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Orbán hat nach seinem triumphalen Wahlsieg freie Hand

Der Triumph bei den Wahlen in Ungarn hätte für Viktor Orbán kaum größer ausfallen können. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes errang ein Präsident zum dritten Mal in Folge einen Wahlsieg. „Wir haben eine entscheidende Schlacht geschlagen. Wir haben für uns die Möglichkeit geschaffen, Ungarn zu schützen“, sagt der Chef der rechtspopulistischen Fidesz nach der Auszählung der Stimmzettel.

Die Freude über den unerwartet hohen Sieg stand dem Regierungschef ins Gesicht geschrieben, der sich im offenen Hemd seinen euphorischen Anhängern in Budapest präsentierte.

Orbán erreichte wieder eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament. Damit kann seine Koalition Fidesz-KDNP die Verfassung ändern. Auf sein Bündnis entfielen 133 der 199 Sitze im Budapester Parlament. Die rechtsnationale Jobbik ist mit 26 Sitzen vor der sozialdemokratischen MSZP mit 20 Sitzen die größte Oppositionspartei.

Die Wahlbeteiligung lag bei 69,4 Prozent und war damit die höchste seit dem Jahr 2002. Noch 2014 lag sie bei nur 61,7 Prozent.

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Orbán hatte im Wahlkampf vor allem auf das Flüchtlings- und Migrationsthema gesetzt. Damit konnte er vor allem in den ländlichen Regionen punkten. Das Konzept der früher rechtsextremistischen Oppositionspartei Jobbik erwies sich hingegen als Fehlschlag.

Parteichef Gábor Vona entwickelte die Partei in den vergangenen Jahren zu einer rechtsnationalen Bewegung, um auch bürgerliche Wähler zu gewinnen. In der Nacht zum Montag kündigte der Jobbik-Chef bereits seinen Rücktritt an. Er hatte sich im Wahlkampf vergeblich als gefährlichster Herausforderer für Orbán inszeniert.

Rückenwind für seine Wiederwahl erhielt Orbán auch durch die gute wirtschaftliche Lage Ungarns. Das Bruttoinlandsprodukt des EU-Landes wuchs im vergangenen Jahr um rund vier Prozent. Die Arbeitslosigkeit lag bei ebenfalls vier Prozent. Investoren klagen bereits über den Mangel von Fachkräften.

Das osteuropäische Land profitiert insbesondere von der guten Konjunktur in Deutschland. Vor allem Investoren aus dem verarbeitenden Gewerbe, allen voran die Autokonzerne und ihre Zulieferer wie Volkswagen, Daimler, Continental und Bosch, sind in Ungarn mit eigenen Fabriken stark. Das Haushaltsdefizit liegt mit 2,1 Prozent bereits im sechsten Jahr unter der Drei-Prozent-Grenze. Allerdings ist die Staatsverschuldung mit zuletzt knapp 73 Prozent vergleichsweise hoch.

Mit seiner Idee einer „illiberalen Demokratie“, die rechtsstaatliche Grundsätze wie Meinungs- und Medienfreiheit sowie Unabhängigkeit der Justiz nur eingeschränkt berücksichtigt, inszeniert sich Orbán als Gegenentwurf zum Modell einer pluralistischen und toleranten Demokratie nach westeuropäischem Vorbild.

Insbesondere Deutschland und Frankreich werden sich bei ihren Plänen einer tiefgreifenden Reform der EU jetzt auf scharfen Gegenwind aus Budapest einstellen müssen. Orbán pflegt im Rahmen der Visegrád-Gruppe enge Beziehungen zu den europakritischen Regierungen in Polen, Slowakei und Tschechien. Zum konservativ-rechtspopulistischen Bündnis in Österreich unterhält der Fidesz-Chef ebenfalls exzellente Verbindungen.

Das Verhältnis zu Deutschland ist zwiespältig. Angesichts der Interessensgegensätze gilt es auf politischer Ebene als ausgesprochen schwierig, hingegen gibt es wirtschaftlich exzellente Beziehungen. Zur Freude ausländischer Investoren hat Orbán die Körperschaftssteuer seit vergangenem Jahr auf einheitlich neun Prozent gesenkt. Arbeitskräfte sind im Land preiswert. Der durchschnittliche Bruttodurchschnittslohn in Ungarn liegt bei 960 Euro.

Zudem profitiert Ungarn von den Geldern aus der EU-Kasse. Jährlich fließen rund 4,5 Milliarden Euro an Subventionen aus Brüssel nach Ungarn. Seit dem EU-Beitritt im Jahr 2004 hat Ungarn bereits 48 Milliarden Euro aus der Brüsseler Kasse erhalten. In der Vergangenheit erschütterten jedoch immer wieder Skandale über den Missbrauch der EU-Gelder im Umfeld der regierenden Fidesz-Partei das Land. Transparency International hatte Ungarn zuletzt den 66. Platz der korruptesten Länder der Welt zugewiesen – noch hinter Ruanda, Jordanien oder Kuba. Innerhalb der Europäischen Union ist nur in Bulgarien, dem ärmsten Land der EU, Bestechung und Vorteilsnahme noch weiter verbreitet.

Doch dem Wahlerfolg von Orbán hat das alles nicht geschadet, wie die Wahlen abermals bewiesen haben. Der Wahlsieger hat nun freie Hand. Vor allem die liberalen Nichtregierungsorganisationen des aus Ungarn stammenden Finanzunternehmers George Soros werden sich auf harte Zeiten einstellen müssen.

Denn die gemeinnützigen Organisationen des Milliardärs fürchten ein von Orbán angekündigtes Anti-NGO-Gesetz, das Ende Februar erstmals im Parlament diskutiert wurde. Demnach brauchen Nichtregierungsorganisationen für Flüchtlinge künftig vom ungarischen Innenministerium eine Genehmigung, die bei einem Risiko für die nationale Sicherheit entzogen werden kann.

Außerdem müssen NGOs nachweisen, dass ihre Gelder nicht zur Förderung von Migration dienen, ansonsten droht ihnen eine 25-prozentige Sondersteuer. Die daraus resultierenden Einnahmen sollen dem ungarischen Grenzschutz zu Gute kommen. NGO-Mitarbeitern können Platzverweise erteilt werden, wenn ihnen Sicherheitsinteressen Ungarns entgegenstehen. Vor der Wahl kündigte der Sprecher der Open Society von Soros an: „Wir haben keine Absicht das Land nach so vielen Jahrzehnten zu verlassen.“ Doch darüber trifft jetzt Orbán allein die Entscheidung.