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Der Optimismus der Wirtschaft schwindet

Der zunehmende Protektionismus hält die Exportwirtschaft von Investitionen ab. Ökonomen senken daher ihre Wachstumsprognosen.

Noch im März war der Optimismus der Konjunkturbeobachter ungebrochen: Der Boom würde sich in seinem neunten Jahr in Deutschland noch beschleunigen, lautete die einhellige Erwartung der Ökonomen in den Wirtschaftsforschungsinstituten.

Auch im April, als das Statistische Bundesamt für das erste Quartal nur noch eine gegenüber Ende 2017 halbierte Wachstumsrate von 0,3 Prozent meldete, überwog die Zuversicht: Eine kleine Delle sei das, ausgelöst von langen Weihnachtsferien, Streiks und der heftigen Grippewelle.

In dieser Woche zeigt sich jedoch: Das schwache Wachstum markiert wohl nicht nur eine Delle in einer sonst immer steiler nach oben zeigenden Wachstumslinie. „Gewitterwolken“ sieht Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser aufziehen, mit ein wenig Hoffnung darauf, dass sie sich nicht entladen mögen. RWI-Chefökonom Roland Döhrn klingt pessimistischer: „Das außenwirtschaftliche Klima ist rauer geworden“, stellt er fest. Zuvor hatten bereits das Berliner DIW und das IWH in Halle ihre Prognosen gesenkt.

Die Ursache für den Dämpfer sehen alle Forscher in der Politik von US-Präsident Donald Trump. „Selbst wenn nur kleine Teile des deutschen Exports von den durch die USA verhängten Zöllen betroffen sind, dürfte das Aufkeimen des Protektionismus negativ auf das Exportklima wirken“, sagte Döhrn. Die Unternehmen agierten dann vorsichtig, Erweiterungen von Fabriken fänden nicht statt.

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Die wachsende Sorge vor einem Handelskrieg lässt die Unternehmen bereits jetzt weniger investieren als im letzten Jahr. „2017 war die Weltkonjunktur in Fahrt gekommen, die Investitionen stiegen, die Exporte legten zu“, beschrieb Wollmershäuser den Grund, warum alle Konjunkturbeobachter im Frühjahr noch so optimistisch auf das deutsche Wachstum geschaut hatten. Davon ist wenig übrig. Die Exporte sind deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Die aktuellen Prognosen dieser Woche lauten deshalb auch nur noch 1,8 oder 1,9 Prozent für dieses Jahr, nach zweieinhalb Prozent im März. Auch die Bundesbank beurteilt die außenwirtschaftliche Lage als unsicherer, sie senkte ihre Prognose am Freitag von 2,5 auf 2,0 Prozent.

„Das Timing könnte jetzt passen“

Von Abschwung allerdings spricht keiner der Ökonomen. Sie sehen weiterhin eine anhaltende Hochkonjunktur; jetzt aber ohne die Kraft zur weiteren Beschleunigung des Wachstums. Die Binnenkonjunktur in Deutschland erweist sich dabei als Konjunkturstütze. Weil in einigen Branchen Fachkräfte fehlen, steigen die Löhne und damit der Konsum. Zusätzliche Arbeitsplätze entstehen ebenfalls; in diesem und nächstem Jahr zusammen etwa 900.000. „Jeder zehnte neue Arbeitsplatz wird mit einem Flüchtling besetzt“, so Wollmershäuser. Von einer „andauernden Hochkonjunkturphase“ spricht auch die Bundesbank.

Zur guten Binnenkonjunktur trägt 2019 die Große Koalition mit niedrigeren Sozialabgaben bei. „Das Timing könnte jetzt passen“, meinte Wollmershäuser. Zu Jahresbeginn hatten die Ökonomen den Konjunkturimpuls mitten in Boom noch skeptisch beurteilt, jetzt erwarten sie einen durchaus willkommenen Mini-Anschub. Das RWI allerdings rechnet trotzdem 2019 nur mehr mit 1,5 Prozent Wachstum: Döhrn befürchtet, dass der Handelsstreit nicht nur eine vorüberziehende Gewitterwolke ist, sondern eine dauerhaftere Abkühlung auslösen wird.

Dafür spricht, dass aktuell auch die Konjunkturprognosen in vielen anderen Euro-Staaten nach unten korrigiert werden. Auch hier ist das Exportrisiko Trump der Grund. Der Ifo-Geschäftsklima-Index verzeichnete zuletzt pessimistischere Geschäftserwartungen in der Exportwirtschaft Europas – bei steigender Stimmung in den USA.

Wollmershäuser hält es denn auch für möglich, dass in der deutschen Exportindustrie gerade das große Nachdenken über die eigenen Wertschöpfungsketten begonnen hat: Wer ohnehin in den USA produziert, könnte Fertigung dorthin verlagern, um von der Steuersenkung in den USA zu profitieren und Strafzölle zu vermeiden. Wenn es dazu käme, wird Wollmershäuser seine Prognose weiter nach unten korrigieren: „In unserer Prognose steckt eine Erholung der Weltwirtschaft“, sagte er.

Die Europäer könnten allerdings einiges tun, um der wachsenden Unsicherheit in der Wirtschaft entgegenzuwirken: Wenn die neue Regierung in Italien nicht das angekündigte große Geldverteilen startet und wenn der EU-Gipfel Reformen zur Stabilisierung der Euro-Zone beschließen würde, wäre dies „gut für die Konjunktur im Euro-Raum“, so Wollmershäuser. Ein gemeinsames Vorgehen in der Flüchtlingskrise und ein beherztes Umsetzen der Europäischen Verteidigungsunion wären ebenfalls Signale für einen stärkeren europäischen Zusammenhalt. Das würde das Zukunftsvertrauen der Unternehmen stärken. Mehr Vertrauen führt aus Konjunkturexpertensicht zu mehr Investitionen und Wachstum.