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Passagier soll zwei Schneidezähne verloren haben

Der gewaltsam aus einem Flugzeug von United Airlines entfernte Passagier David Dao hat erste Schritte für eine Klage gegen die US-Fluglinie einleiten lassen. Ein Anwalt des Mannes beantragte vor einem Bezirksgericht im US-Staat Illinois die Sicherung aller Videos über den Vorfall sowie aller relevanten Dokumente, wie die US-Zeitung „Chicago Tribune“ berichtete. Dies umfasse auch Cockpit-Aufzeichnungen sowie Personalakten der Mitarbeiter der zuständigen Luftfahrtbehörde, die den Mann aus dem Flugzeug holten.

Am Donnerstag traten sein Anwalt Thomas Demetrio und seine Tochter in Chicago vor die Presse. Dabei wurden weitere Details des Vorfalls bekannt: Laut Aussage des Anwalts erlitt Dao eine Gehirnerschütterung und einen Nasenbeinbruch, als er gewaltsam aus dem überbuchten Flieger gezerrt wurde. Zudem soll er zwei Schneidezähne verloren haben. Bei der Pressekonferenz forderte Daos Anwalt einen würdevollen Umgang miteinander. Seit längerem schikanierten Fluggesellschaften Passagiere.

„Was meinem Vater passiert ist, sollte keinem Menschen passieren. Wir waren geschockt“, sagte Daos Tochter.

United hatte am Sonntagabend auf dem internationalen Flughafen von Chicago den Mann aus der Kabine zerren lassen, weil das Flugzeug überbucht war und er trotz Aufforderung nicht von Bord gehen wollte. Videos zeigen, wie ihn Sicherheitsleute über den Boden des Kabinengangs zum vorderen Ausgang des Flugzeugs schleifen. Dies hatte weltweit Empörung ausgelöst.

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Der Passagier nahm sich den bekannten Anwalt Thomas Demetrio, der bereits mehrere große Vergleiche für seine Klienten habe erzielen können. Nach Kritik auch am Krisenmanagement der Airline sowie Boykott-Aufrufen in sozialen Netzwerken hatte sich United-Vorstandschef Oscar Munoz in aller Form für den Vorfall entschuldigt.

Die Fluggesellschaft United Airlines hat angekündigt, keine Polizisten mehr einzusetzen, um Passagiere aus voll besetzten Flügen bringen zu lassen. Die Fluggesellschaft wolle zudem allen Passagieren, die sich an Bord befanden, eine Entschädigung zahlen. Das Unternehmen würde die Handhabe, Fluggäste von überbuchten Flügen auszuschließen, überprüfen, sagte United-Geschäftsführer Oscar Munoz.

Zwei Flughafenpolizisten waren am Mittwoch beurlaubt worden, wie die Luftfahrtbehörde Chicagos bekanntgab. Ein weiterer Polizist war bereits am vergangenen Sonntag vorübergehend vom Dienst freigestellt worden. Er habe sich sehr geschämt, die Videos von dem Vorfall zu sehen, sagte Munoz einem US-TV-Sender. Er entschuldigte sich erneut bei dem Mann, dessen Familie und anderen Passagieren. „Sowas wird nie wieder auf einem Flug von United passieren. Das ist mein Versprechen.“ Künftig würden keine Polizisten mehr eingesetzt, um Fluggäste, die bereits geboarded und auf ihren Sitzplätzen sind, zum Aussteigen zu bewegen.

Die Fluggesellschaft hatte den Flug von Chicago nach Louisville im US-Staat Kentucky überbucht und benötigte vier freie Sitze für Crew-Mitglieder. Nachdem aber keiner der Fluggäste auf das Angebot, einen späteren Flug zu nehmen - und dafür eine Prämie und eine Nacht im Hotel bezahlt zu bekommen - eingehen wollte, wurden per Zufall Passagiere ausgesucht. Drei der Ausgesuchten verließen das Flugzeug, der Vierte weigerte sich jedoch.

Der Vorfall hatte zu einer Debatte über die gängige Praxis von Fluggesellschaften geführt, Flüge bewusst zu überbuchen. Dies sei „ein gültiger geschäftlicher Vorgang“, sagte der Geschäftsführer der US-Fluglinie Delta Air Lines, Ed Bastian. Er denke nicht, dass es weiterer gesetzlicher Vorschriften dafür bedürfe. „Der Schlüssel liegt darin, das zu regeln, bevor das Boarding beginnt.“

KONTEXT

Nicht alle Passagiere fliegen mit

Beispiel "United Airlines"

Ein Fluggast wird gewaltsam aus einer United-Airlines-Maschine gezerrt, weil sie zu voll ist. Das Flugzeug war überbucht. Könnte das auch Reisenden in Deutschland passieren - womöglich zu Ostern oder in der Ferienzeit? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Warum verkaufen Fluggesellschaften zu viele Tickets?

Aus ökonomischer und ökologischer Sicht sei es sinnvoll, möglichst alle Plätze in einem Flugzeug zu besetzen, erklärt Carola Scheffler, Sprecherin des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). "Erfahrungsgemäß erscheinen aber nicht alle Passagiere zu ihrem gebuchten Flug." Bei Lufthansa sind das im Jahr etwa 3 der rund 110 Millionen Passagiere, wie Unternehmenssprecherin Anja Lindenstein sagt. Damit möglichst wenige Plätze frei bleiben, werden die Flüge bis zu einem gewissen Prozentsatz überbucht. "Das ist gängige Praxis im Airline-Business."

Wir stark können Maschinen überbucht sein?

Konkrete Zahlen nennen BDL und Lufthansa nicht. Das sei extrem unterschiedlich und hänge von der Strecke, dem Tag und Ereignissen wie Kongressen, Messen oder großen Events ab. Auf der Basis dieser Erkenntnisse und konkreter Erfahrungswerte der Vergangenheit berechnen die Airlines, wie viele Passagiere voraussichtlich ihren Flug nicht antreten. Es wird aber nicht jede Maschine überbucht: Gerade zu Ferienbeginn, bei Großereignissen oder Messen ginge die Airline das Risiko nicht ein, sagt Lufthansa-Sprecherin Lindenstein.

Warum treten manche Passagiere ihren Flug nicht an?

Geschäftsreisende buchten manchmal mehrere Flüge, "weil sie nicht wissen, wann ihr Meeting zu Ende ist", sagt Lindenstein. Verpasste Anschlussflüge sind ein anderer Grund. Dazu kommen persönliche Ursachen wie beispielsweise eine Krankheit oder ein Unfall. Es gebe aber auch kulturelle Unterschiede. Manche Fluggäste verpassten schon mal während des Shoppens ihre Maschine. Die Deutschen seien in der Regel sehr pflichtbewusste Reisende.

Wie gehen die Fluggesellschaft damit um, wenn zu viele Passagiere mitfliegen wollen?

Zunächst wird nach Passagieren gesucht, die freiwillig von dem Flug zurücktreten, wie Scheffler und Lindenstein sagen. Sie würden dann auf eine andere Maschine umgebucht. Je nach Entfernung und der Dauer bis zum nächsten Flug gibt es dafür auch Geld. Sollte der nächste Flug erst am nächsten Tag gehen, zahlt die Fluggesellschaft auch eine Hotel-Übernachtung. Die Einzelheiten regelt eine EU-Verordnung. "Der Passagier hat zusätzlich die Möglichkeit, auf einen späteren Flug umgebucht zu werden oder sich den Ticketpreis zurückerstatten zu lassen", sagt Scheffler.

Was machen die Fluggesellschaften, wenn sich nicht genug Freiwillige finden?

Dann wird der Zeitpunkt des Check-Ins der Fluggäste berücksichtigt, wie Lindenstein sagt. Dabei gilt: "Je eher, desto besser." Die Fluggesellschaft spreche mit einzelnen Gästen und versuche, eine individuelle Lösung zu finden. Das Problem werde auf jeden Fall am Gate gelöst, bevor die Passagiere einsteigen, betont Lindenstein. Ob es dabei bereits einmal zu Handgreiflichkeiten verärgerter Reisender kam, sei ihr nicht bekannt.

Wie ist es bei gebuchten Ferienreisen, außerhalb von Linienflügen?

Bei Ferienflügen gibt es relativ wenig Passagiere, die nicht am Flughafen erscheinen, wie der Sprecher von TUI Fly, Jan Hillrichs, sagt. "Die Urlauber kommen in der Regel." Daher würden die Maschinen normalerweise auch nicht überbucht. Sollte dies doch einmal passieren, so erkenne dies das Computersystem bereits Tage vor dem Abflug. Den letzten Kunden werde dann rechtzeitig eine Alternative angeboten. Hillrichs versichert: "So etwas wie bei United kann bei uns nicht vorkommen."