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Onlinehandel ist auch in der Coronakrise kein Selbstläufer

Wenn jetzt zahlreiche Läden schließen müssen, gilt vielen der E-Commerce als Rettungsanker. Doch längst nicht alle Händler können davon profitieren.

Media Markt und Saturn haben alles versucht. Weil sie in immer mehr Ländern ihre Filialen schließen müssen, haben beide Unternehmen alle Vertriebsaktivitäten auf die Onlinekanäle fokussiert. In ihren Webshops bewerben sie Ausstattungen für das Homeoffice. Doch das Mehrgeschäft im Netz reicht nicht. Die Muttergesellschaft Ceconomy hat jetzt die Prognosen für Umsatz und Gewinn einkassiert.

Auch Adidas musste seine Läden schließen und versucht jetzt verzweifelt, die Frühjahrskollektion über seinen Webshop an die Kunden zu bringen. Doch das ist alles andere als ein Selbstläufer. Mit Rabatten von bis zu 50 Prozent bietet Adidas die Ware an, um zumindest einen Teil zu verkaufen, bevor die Sommerkollektion nachdrängt.

Die beiden Konzerne stehen exemplarisch für zahllose Handelsunternehmen. „Händler, die schon Multichannel betreiben, können jetzt Umsatz auf E-Commerce umschichten“, sagt Nils Zündorf, E-Commerce-Experte der Agentur faktor-a. „Den verlorenen Umsatz aus den Filialen wird aber niemand über online kompensieren können“, warnt Zündorf, der Händler beim Verkauf auf Plattformen wie Amazon berät.

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Auch bei reinen Onlinehändlern ist keine Goldgräberstimmung ausgebrochen. „Die Bestellungen im Onlinehandel gehen hoch, aber sie explodieren nicht“, beobachtet Zündorf. Als die Regierungen Anfang der Woche die drastischen Maßnahmen verkündet haben, hätten sich auch die Kunden im Netz erstmal zurückgehalten, beobachtete er. „Alle sortieren sich neu, aber es ist zu erwarten, dass die Onlinebestellungen wieder deutlich anziehen.“

Umfragen unter Onlinehändlern zeigen entsprechend ein sehr gemischtes Bild. Während einzelne Händler von Umsatzzuwächsen von bis zu 200 Prozent berichten, melden andere sogar sinkende Umsätze. So haben von 135 Onlinehändlern, die der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel in der zweiten März-Woche befragt hat, 41 Prozent von einem Nachfragerückgang berichtet.

Ein ähnliches Bild zeigte eine Umfrage des Händlerbunds, der zehntausende von kleinen Onlinehändlern vertritt. Bei einer Befragung seiner Mitglieder, an der 412 Händler teilnahmen, sprachen 55 Prozent von Einbußen im Geschäft. Nur 9 Prozent gaben an, dass sie von der Coronakrise geschäftlich profitierten.

Mode ist wenig gefragt

Die Nachfrage im Onlinehandel hängt stark von der Produktkategorie ab. Das belegen die Suchanfragen auf Amazon. „Direkt nach Ausbruch der Pandemie hatten 80 Prozent der Top-50-Anfragen auf Amazon mit Corona zu tun. Jetzt sind es immer noch 40 Prozent“, berichtet Jan Bechler, Gründer und Geschäftsführer der Agentur finc3 Commerce, die Unternehmen wie Bosch, Bahlsen oder Unilever beim Handel auf Internetmarktplätzen berät.

Am meisten profitieren so beispielsweise Hygieneartikel, aber auch Nahrungsergänzungsmittel, die eine Stärkung der Immunabwehr versprechen. Gute Geschäfte machen auch Verkäufer von Haus- und Gartenartikeln, Spielzeug, Fitnessgeräten, Lebensmitteln und Baumarktprodukten.

An neue Klamotten denken dagegen in der aktuell angespannten Situation nur wenige. Im Bereich Textilien seien die Online-Umsätze bereits um 20 bis 30 Prozent zurückgegangen, berichtet Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE).

Eine Chance, Onlineumsätze zu machen, haben ohnehin nur die Händler, die bereits im Internet aktiv sind. „Händler, die jetzt noch gar nicht Onlinehandel betreiben, haben kaum eine Chance, auf den E-Commerce auszuweichen, wenn sie ihren Laden schließen müssen“, erklärt E-Commerce-Experte Bechler. „Das ist ein umfangreiches und langwieriges Verfahren bis sie das technisch eingerichtet, ihre Warenwirtschaft angeschlossen und die Logistik organisiert haben.“ Einen Webshop neu aufzumachen oder einen Shop auf einem Marktplatz einzurichten dauere mindestens ein Quartal.

Durch das gestiegene Angebot im Netz wird es aber auch für reine Onlinehändler auch immer schwieriger, von den Kunden überhaupt wahrgenommen zu werden. „Viele Händler und Hersteller fahren zurzeit ihre Werbebudgets auf den Marktplätzen hoch“, sagt E-Commerce-Experte Bechler. „Wer jetzt nicht in Marketing investiert, droht Umsätze zu verlieren“. Man sehe bereits, dass die Kosten per Click für Anzeigen auf den Marktplätzen in vielen Segmenten steigen.

Mitarbeiter in Schutzanzügen

Und die Nachfrage ist nur die eine Seite. Auch bei den Onlinehändlern haben die Auswirkungen der Coronakrise zu einem deutlichen Anstieg der Kosten geführt. Kern ist dabei in der Regel, die Sicherung der Logistik und des eigenen Lagers.

„Wir arbeiten jetzt im Lager in einem Drei-Schicht-Betrieb rund um die Uhr“, berichtet Boris Häfele, Geschäftsführer von Roast Markets, Deutschlands größtem Onlinefachhändler für Kaffee. 20 neue Lagermitarbeiter hat er eingestellt, um den Betrieb auch in der neuen Situation reibungslos am Laufen zu halten.

Alle Mitarbeiter arbeiten jetzt mit Schutzanzügen, alle zwei Stunden müssen die Handschuhe gewechselt werden. Zwischen den Schichten wird eine Pause eingelegt, in der ein professioneller Dienstleister das Lager desinfiziert. „Das sind für uns immense Zusatzkosten“, sagt Häfele.

Auf der anderen Seite bekommt er durch die Krise auch viele neue Kunden. Rund 16 Milliarden Euro geben die Deutschen jedes Jahr für fertigen Kaffee in Cafés und Restaurants aus. Von diesem Geschäft hofft Häfele jetzt einiges zu sich zu ziehen, wenn die Menschen zuhause bleiben müssen. Doch er weiß auch: „Wie viele Menschen ihr Verhalten langfristig ändern werden, ist offen.“ Der Umsatzzuwachs, den er spürt, könne auch temporär sein. Deshalb ist er vorsichtig, seine Kapazitäten zu schnell auszuweiten.

Wovor alle Händler – egal ob stationär oder online – Angst haben: Dass die Krise so lange anhält, dass die Verbraucher allgemein ihre Konsumausgaben einschränken. Jetzt schon halten sich die Konsumenten mit dem Kauf von Luxuswaren und sehr teuren Produkten im Netz zurück.

„Wenn die Wirtschaft über mehrere Wochen runtergefahren wird, könnte sich doch eine allgemeine Kaufzurückhaltung entwickeln“, warnt Handelsexperte Bechler. „Menschen, die in Kurzarbeit sind oder um ihren Job fürchten, dürften ihr Geld eher zusammenhalten.“