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Opels Deal mit Segula droht zu scheitern

Das Ziel des Autobauers, dass 2000 Ingenieure zu den Franzosen wechseln, ist Makulatur. Weder die Zeit- noch die Personalpläne lassen sich halten.

Monatelang wurde um das technologische Herzstück von Opel gerungen. Vor zwei Wochen einigten sich Geschäftsführung und Betriebsrat dann darauf, wie die hohen Überkapazitäten im Entwicklungszentrum ITEZ abgebaut werden sollen.

Der Friedenspakt besagt: 2000 von 6500 Ingenieuren und Facharbeiten, die aktuell für Opel an den Innovationen von morgen tüfteln, werden das Unternehmen verlassen. Sie haben dabei allerdings ein Wahlrecht: Entweder sie wechseln wie bislang vorgesehen zum französischen Entwicklungsdienstleister Segula, oder sie verabschieden sich über Altersteilzeit, Vorruhestand sowie Abfindungen.

Martin Lange, Deutschlandchef von Segula, reagierte erleichtert auf die Einigung: „Die Blockade ist gelöst“, frohlockte er. „Wir werden im zweiten Quartal den Engineering-Campus in Rüsselsheim aus der Taufe heben.“

Der Manager zeigte sich davon überzeugt, ausreichend Opelaner für sein Vorhaben gewinnen zu können. „Gut wären 1500 oder mehr“, sagte Lange.

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Tatsächlich deutet aber vieles darauf hin, dass der Statthalter des Familienunternehmens aus Nanterre bei Paris nur einen Bruchteil des avisierten Personals zu sich lotsen dürfte. Und auch die Zeitpläne sind längst Makulatur.

Seit 1. April können die Opelaner zwischen den unterschiedlichen Varianten wählen. Nach Informationen des Handelsblatts aus Konzernkreisen haben bereits mehr als tausend Mitarbeiter einen Beratungstermin vereinbart, um Opel zu verlassen. Sie interessieren sich für die drei Programme zum freiwilligen Personalabbau, nicht aber für Segula.

Nun lässt sich von Beratungsgesprächen zwar nicht letztgültig schlussfolgern, wie viele Opelaner tatsächlich Abfindungen annehmen werden oder in den Vorruhestand gehen. Aber sie sind ein deutliches Indiz dafür, dass die Bereitschaft hoch scheint, Segula die Rote Karte zu zeigen, heißt es in Konzernkreisen.

Segula-Deutschlandchef Lange wirbt freilich unbeirrt für sein Projekt. Er will Segula mit den Opel-Ingenieuren zu einem „Generalentwickler für Fahrzeuge“ weiterentwickeln und rasant wachsen. In großformatigen Anzeigen in Lokalzeitungen wirbt er um Vertrauen und lädt zu „Coffee Talks“ im Opel-Entwicklungszentrum.

Zumindest bei einigen alteingesessenen Opelanern kommt das gar nicht gut an. Lange beschreiben sie vielfach als „arrogant“. Sie stört, dass Segula zwar das Lohngefüge und den Kündigungsschutz von Opel bis 2023 übernehmen will, aber nicht den Flächentarifvertrag der IG Metall.

Der Entwurf eines Tarifvertrags, der die IG Metall zuletzt erreichte, sei ein „nicht verhandlungsfähiges Angebot“, heißt es in Gewerkschaftskreisen. „Segula – go home!“, schleuderten die Vertrauensleute der IG Metall daher Segula jüngst in einer Resolution entgegen.

Über das gezielte Abwerben von Führungskräften wie Rudi Spiess, der aktuell als Executive Director die Produktion im ITEZ verantwortet, versucht Lange nun, die Fronten in der Belegschaft aufzubrechen.

Rund 100 direkte Bewerbungen und mehr als 200 Interessenten hätten sich bisher bei Segula gemeldet, erklärt ein Firmensprecher. Die Franzosen sehen das als Erfolg. Doch wählen weit mehr als tausend Opelaner tatsächlich eine andere Option, steht die ganze Transaktion infrage.

„Wir sind gekommen, um zu bleiben“

Sicher ist: Die Zahl der Opelaner, die das ITEZ verlassen sollen – ob zu Segula, in Rente oder zu anderen Unternehmen –, ist auf 2030 Beschäftigte gedeckelt. Alle, die eine Abfindung annehmen, können nicht direkt anschließend zu Segula wechseln. „Diese Option ist nicht vorgesehen“, erklärt ein Opel-Sprecher. Je weniger Mitarbeiter zu Segula wechseln, desto fragwürdiger wird der gesamte Deal samt seinen Konditionen.

Opel hat die Transaktion laut dem Geschäftsbericht des französischen Mutterkonzerns PSA (Peugeot, Citroën) 2018 bereits zehn Millionen Euro gekostet. In den nächsten Jahren will Opel seinem potenziellen Partner Segula zudem eine Mitgift in der Höhe von 300 Millionen Euro gewähren. Im Konzern werden allmählich Fragen laut, wofür eigentlich.

Gewerkschaft und Betriebsrat stehen ohnehin auf dem Standpunkt, dass die Franzosen auf dem Firmengelände obsolet sind und die Überkapazitäten auch über andere Wege abgebaut werden können. Will Opel um jeden Preis den Deal mit Segula durchziehen?

Die Franzosen bekunden jedenfalls, weitermachen zu wollen: „Wir sind gekommen, um zu bleiben“, sagt ein Sprecher. Falls sich zu wenig Opelaner rekrutieren lassen, will Segula als Plan B offenbar Fachkräfte am freien Markt anwerben, um eine kritische Größe für den avisierten Ingenieurscampus zu erlangen.

Klar ist aber: Es wird alles länger dauern als gedacht. Ursprünglich wollten Opel und Segula schon Ende Mai das Closing ihrer Partnerschaft besiegeln. Durch die Fristen in dem dreistufigen Wahlverfahren und zusätzlichen bürokratischen Aufwand wird daraus aber nichts, heißt es in Konzernkreisen.

Im ersten Schritt haben die Opelaner jetzt drei Wochen Zeit, um zwischen Segula und den anderen Optionen zu wählen. Ausgenommen sind lediglich die Beschäftigten aus den Bereichen Design und Werkzeugbau sowie einige Schlüsselkräfte.

In einem zweiten Schritt kann die Geschäftsführung Beschäftigten, die für einen Betriebsübergang zu Segula infrage kommen, noch mal die Wahlmöglichkeit einräumen, heißt es in einer internen Opel-Präsentation, die dem Handelsblatt vorliegt. Die Angebotsdauer beträgt zwei Wochen.

Erst in einem dritten Schritt werden all jene, die in den ersten beiden Stufen keine andere Option gewählt haben, einem neu zu gründenden Betrieb zugeordnet, „der später Segula übertragen werden soll“, wie es in der Präsentation heißt. Doch selbst dann steht den Beschäftigten noch eine Widerspruchsfrist von vier Wochen zu – allerdings haben sie da keinen Anspruch mehr auf eine Abfindung.

Alles in allem wird sich das Prozedere bis mindestens Ende Juni hinziehen. Die Folge: Statt im zweiten Quartal wird das Closing frühestens im dritten Quartal erfolgen – wenn überhaupt.