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Öl-Allianz Opec plus verlängert Förderkürzungen – Druck auf Trittbrettfahrer steigt

Die Allianz der Ölexportstaaten weitet die beschlossenen Förderkürzungen auf den Juli aus. Für jene Mitglieder, die die Drosselung nicht einhielten, könnte es ungemütlich werden.

Die Allianz der Ölexportstaaten „Opec plus“ will ihre Ölproduktion weiterhin auf einem historisch niedrigen Niveau halten. Demnach einigten sich die 23 Mitgliedsstaaten am Samstag darauf, die im April beschlossenen Förderkürzungen von 9,7 Millionen Barrel (rund 159 Liter) pro Tag auch im Juli fortzusetzen.

Es geht darum, den Markt „zu stabilisieren“, teilte die Ölförderländer zum Abschluss ihrer Gespräche mit. Auch Russlands Energieminister Alexander Nowak verbreitete Optimismus nach der Opec-plus-Konferenz. „Wir sehen einen positiven Effekt der gemeinsamen Handlungen. Der Markt ist aber immer noch in einem fragilen Zustand und braucht Unterstützung“, zitierte die russische Nachrichtenagentur Tass Nowak.

Dem Deal zufolge nehmen die Ölexportstaaten um Saudi-Arabien und Russland weiterhin rund zehn Prozent der weltweiten Ölproduktion vom Markt. Zudem sollen die Länder, die die im April vereinbarte Drosselung im Mai und Juni nicht einhielten, dies mit zusätzlichen Kürzungen von Juli bis September ausgleichen. An dem virtuellen Treffen am Samstag hatten auch die früheren Opec-Länder Ecuador und Indonesien sowie Trinidad und Tobago als Beobachter teilgenommen.

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Die Opec plus hatte sich im April nach zähen Verhandlungen zu einem historischen Deal durchgerungen, in dem sich die Mitgliedsstaaten verpflichteten, ihre Produktion so stark wie noch nie in der Geschichte des Ölkartells zu drosseln. Der Deal war nötig geworden, weil in der Coronakrise die Ölnachfrage massiv eingebrochen war.

Die Folge war ein Überangebot von Rohöl auf dem Weltmarkt, das die Preise ins Bodenlose stürzen ließ. Verstärkt wurde der Einbruch der Ölpreise durch eine wochenlange Rabattschlacht zwischen Saudi-Arabien und Russland.

Doch mittlerweile haben sich Saudi-Arabien und Russland wieder auf eine gemeinsame Strategie verständigt, wie sie die Ölpreise stützen wollen. Für beide Länder sind Ölpreise von um die 40 Dollar noch immer deutlich zu niedrig. Auch die meisten anderen Opec-Staaten können zu diesen Preisen ihre Staatshaushalte nicht finanzieren.

Kurzfristige Unterstützung

Ursprünglich sollten die Produktionskürzungen ab Juli schrittweise zurückgenommen werden. Doch bei den Opec-Verhandlungen am Samstag konnten Saudi-Arabien Russland und die übrigen Opec-plus-Länder überzeugen, die Einschnitte noch vier Wochen länger aufrecht zu erhalten. Am Markt kam die Entscheidung gut an. Ölexperte Bjornar Tonhaugen von der norwegischen Energieagentur Rystad Energy sagte: „Der heutige Deal ist eine positive Entwicklung und wird das Rückgrat einer schnellen Erholung für die Energiewirtschaft sein, sofern nicht eine zweite Covid-19-Welle die Welt trifft.“

Der Optimismus in den Reihen der Opec plus ist ebenfalls zuletzt größer geworden. „Diese Anpassungen haben dem Markt die dringend benötigte Entlastung gebracht, und wir haben eine vorsichtige Erholung erlebt“, sagte der algerische Energieminister und Vorsitzende der Opec-Konferenz, Mohamed Arkab.

Schon die Aussicht auf diesen Kompromiss erzielte die Wirkung, die die Opec erreichen wollte: Die Ölpreise kletterten bereits am Freitag in der Spitze um fünf Prozent. Die Nordseesorte Brent kostete erstmals seit März wieder mehr als 42 Dollar pro Barrel. Seit Anfang Mai steig der Preis für Brent-Öl um rund 44 Prozent.

Auch aus Sicht von Warren Patterson, Rohstoffstratege der ING Bank, könnte der Opec-Deal die Preise kurzfristig weiter stützen. An seiner langfristigen Ölpreisprognose ändere das jedoch nichts: „Wir erwarten weiterhin einen Preis von 50 Dollar pro Barrel für Brent-Öl zum Jahresende.“

Allerdings stand auch dieser Kompromiss kurzzeitig auf der Kippe. Anders als bei den jüngsten Opec-plus-Treffen lag das jedoch nicht an einem Disput zwischen Saudi-Arabien und Russland. Vielmehr gerieten diesmal jene Länder in den Fokus, die den Deal zwar formal mitgetragen, sich jedoch nicht an die Förderkürzungen gehalten haben. Das waren zuletzt der Irak, immerhin drittgrößter Opec-plus-Produzent, sowie Nigeria, Kasachstan und Angola.

Rohstoffstratege Patterson bestätigt: „Die mangelnde Compliance einer Handvoll Produzenten hat die Verhandlungen beeinträchtigt.“ Russland und Saudi-Arabien seien nicht länger bereit, Einschnitte vorzunehmen, wenn sich andere Opec-plus-Mitglieder nicht daran halten.

Mexiko entschied allerdings, die Verlängerung nicht mitzumachen. Energieministerin Rocío Nahle Journalisten nahm gar nicht erst an der Videokonferenz teil, sondern besichtigte zusammen mit Präsident Andrés Manuel López Obrador eine petrochemische Anlage. Auf Twitter betonte sie jedoch, das nordamerikanische Land bleibe für Dialog offen. Der Schritt Mexikos aus der Opec plus auszuscheren, kommt nicht überraschend. Schon bei der von der Opec plus vereinbarten Produktionsreduzierung im April setzt Mexiko durch, statt 400.000 Fass die Förderung nur um 100.000 Barrel zu kürzen. Die Entscheidung des Landes hat angesichts des geringen Volumens allerdings keinen nachhaltigen Einfluss auf den Ölmarkt.

Das Problem der Trittbrettfahrer ist beinahe so alt wie die Opec selbst. Denn einzelne Mitglieder haben den Anreiz, niedrige Produktionsquoten abzusegnen, um die Preise zu stützen, nur um dann mit den höheren Preisen ein paar Millionen zusätzlich zu verdienen. Bereits seit Jahren fallen der Irak, Nigeria oder Kasachstan damit auf, dass sie deutlich mehr produzieren, als es ihre im Opec-Deal vereinbarten Quoten zulassen würden.

Beinahe ein Ritual innerhalb der Opec sind die Ausreden der jeweiligen Ölminister, die häufig technische Probleme dafür verantwortlich machen, dass ihr Land mehr Öl fördert als zugesagt. Doch nie waren die Einschnitte größer, die sich die Opec auferlegt hat. Daher ist auch die Geduld von Saudi-Arabien, das den Löwenanteil der Kürzungen schultert, mit den Trittbrettfahrern aufgebraucht.

Das verdeutlichen schon die Dimensionen: Das Königreich könnte leicht 12,5 Millionen Barrel pro Tag fördern, hat die Produktion jedoch auf 7,5 Millionen Barrel pro Tag begrenzt. Damit übersteigen die selbst auferlegten Produktionskürzungen der Saudis die komplette irakische Ölproduktion.

Harte Strafen

Das Königreich drang daher im Vorfeld der Verhandlungen darauf, dass der Irak, Nigeria und andere Trittbrettfahrer in den kommenden Monaten ihre Produktion noch stärker zurückfahren, um die Schummeleien der vergangenen Wochen auszugleichen. Aus Sicht von Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst der Commerzbank, würde das die Glaubwürdigkeit des Opec-Deals erhöhen: „Eine solche Strafe würde sicherlich die Förderdisziplin der Opec selbst und das Marktvertrauen in die Opec stärken.“

Der Irak und Nigeria gelobten zuletzt Besserung. Dabei verschärfen die wegbrechenden Öleinnahmen die politische Instabilität der Länder weiter. Opec-Generalsekretär Mohammed Sanusi Barkindo versuchte in Wien Zuversicht zu verbreiten. „Wir hoffen, das Schlimmste ist hinter uns“, sagte der gebürtige Nigerianer. Doch er warnte zugleich: „Die Zahlen unterstreichen, dass wir unseren Fuß auf dem Gaspedal und die Hände fest am Lenkrad halten müssen. Wir können nicht selbstgefällig werden und glauben, dass unsere Arbeit erledigt ist.“

Eine Möglichkeit, Trittbrettfahrer zu bestrafen, gibt es innerhalb der Opec nicht. Doch die Saudis haben informelle Wege, etwa den Irak zum Einlenken zu bewegen. So können sie damit drohen, dass der staatliche Ölkonzern Saudi Armaco Investitionen im Irak kürzt. Und das schärfste Schwert wäre es, den Deal platzen zu lassen und die Ölpreise erneut auf Talfahrt zu schicken.

Zwar käme das auch Saudi-Arabien teuer zu stehen. Doch das Königreich kann einen erneuten Preissturz wesentlich besser verkraften als die angeschlagenen Staaten Irak und Nigeria.

Gegen einen anderen Trittbrettfahrer kann sich die Opec jedoch nicht wehren: die amerikanische Schieferölindustrie. Die US-Ölförderer litten besonders unter den niedrigen Preisen, viele mussten Investitionen kappen, Ölquellen stilllegen, einige beantragten sogar Insolvenz. Daher begrüßten die USA Verlängerung der Förderkürzung, wie der amerikanische Energieminister Dan Brouillette am Samstag mitteilte.

Die anziehenden Ölpreise scheinen auch den Abschwung der US-Ölindustrie gebremst zu haben. Es gibt bereits erste Anzeichen, dass einige US-Firmen ihre kurzfristig stillgelegte Produktion wieder hochfahren. Mit einer wieder steigenden Produktion in den USA könnte der jüngste Preisauftrieb schnell zunichte gemacht werden