren hängt die Partei im Umfragetief. Die Zahl der Mitarbeiter werde dem Wahlergebnis entsprechen müssen, heißt es aus der Fraktionsspitze. Bei weniger Sitzen – und danach sieht es derzeit aus – sind weniger Posten direkt bei der Fraktion zu vergeben. Entlassen müsse man niemanden, heißt es. Die Verträge gelten ohnehin nur für eine Legislaturperiode und an deren Ende gebe es immer eine natürliche Fluktuation. Viele Mitarbeiter sind für ihre Arbeit in der Fraktion auch an ihren ursprünglichen Jobs beurlaubt. Sie können etwa in ihre Beamtenstelle in einem Ministerium zurückkehren.

Doch das trifft nicht für jeden zu, insbesondere für die Mitarbeiter in den Abgeordnetenbüros. Viele Mitarbeiter von SPD-Abgeordneten wollen dieses Risiko nicht eingehen. Besonders dort, wo absehbar ist, dass der Abgeordnete sein Mandat verlieren könnte. Oder etwa, wo ein Parlamentarier nicht erneut antritt. Hier zahlt es sich aus ein gutes Netzwerk zu haben, mitunter auch eines, das über die eigene Partei hinausgeht. Klassische Anschlussverwendungen finden sich für ehemalige Bundestagsmitarbeiter in Wirtschaftsverbänden, Beratungsunternehmen oder Think-Tanks. Viele Abgeordnete sorgen auch dafür, dass ihre Mitarbeiter unterkommen. Als etwa der einflussreiche SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs 2020 vorzeitig aus dem Bundestag ausschied, hatte er dafür gesorgt, dass seine Mitarbeiter versorgt waren.

Manchmal wird dafür auch getrickst: Abgeordnete sprechen einen Staatssekretär an und geben ihre Empfehlung für einen Mitarbeiter ab. Der Staatssekretär gibt einem Abteilungsleiter den Hinweis, den entsprechenden Bewerber doch bitte zu berücksichtigen. Reibungslos funktioniert die Jobversorgung allerdings nicht. Denn Personalrat und Gleichstellungsbeauftragte haben hier Mitspracherecht. Die Parteien können also nicht nach Belieben Posten besetzen.

Die wandelnde Jobbörse bei der Union

Bei der Unionsfraktion treten mindestens 38 der 245 Abgeordneten nicht erneut zur Bundestagswahl an. Viele von deren Mitarbeiter wollen aber weiter im Parlament arbeiten und suchen neue Jobs. Das ist die Zeit von Gregor Strabel. Er arbeitet selbst im Abgeordnetenbüro einer CDU-Abgeordneten und ist seit 19 Jahren gewählter Sprecher der Mitarbeiterschaft der Fraktion. In dieser Funktion ist er eine Art wandelnde Jobbörse, ehrenamtlich wie er im Gespräch mit Business Insider betont. Mitarbeiter können ihm seine Unterlagen schicken, umgekehrt wenden sich auch Parlamentarier an ihn, oft suchen sie Mitarbeiter mit einem bestimmten Profil. Da gehe es um Erfahrung in einem bestimmten Ausschuss, einen speziellen Studienabschluss oder Erfahrung mit Pressearbeit oder Social Media. Manche Anforderungen sind durchaus ungewöhnlich: "Einmal hatte sich ein Abgeordneter sogar gewünscht, dass der Mitarbeiter neben einem bestimmten juristischen Hintergrund auch einen badischen Akzent hat", erzählt Strabel. Den passenden Kandidaten habe er tatsächlich gefunden. Die arbeitsreichste Phase ist für Strabel der Sommer und Herbst eines Wahljahres, dann habe er bis zu 300 Akten von Mitarbeitern vorliegen, erzählt Strabel. Mitunter melden sich auch Mitarbeiter, die nicht für die Union tätig sind, etwa von der FDP. Unter verwandten politischen Lagern gibt es durchaus auch Wechsel zwischen den Fraktionen.

Strabel berichtet, dass es bei der Arbeit im Bundestag nicht allein auf die fachliche Qualifikation ankommt. Abgeordnete arbeiten eng mit ihren Mitarbeitern zusammen, da gibt es immer wieder Stress und Spannungen. Dass dabei die Chemie stimmt, sei entscheidend, berichtet Strabel. "Aber wenn das Menschliche stimmt, ist es ein Traumjob", sagt er.

Bei aller Vorbereitung der Parteien gibt es jedoch immer einen, der die Karrierepläne durchkreuzen kann: der Wähler. Mit seiner Stimme beeinflusst, wer in den Bundestag einzieht – und damit auch die Jobaussichten nach der Wahl.