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PayFit will die Lohnabrechnung für kleine Firmen vereinfachen

Das französische Start-up PayFit startet in Deutschland durch. Die Zielgruppe: kleine und mittlere Unternehmen. Die Gründer verfolgen ehrgeizige Ziele.

Michal Paciorek kommt ursprünglich aus Polen und hat an der School of Economics in Warschau studiert. Als er vor sechs Jahren aus beruflichen Gründen nach Deutschland zog, hatte er noch keine Ahnung vom hiesigen Steuer- und Sozialversicherungsrecht – außer dass es kompliziert ist.

Wenn der 39-Jährige heute in seinem Büro im Umspannwerk in Berlin-Kreuzberg sitzt und die Lohn- und Gehaltsabrechnungen für seine rund 50 Mitarbeiter macht, dann nutzt er ein Tool, das er selbst verkauft: PayFit.
Paciorek ist für das Deutschlandgeschäft des gleichnamigen französischen Start-ups verantwortlich, das im April 2016 von Firmin Zocchetto, Ghislain de Fontenau und Florian Fournier gegründet wurde.

Die Idee der drei Studienfreunde war es, eine Software zu entwickeln, mit der sich Lohn- und Gehaltsabrechnungen einfach und korrekt abwickeln lassen. Im Zuge dessen entwickelten die Tüftler gleich eine eigene Programmiersprache namens JetLang, um schneller neue Märkte erschließen zu können.

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„Die eigene Programmiersprache ermöglicht es uns, die Gesetzgebung eines anderen Landes wesentlich schneller in unsere Software zu implementieren und ein auf den neuen Markt zugeschnittenes Produkt anzubieten“, erläutert Paciorek. Zudem könne man so umgehend auf individuelle Kundenwünsche reagieren.

„Das Tech-Team in Frankreich stellt hierfür eine Art Baukastensystem zur Verfügung, mit dem sich die Produkte für weitere Länder aufbauen lassen“, erklärt Niklas Prieß, Entwicklungschef von PayFit Deutschland. Das habe in Spanien sechs Monate gedauert, in Deutschland fünf und in Großbritannien nur noch vier. „Rechtsexperten überwachen und melden Gesetzesänderungen, sodass wir diese direkt in das Tool integrieren können“, sagt Prieß, der auch eine private Verbindung zu Frankreich aufgebaut hat: Seine Freundin lernte der 30-Jährige während seines Parisaufenthalts im vergangenen Jahr kennen, als er den PayFit-Ableger für den deutschen Markt konzipierte.

Ambitionierte Expansionsstrategie

Die Idee, Lohn- und Gehaltsabrechnungen zu digitalisieren und zu automatisieren, schien in einem Land wie Frankreich, das eines der kompliziertesten Arbeitsgesetzbücher in Europa hat, einen Nerv getroffen zu haben. Schnell wurden Investoren wie der französische Unternehmer und Milliardär Xavier Niel oder die Risikokapital-Beteiligungsgesellschaft Accel Partners auf PayFit aufmerksam.

In den ersten zwei Finanzierungsrunden im Oktober 2016 und Juli 2017 sammelte das Start-up so insgesamt 19 Millionen Euro ein. Im Sommer dieses Jahres schloss PayFit die dritte und bislang größte Finanzierungsrunde ab, in der es 70 Millionen Euro einsammelte.

Mit dem Geld wollen die drei Gründer ihre ambitionierte Expansionsstrategie vorantreiben: Das Start-up ist neben Paris mittlerweile auch in Barcelona, London und Berlin mit insgesamt rund 400 Mitarbeitern vertreten. Bis Ende 2021 sollen es dann 1000 sein. Für Anfang 2020 ist der Markteintritt in Italien geplant.

Ganz nach dem Motto: Je umfangreicher die Gesetzgebung in dem jeweiligen Land, desto größer der Bedarf nach automatisierten Abrechnungslösungen. Im aktuellen „Global Payroll Complexity Index“ des Dienstleisters NGA Human Resources, in dem die Staaten mit den kompliziertesten Lohn- und Gehaltsabrechnungsstrukturen aufgeführt sind, belegt Italien den zweiten Platz – knapp hinter Frankreich.

Paciorek, der bereits den 3718 Meter hohen Pico del Teide auf Teneriffa erklommen hat, will mit PayFit auch in Deutschland hoch hinaus: Hierzulande habe das Start-up inzwischen einen Kundenstamm von mehr als 300 Unternehmen – nach knapp einem Jahr Akquise.

Zu den Kunden gehören Holi Concept, die Initiatoren der von den indischen Holi-Festen inspirierten Farbfestivals, die Studium- und Karriere-App UniNow oder der Entwickler-Marktplatz CodeControl.

In Deutschland strebt PayFit in den kommenden Jahren ein kräftiges Wachstum an: „Wir schätzen, dass wir binnen zwei Jahren mehr als 3000 Kunden in Deutschland haben können“, sagt Paciorek. Aktuell zählt das Unternehmen nach eigenen Angaben länderübergreifend mehr als 3000 Abnehmer.

Konkurrenz aus München

PayFit hat mit seiner Plattform vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen im Blick: „Wir entwickeln unser Produkt hauptsächlich auf der Basis von Kundenfeedback weiter, und bei kleinen und mittleren Unternehmen können wir dieses Feedback am schnellsten bekommen“, erklärt Paciorek.

Auch hätten diese Unternehmen oft keine dezidierte Lohnabrechnungsabteilung oder keine Mitarbeiter im Team mit tieferem Fachwissen. Und: „Die Entscheidungswege sind kürzer, wenn es darum geht, ein neues Tool zu implementieren.“

Damit konkurriert PayFit um die gleichen Kunden wie das 2015 gegründete Münchener Start-up Personio, das ebenfalls eine Software für das Personalwesen entwickelt hat, mit der sich das Onboarding von Mitarbeitern, Abwesenheiten und Zeiterfassung verwalten sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen erstellen lassen.

Personio-Gründer Hanno Renner schätzt den Markt allein in Europa einschließlich Lohnbuchhaltung auf bis zu 30 Milliarden Euro. Das Ziel sei es, zum „führenden Anbieter von Personalsoftware für kleine und mittlere Unternehmen in Europa“ aufzusteigen, hatte Renner im Juli dieses Jahres dem Handelsblatt gesagt.

Die Tech-Beratung GP Bullhound hat Personio in eine Liste von 50 europäischen Start-ups aufgenommen, denen zugetraut wird, demnächst eine Milliardenbewertung zu haben – und damit zu einem sogenannten Einhorn zu werden.

PayFit bietet zwar auch ein Tool an, mit dem sich Urlaubsanträge, Krankheitstage, Teamstrukturen oder Organigramme verwalten lassen. „Unsere Kernkompetenz ist jedoch die Lohn- und Gehaltsabrechnung“, sagt Paciorek. Und da die Plattform cloud- beziehungsweise browserbasiert sei, ließen sich die Lohnabrechnungen auch außerhalb des Büros machen.

„Die Daten liegen auf Servern in Frankreich“, versichert Prieß. „Alles DSGVO-konform.“ Zudem befinde man sich gerade in der Zertifizierungsphase gemäß ISO-27001-Standard. ISO 27001 ist eine internationale Norm für Informationssicherheit in privaten, öffentlichen oder gemeinnützigen Organisationen.

Auf die Frage, ob sich der Brexit in irgendeiner Form auf die rund 20 Mitarbeiter im Londoner Büro auswirke, reagiert Paciorek gelassen: „Wir sehen noch keine negativen Auswirkungen durch den Brexit, er bremst auch unser Wachstum nicht.“