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Nach Blackstone-Einstieg und Boykottaufrufen kämpft der Oatly-Chef ums Image

Zwischen Aktivismus und Pragmatismus: Toni Petersson. Chef des Hafermilchherstellers Oatly, will die Branche aufmischen. Doch die Beteiligung von Blackstone löste einen Shitstorm aus.

Toni Petersson kann eigentlich zufrieden sein. Das Unternehmen, das er seit Ende 2012 leitet, ist buchstäblich in aller Munde: Ob „Oat Drink Barista Edition“, „Oatgurt“ oder die „Creamy Oat Fraiche“ – Kunden in mehr als 20 Ländern können mittlerweile zwischen rund 40 verschiedenen Haferprodukten des südschwedischen Hafermilchherstellers Oatly wählen.

Zuletzt kamen Gerüchte auf, dass Oatly in diesem Jahr den Gang an die Börse plant, der dem Unternehmen nach Analystenschätzungen bis zu eine Milliarde Dollar einbringen würde. Kommentieren will Oatly das nicht.

Petersson ist Chef von Oatly – jenem Unternehmen, das seit einigen Jahren mit aggressiver Werbung, flotten Sprüchen und unkonventionellem Verpackungsdesign auf sich aufmerksam gemacht und der traditionellen Milchindustrie den Kampf angesagt hat. Die Oatly-Drinks sind in.

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Egal, ob es die Barista-Hafermilch, die Vanillesoße auf Haferbasis oder der Haferjoghurt ist – Oatly ist nicht nur bei Vegetariern und Veganern beliebt. Auch Umweltschützer haben die Milchersatz-Produkte aus Hafer entdeckt, denn sie sind deutlich klimafreundlicher als Kuhmilch, wie die Königlich-Technische Universität in Stockholm (KTH) und mehrere andere Institute eindeutig nachweisen konnten.

„Der Klimawandel ist eine unserer größten Herausforderungen“, sagt Petersson und rechnet vor, dass allein die Entscheidung für Hafermilch statt Kuhmilch die negativen Auswirkungen auf das Klima „um 75 Prozent reduzieren“ würde. Petersson gibt sich kämpferisch, will erfolgreicher Geschäftsmann und Umweltschützer zugleich sein. Geht das? „Wir sind der Meinung, dass die Veränderungen nicht schnell genug und nicht in ausreichendem Umfang geschehen sind“, sagt der 53-Jährige.

„Aktivismus und Idealismus sind die Grundpfeiler in einer Demokratie, aber ohne Pragmatismus wird es keine echten Veränderungen geben“, meint der Oatly-Chef, der mit vielen seiner rund 800 Mitarbeiter selbst Anteile an dem Unternehmen hält. Wie viele, das will er nicht sagen.

Pragmatismus war wohl auch die Triebfeder für die Entscheidung, den umstrittenen Investor Blackstone mit ins Boot zu holen. 400 Millionen Dollar hat der Investmentriese zusammen mit TV-Promis wie Oprah Winfrey, dem Rapper Jay-Z und weiteren US-Stars in das schwedische Unternehmen gesteckt.

Besonders die Beteiligung von Blackstone an Oatly mit rund acht Prozent hat in den sozialen Medien zu einem Shitstorm geführt. Man habe die Seele des Unternehmens verkauft, schrieben enttäuschte Oatly-Kunden.

Boykottaufrufe gegen Oatly

„Nein“, sagt Petersson entschieden. „Um die Klimaziele zu erreichen und die Treibhausgase bis 2030 um 50 Prozent zu senken, müssen wir große Anstrengungen unternehmen. Das erfordert Investitionen, große Investitionen“, erklärt der Oatly-Chef, der davon überzeugt ist, dass die Kritik an der Beteiligung von Blackstone nicht fair ist. Die Finanzwelt schaue darauf, was ein so großer Akteur wie Blackstone macht, ist er sich sicher. „Und die Investmentfirma zeigt allen, dass die Investitionen der Zukunft grün sind.“

Er habe deshalb kein schlechtes Gewissen. Auch nicht wegen der Tatsache, dass Blackstone gleichzeitig in Kohlekraft und die Abholzung des Regenwaldes investiert. „Die Frage, die wir uns stellten, war, wie wir am schnellsten unseren Beitrag zu einer Veränderung leisten können.“ Braune Investitionen müssten grün werden, und Blackstone habe einen ersten Schritt in diese Richtung unternommen. „Wir waren bei dem Entschluss extrem pragmatisch.“

Eines ist klar: Die Debatte um den Blackstone-Einstieg beschäftigt den Oatly-Chef sehr. Und er ist bemüht, die Wogen zu glätten. Immerhin startete Oatly in Deutschland eine Kampagne für die CO2-Kennzeichnung von Lebensmitteln. Mehrere andere Unternehmen und über 57.000 Menschen schlossen sich der Initiative an. Im kommenden Jahr wird sich der Bundestag mit der Petition beschäftigen.

Man merkt Petersson an, dass er das gute Image, das sein Unternehmen jahrelang genoss, gefährdet sieht. Deshalb ist er extrem bemüht, immer wieder das Engagement für mehr Klimaschutz in den Vordergrund zu stellen.

Dabei ist die Kritik an Blackstones Oatly-Beteiligung nicht die erste, mit der der Hafermilchproduzent in negative Schlagzeilen geriet: Schon vor vier Jahren hagelte es Kundenproteste, nachdem bekannt geworden war, dass der chinesische Staatskonzern China Resources rund 40 Prozent an Oatly übernommen hatte. Allerdings ist bis heute auch die Östersjöstiftelsen an Oatly beteiligt, eine Stiftung, die 1994 von der damaligen schwedischen Regierung gegründet wurde und die Forschung im Ostseeraum unterstützen soll.

In mehreren Ländern ist es zu Boykottaufrufen gekommen. Trendige Barista-Bars kündigten an, auf die Hafermilchprodukte von Oatly künftig verzichten zu wollen. Glaubt man Petersson, hat sein Unternehmen bislang davon noch nicht viel gespürt. „Insgesamt sehen wir keinen Umsatzrückgang, den wir auf die Boykottaufrufe zurückführen können“, unterstreicht er. „Allerdings merken wir, wie sich das Konsumverhalten durch die Pandemie geändert hat.“

Die Menschen könnten nicht mehr einfach in die Cafés und Restaurants gehen. Das schlage sich natürlich auch im Umsatz nieder. Wie hoch der im vergangenen Jahr ausgefallen ist, hat das Unternehmen noch nicht bekanntgegeben. 2019 setzte Oatly rund 1,9 Milliarden Kronen um, das sind etwa 193 Millionen Euro – fast eine Verdoppelung gegenüber 2018.

Klimawandel hautnah erlebt

Toni Petersson jedenfalls sieht die Zukunft positiv. Auch in der Karriere des in Göteborg geborenen Sohnes einer japanischen Mutter und eines schwedischen Vaters gab es immer mal wieder Herausforderungen. Die ersten Lebensjahre hatte er im Heimatland seiner Mutter verbracht. „Ich wollte eigentlich ein Samurai werden, doch als auch mein Traum, ein Fußballprofi zu werden, platzte, gründete ich direkt nach dem Gymnasium zusammen mit einem Freund ein Musikstudio.“

Da auch die Karriere als Popstar nicht richtig in Gang kam, landete er schließlich in der Restaurantbranche. Im südschwedischen Malmö, dem Sitz von Oatly, gründete er zusammen mit seinem Bruder zunächst eine japanische Bar. Später kamen ein Café, ein Getränkevertrieb und diverse andere Unternehmen hinzu. Es waren turbulente Zeiten für den findigen Unternehmer. „Nach 14 Jahren merkten meine Frau und ich, dass wir eine Pause brauchten“, sagt Petersson.

Gesagt, getan. Die Unternehmen wurden verkauft und zusammen mit den Kindern zogen sie nach Costa Rica. „Dort erlebten wir hautnah die Konsequenzen des Klimawandels, wie Trockenheit und extreme Wetterlagen das Leben für die Menschen und Tiere beeinflussen“, berichtet Petersson.

Zurück in Schweden, erhielt Petersson ein Angebot von Oatly. Das Unternehmen war 1994 von einigen Wissenschaftlern der Universität in Lund gegründet worden. Im selben Jahr hatten die Forscher um Rickard Öste ein Patent für die Pflanzenmilch erhalten.

„Die Gründer wollten niemanden aus der Lebensmittelbranche, sie wollten jemanden, der Oatly aus der Reformhausecke holte und zu einem Mainstream-Produkt machte“, erzählt Petersson. Nach einigem Zögern – „Ehrlich: Gibt es etwas Langweiligeres als die Lebensmittelindustrie?“ – sagte er zu.

Er hat es nach eigener Aussage nie bereut. Und Mitarbeiter bescheinigen ihm, dass er mit ganzer Seele für das Unternehmen lebe. Er sei extrem umgänglich und habe immer ein offenes Ohr. Mittlerweile ist das von ihm geführte Unternehmen einer der führenden Hersteller von Drinks auf pflanzlicher Basis. Zum Schluss will Toni Petersson noch eines loswerden: „Wer glaubt, dass wir unsere Seele verloren haben, wird schwer enttäuscht werden.“