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Opel plant „dramatische“ Einschnitte bei der Altersvorsorge

Der Autobauer will die lukrative Opel-Rente kürzen. Mitarbeiter sollen die Altersvorsorge künftig selbst finanzieren. Der lebenslange Anspruch wackelt.

Eine Reform der betrieblichen Altersversorgung sorgt für Zündstoff beim Autobauer. Foto: dpa
Eine Reform der betrieblichen Altersversorgung sorgt für Zündstoff beim Autobauer. Foto: dpa

Je brisanter der Inhalt, desto nebulöser drückt sich Opel-Personalchef Ralph Wangemann für gewöhnlich aus – so wie im Sommer 2020. Damals wandte sich der Arbeitsdirektor des Autobauers direkt per Rundmail an seine 15.000 Mitarbeiter in Deutschland.

Um Opel zukunftssicher aufzustellen, sei eine „grundlegende Modernisierung“ der betrieblichen Altersversorgung „zwingend erforderlich“, schrieb Wangemann an seine Truppe. Die derzeitige Opel-Rente sei leider ein „gewichtiger Kostenfaktor“ und müsse angesichts von Coronakrise und Strukturwandel auf ein marktgerechtes Niveau zurechtgestutzt werden.

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Wie genau Wangemann die Betriebsrente bei Opel „modernisieren“ will, ließ der Manager monatelang offen. Vor Kurzem erhielten die Arbeitnehmervertreter aber erstmals Einsicht in ein Konzept, das die Opel-Geschäftsführung von externen Beratern erstellen ließ. Nun ist die Aufregung groß.

Der Entwurf sehe nichts anderes als „eine dramatische Verböserung des bisherigen Betriebsrentensystems“ bei Opel vor, schreibt der Betriebsrat in einem internen Flugblatt, das dem Handelsblatt vorliegt. Der Fachbegriff „Verböserung“ steht in diesem Zusammenhang sinngemäß für eine erhebliche Verschlechterung oder Kürzung.

Laut Betriebsrat will Personalchef Wangemann über einen „Systemwechsel“ deutliche Einsparungen bei der Altersvorsorge erzielen. Konkret schwebt ihm vor, dass die Beschäftigten die Opel-Rente künftig „zu wesentlichen Teilen“ über ihr Gehalt selbst finanzieren sollen. Aktuell werden die Beiträge ausschließlich vom Fahrzeughersteller bezahlt.

Opel erklärte dazu am Freitag auf Anfrage: „Die Opel-Betriebsrente wird auch in Zukunft ein wesentlicher Bestandteil der persönlichen Altersversorgung sein. Bereits erworbene Versorgungsanwartschaften werden nicht gekürzt.“

Gleichwohl bestätigt Opel, dass die Versorgung künftig auf „gemeinsamen Beiträgen von Opel und seinen Mitarbeiterinnen beziehungsweise Mitarbeiter beruhen“ soll. Dies sei bei vielen anderen Unternehmen in der deutschen Wirtschaft bereits ein wesentliches Gestaltungselement bei der Betriebsrente. „Diesem Trend wollen wir uns nicht entziehen“, teilte Opel mit.

Jährliche Verzinsung könnte wegfallen

Der Autobauer will laut dem Betriebsrats-Schreiben zudem die sogenannte „Dynamisierung der Besitzstände“ beenden. Das hätte zur Folge, dass die Beiträge zur Altersversorgung nicht mehr automatisch jedes Jahr steigen, etwa um die Inflation auszugleichen, sondern auf einem bestimmten Niveau eingefroren würden. Dadurch fallen im Endeffekt auch die Betriebsrenten geringer aus.

Auch demografische Risiken will Opel minimieren, beispielsweise indem der Anspruch auf eine lebenslange Betriebsrente entfällt. Dies beträfe vor allem Beschäftigte, die schon mindestens seit dem Jahr 1995 für Opel arbeiten.

In Summe strebt Wangemann offenbar eine Umstellung der Altersvorsorge auf ein „kapitalmarktorientiertes System“ an, bei dem die Verzinsung von der „Fondsperformance“ abhängt. Aktuell garantiert Opel seinen Mitarbeitern dagegen eine jährliche Verzinsung von fünf Prozent bei der Altersvorsorge.

„Würde ein solcher Systemwechsel vollzogen, könnte es den Opel-Beschäftigten wie vielen Rentnern in den USA in der Finanzkrise 2008 ergehen“, warnt der Betriebsrat in seinem Flugblatt: „Bei einer Krise könnte die Fondsperformance dann gegen null laufen, und es stünde nur ein schmaler Kapitalbetrag zum Renteneintritt zur Verfügung.“ Damals hätten viele US-Arbeiter ihren Eintritt in die Rente verschieben müssen und zunächst weitergearbeitet.

Opel-Arbeitnehmervertreter: Einschnitte „nicht vertretbar“

Um solch ein Szenario bei dem Autobauer zu verhindern, stemmen sich die Arbeitnehmervertreter vehement gegen eine Kürzung der Opel-Rente. Eine Verböserung der Altersvorsorge sei „nicht vertretbar“, argumentiert der Betriebsrat. Der Autobauer verfüge zudem bereits über ein modernes Betriebsrentensystem.

Das Opel-Management sieht das gänzlich anders. Der Grund: Im aktuellen Niedrigzinsumfeld muss der Autobauer jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag alleine für den Ausgleich der hohen Garantieverzinsung bei der Altersvorsorge aufbringen.

Das Thema ist hochsensibel und sehr komplex. Bei Opel gilt es, zwei Fallgruppen voneinander zu unterscheiden. So können sich Beschäftigte, die vor 1996 in das Unternehmen eingetreten sind, auf eine Gesamtzusage berufen. Hier dürfte sich das Opel-Management äußerst schwertun, Einschnitte durchzusetzen.

Schon eher vorstellbar sind Kürzungen bei der Altersvorsorge bei allen Mitarbeitern, die erst später zu der Marke gestoßen sind. Schließlich sind deren Betriebsrentenansprüche lediglich in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Doch auch hier gibt es „hohe Anforderungen“ für Eingriffe, betont der Betriebsrat.

Arbeitnehmer und Management streiten um gewaltige Summen. Opel beziffert das Pensionsvermögen seiner Mitarbeiter in Deutschland in 2019 auf 2,8 Milliarden Euro. Verwaltet wird das Geld von der Allianz Treuhand GmbH.

Opel-Verkäufe um 35 Prozent eingebrochen

Weil die Opel-Rente schon mal um ein Drittel oder gar die Hälfte höher liegen kann als die gesetzliche Rente, verteidigt das Arbeiterlager einen seiner zentralen Besitzstände vehement, heißt es in Gewerkschaftskreisen. Zugleich ist die Führungsriege um Markenchef Michael Lohscheller und Arbeitsdirektor Wangemann entschlossen, Anpassungen bei der Opel-Rente durchzusetzen. In Rüsselsheim geht es erkennbar ans Eingemachte.

Nicht zuletzt, weil der Autobauer besonders stark von der Coronakrise getroffen wurde. Opel konnte im vergangenen Jahr lediglich 633.000 Autos weltweit verkaufen. Das entspricht einem Rückgang im Vergleich zu 2019 von 35 Prozent. Besonders bitter: Der Absatz des Opel-Flaggschiffs, der margenstarken Limousine Insignia, hat sich mehr als halbiert.

Seit Mitte Januar gehört Opel zu dem Autokonglomerat Stellantis, das aus der Fusion von Peugeot S.A und Fiat-Chrysler hervorgegangen ist. Die Sorge in der Opel-Belegschaft ist groß, in dem neuen Koloss aus 14 Marken langfristig zerrieben zu werden.

So könnte Opel etwa die Entwicklungskompetenz für leichte Nutzfahrzeuge im Stellantis-Verbund an Fiat verlieren. Dem Rüsselsheimer Entwicklungszentrum ITEZ ginge damit eine zentrale Aufgabe verloren. Finale Beschlüsse dazu gibt es aber nicht.