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Ost-Regierungschefs suchen Lösungen - Fachkräftekonferenz in Schwerin

SCHWERIN (dpa-AFX) -Dem industriellen Niedergang zwischen Ostsee und Thüringer Wald nach dem Mauerfall soll nun, gut 30 Jahre später, der kräftige Aufschwung folgen. Große Hoffnungen setzen die Regierungen der ostdeutschen Bundesländer auf die Energiewende - weg von Kohle-, Gas- und Atomstrom hin zu Öko-Strom aus Sonne und Wind. "Ostdeutschland erlebt gerade eine Reindustrialisierung in vielen Bereichen. Der gute Ausbau mit erneuerbaren Energien ist dafür ein wesentlicher Treiber. Das ist eine große Chance, denn die Unternehmen werden sich in Zukunft dort ansiedeln, wo der Strom produziert wird", prophezeit der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD).

Studien verschiedener Forschungsinstitute würden zeigen, dass der Norden und Osten im Zuge der Energiewende die Gewinnerregionen seien. "Ich würde auf dieses Pferd setzen", sagt die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles. Wie Schneider und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), hat auch sie ihre Teilnahme an der Fachkräftekonferenz Ost zugesagt, zu der am Montag die Regierungschefs der ostdeutschen Bundesländer in Schwerin zusammenkommen.

Bei dem Treffen mit Vertretern aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Arbeitsagenturen soll darüber beraten werden, wie der Berufsnachwuchs gesichert werden kann. Denn als wichtige Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg gilt das Vorhandensein von genügend Fach- und Arbeitskräften. "Nur mit ausreichend Fachkräften können wir die Zukunftsfähigkeit der ostdeutschen Wirtschaft sichern", betont Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), derzeit Vorsitzender der Ost-Ministerpräsidentenkonferenz.

Allerdings sind die Auswirkungen des demografischen Wandels und die Spätfolgen der massenhaften Abwanderung junger Leute gen Westen nach 1990 im Osten nun besonders zu spüren. Allein Mecklenburg-Vorpommern verliert nach Angaben der Landesregierung etwa 10 000 Arbeitskräfte pro Jahr, weil mehr Beschäftigte in Rente gehen als junge Leute nachkommen. In den bevölkerungsreicheren anderen Ost-Ländern dürften die Zahlen noch weit höher liegen.

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Anders als in den Zeiten der Massenarbeitslosigkeit um die Jahrtausendwende sind Arbeitskräfte inzwischen vielerorts rar. Ende 2022 lag die Arbeitslosenquote etwa in Thüringen oder Brandenburg mit gut fünf Prozent fast gleichauf mit der in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein. Immer häufiger können auch im Osten Stellen nicht besetzt werden, weil Bewerber fehlen.

"Es gibt nicht den einen Knopf, auf den wir drücken können, dafür viele Stellschrauben", schickt Nahles schon mal voraus. Man müsse ansetzen bei der Qualifikation von Beschäftigten und Arbeitslosen, bei jungen Leuten, die bei der Berufswahl oft unsicher seien und vielfach ohne Abschluss blieben, müsse Studienabbrecher für die duale Berufsausbildung gewinnen und nicht zuletzt auch Ältere in den Blick nehmen, die nicht mehr Voll- aber gern in Teilzeit weiter arbeiten wollten. Zudem müsse auch im Osten über eine gezielte, faire Zuwanderung in den Arbeitsmarkt geredet werden, betont Nahles.

Anders als im Westen sehe sie im Osten aber bei der Berufstätigkeit von Frauen kaum noch zusätzliches Potenzial für den Arbeitsmarkt. "Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist erfreulich besser als in Westdeutschland. Über das Thema Frauen muss ich hier im Osten nicht reden", konstatiert Nahles.

Bei der Sicherung der Fachkräfte sieht sie vor allem die Arbeitgeber selbst in der Pflicht. "Was generell wichtig ist, dass man Arbeitsbedingungen schafft, die auch attraktiv sind. Denn man konkurriert ja auch mit anderen Bundesländern. Interessante und gut qualifizierte Arbeitsplätze sind für ein Land immer eine sichere Bank", sagt Nahles. Aussagen über das nach wie vor bestehende Lohngefälle zwischen West und Ost umgeht sie: "Dazu äußere ich mich als Bundesagentur-Vorsitzende nicht."

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) zeigt sich angesichts einer Lohnlücke, die die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung für Gleichqualifizierte mit etwa 14 Prozent angibt, weniger zurückhaltend. Nach ihren Worten haben die Unternehmen im Nordosten bislang noch sehr unterschiedlich auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt reagiert. "Wir haben Bereiche, in denen schon gut bezahlt wird. Wir streben aber an, dass insgesamt das Lohnniveau in Mecklenburg-Vorpommern steigt", sagt Schwesig.

Anreize für mehr Tariftreue hatte die Landesregierung bereits mit abgestuften Fördersätzen für Investitionen gesetzt. Nun soll auch die Vergabe öffentlicher Aufträge mit einer Gesetzesänderung die Bezahlung nach Tarif voranbringen. Bessere Verdienstmöglichkeiten könnten nach Meinung Schwesigs Berufspendler in den Westen wieder in ihre Heimat Mecklenburg-Vorpommern zurückbringen. "Bessere Bezahlung ist ein entscheidender Schlüssel beim Thema Fachkräfte. Die Lohnfrage ist elementar", betont die Konferenz-Gastgeberin.