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Nvidia und Intel profitieren vom KI-Boom – doch sie haben ein großes Problem: zu wenige weibliche Fachkräfte

Eine Frau arbeitet in einem Halbleiterwerk im Landkreis Yangxin in der ostchinesischen Provinz Shandong. - Copyright: Feature China/Getty Images
Eine Frau arbeitet in einem Halbleiterwerk im Landkreis Yangxin in der ostchinesischen Provinz Shandong. - Copyright: Feature China/Getty Images

"Es fühlt sich definitiv so an, als ob sie nur zehn Frauen und 90 Männer auswählen würden, und deshalb die Frauen viel wettbewerbsfähiger sein müssen", erzählte uns eine Studentin, ihren Namen wollte sie nicht genannt haben, um frei sprechen zu können. Als die junge Ingenieurstudentin ihre ersten Einstellungsmessen besuchte, habe sie sich zunächst entmutigt gefühlt, als sie versuchte, in der Halbleiterindustrie Fuß zu fassen.

Sie arbeitete schließlich als Prozessingenieurin in einer Chipfabrik von Intel im US-Bundesstaat Arizona. Nur drei der zehn Personen in ihrem Team seien Frauen gewesen, sagte sie. Sie habe oft das Gefühl gehabt, dass einige der besten Ressourcen für die Chipfabrik, wie zum Beispiel Top-Bauarbeiter, Teams mit mehr Männern zugeteilt wurden, während Frauen weniger Spielraum gehabt hätten, Fehler zu machen.

"Wir sind oft sehr isoliert, was die Ressourcen angeht", sagte sie.

Weibliche Fachkräfte fehlen überall

Das Geschlechterverhältnis ist nicht auf ein bestimmtes Unternehmen beschränkt; die Ungleichheit ist in der gesamten Technologiebranche weit verbreitet. Laut einer Accenture-Analyse aus dem Jahr 2023 liegt der durchschnittliche Frauenanteil in der Halbleiterindustrie zwischen 20 und 29 Prozent, gegenüber 20 bis 25 Prozent im Jahr 2022. Mehr als die Hälfte der Unternehmen meldete einen Frauenanteil von weniger als zehn Prozent in technischen leitenden Positionen und weniger als fünf Prozent in technischen Top-Führungspositionen.

Auch in der deutschen Halbleiterindustrie, die händeringend nach Fachkräften sucht, ist die Frauenerwerbstätigkeit sehr niedrig. Der Branchenverband ZVEI berichete beispielsweise, dass die Frauenquote in der Elektrotechnik, einem Bereich mit besonders großem Fachkräftemangel, im Jahr 2023 mit sieben Prozent weiterhin "extrem niedrig" gewesen sei und erhöht werden müsste.

In der EU sind nur eine von drei MINT-Absolventen und eine von fünf IKT-Fachleuten (Informations- und Kommunikationstechnik) Frauen. Dabei ist kein wesentliches Wachstum in Sicht.

Da die USA ihre heimische Chip-Produktion verdreifachen werden und generative KI bis 2032 zu einem Markt von 1,3 Billionen US-Dollar (etwa 1,2 Millionen Euro) werden könnte, ist der Aufbau einer integrativen Belegschaft entscheidend für die Entwicklung der Technologie. Außerdem würde es gewährleisten, dass der Wirtschaftsboom so vielen Menschen wie möglich zugute kommt.

Doch die Herausforderung beginnt bereits bei der Ausbildung. Obwohl Frauen die Mehrheit der Hochschulabsolventen stellen, liegt ihr Anteil an den Absolventen von Ingenieurs- und Informatikstudiengängen in den USA bei unter 23 Prozent. Dieser Prozentsatz sinkt bei den Minderheiten sogar noch weiter, da schwarze und lateinamerikanische Frauen in den letzten zehn Jahren weniger als vier Prozent der Absolventen von Ingenieurwissenschaften und fünf Prozent der Absolventen von Informatikstudiengängen ausmachten.

Personalvermittler der Chipindustrie sagten, dass die Schließung der Lücke bei der Einstellung manchmal ein heikles Thema sein könne, da das Geschlecht eine geschützte Klasse in den Antidiskriminierungsgesetzen sei. Die Chipindustrie bemüht sich zwar um eine Erweiterung des Rekrutierungspools im Allgemeinen, so dass die Einstellung von Mitarbeitern inklusiver erfolgen kann. Aber die Veränderungen können sich nur schrittweise vollziehen.

Die Frauenateile bei Intel, Nvidia und Co.

Laut den kürzlich veröffentlichten Berichten zur sozialen Verantwortung von Nvidia sind etwa 20 Prozent der gesamten Belegschaft Frauen. Der Frauenanteil in technischen Positionen liegt bei etwa 15 Prozent, bei den Managern bei 18 Prozent und bei den leitenden Angestellten bei 40 Prozent.

Die Belegschaft von AMD besteht zu 24 Prozent aus Frauen. Etwa 19 Prozent der Ingenieure, 14 Prozent der leitenden Angestellten und 17 Prozent des Führungsteams sind Frauen.

Bei Intel liegt der Frauenanteil bei 28 Prozent, wobei 25 Prozent der technischen Positionen und 19 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt sind.

Bei Micron sind 31 Prozent der weltweiten Belegschaft Frauen, die 25 Prozent der technischen Positionen, 17 Prozent der Positionen in der oberen Führungsebene und 21 Prozent der Führungspositionen innehaben.

"Intel kann auf eine lange Erfolgsgeschichte bei der Förderung einer vielfältigen und integrativen Kultur zurückblicken, die zu den Kernwerten des Unternehmens gehört", so ein Intel-Sprecher in einer Erklärung.

Intel hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 den Anteil von Frauen in Führungspositionen auf 25 Prozent und in technischen Positionen auf 40 Prozent zu erhöhen. Der Intel-Sprecher verwies auch auf das erste registrierte Ausbildungsprogramm für technische Angestellte in den Produktionsstätten in Arizona, bei dem alle ausgewählten Teilnehmer Frauen sind.

"Wir behandeln alle Mitarbeiter mit Fairness und Respekt und dulden kein Verhalten, das diesen Werten zuwiderläuft", fügte der Sprecher hinzu.

Sowohl AMD als auch Nvidia haben Mitarbeiter-Ressourcengruppen, die sich auf Frauen in der Technologiebranche konzentrieren. Ein Nvidia-Sprecher lehnte eine Stellungnahme zu diesem Bericht ab. Ein AMD-Sprecher sagte, dass die Zahl der Ingenieurinnen und der Teilnehmer an den Pipeline-Mentoring-Programmen in den vergangenen fünf Jahren gestiegen sei und dass das Unternehmen mit der Global Semiconductor Alliance zusammengearbeitet habe, um Ingenieurinnen an der University of Texas in Austin und am MIT (Massachusetts Institute of Technology) anzuwerben.

Die Teilnehmer des Pipeline-Programms gaben in einer Umfrage von 2023 auch an, dass sich ihre Wahrnehmung von Wachstum und Entwicklung im Unternehmen verbessert habe. Micron reagierte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht auf Anfragen zur Stellungnahme.

Wenige Frauen in Führungspositionen

Eine ehemalige Prozessingenieurin von Intel, die immer noch in der Chipindustrie arbeitet, sagte, sie habe sich entschlossen, das Unternehmen zu verlassen, weil sie das Gefühl hatte, dass es manchmal ein "feindliches Umfeld" sei, in dem männliche Ingenieure sie herausforderten, wenn sie nicht mit Projekten belohnt wurden. Die Ingenieurin, deren Identität BI bekannt ist, bat darum, anonym zu bleiben, da sie nicht befugt ist, mit der Presse zu sprechen.

"Es gab auch andere leistungsstarke Männer in meinem Team, die die gleichen Projekte und Möglichkeiten wie ich bekamen, aber es gab nie irgendwelche Beschwerden über sie", sagte sie.

Obwohl Intel sich mehr um die Einstellung von Frauen bemühte, sagte sie, dass sie bei der Beförderung nicht so viele Anstrengungen gesehen habe. Von den Hunderten Mitarbeitern in ihrer Abteilung seien nur zwei Führungskräfte weiblich gewesen.

Ein Mangel an Frauen in Führungspositionen kann den Eindruck erwecken, dass weibliche Angestellte keinen Raum zur Entfaltung haben, was zu einer höheren Fluktuationsrate führt.

"Die Anwerbung von Talenten ohne einen Plan zur Bindung dieser Talente führt zu demselben zyklischen Problem", so Jared Tatham, Managing Director bei Insight Global, der das Rekrutierungsportfolio für die Halbleiterindustrie betreut.

Abbau von Vorurteilen bei der Einstellung

Kunden hätten mehr geschlechtsspezifische Vielfalt gefordert, sagte Luke Tomaszko, ein leitender Hauptberater bei Acceler8 Talent, der mit Hardware-Unternehmen in der Frühphase arbeitet, die sich auf KI-Chipdesign konzentrieren. Er sagte, dass Startups sich dessen bewusst sein müssten, wenn sie die Kultur und Zusammensetzung ihrer Teams aufbauen.

"Die Branche kann so männerdominiert sein, dass ein Team von 100 Männern nicht gerade eine einladende Umgebung für eine Frau darstellt", so Tomaszko.

Tatham von Insight Global arbeitet mit Kunden zusammen, die von Materiallieferanten für Anlagen in Gießereien bis hin zu Unternehmen reichen, die Chips entwerfen, testen und verpacken. Er sagte, dass er es sich zum Ziel gesetzt habe, potenzielle Kandidatinnen persönlich anzusprechen, anstatt sich nur auf die Stellenbeschreibungen zu verlassen, da Männer sich eher auf Stellen bewerben, auch wenn sie nicht alle Kriterien erfüllen.

Tomaszko sagte, dass seine Agentur vor der Veröffentlichung von Stellenbeschreibungen die Angebote durch Tools wie einen Gender Decoder laufen lasse, um Wörter zu überprüfen, die eine geschlechtsspezifische Tendenz haben könnten.

Anspruchsvolle Zeitpläne und Kinderbetreuung

Das CHIPS- und das Wissenschaftsgesetz gaben den Anstoß zu einigen Bemühungen, die Kinderbetreuungskosten zu senken. Micron hat in diesem Jahr 6,1 Milliarden Dollar (5,5 Milliarden Euro) an Fördermitteln erhalten, unter anderem für den Bau neuer Kinderbetreuungseinrichtungen in Idaho und New York. Die Kinderbetreuung ist jedoch nur eine Facette der Verbesserung der Pipeline.

Auch der Zeitplan einer Chipfabrik kann eine Herausforderung darstellen. Die ehemalige Prozessingenieurin von Intel sagte, dass der Bereitschaftsplan "definitiv" etwas war, das sie zum Nachdenken darüber gehabt habe, wie sich dies auf die längerfristige Familienplanung auswirken würde.

"Wenn man nachts mehrmals geweckt wird und dann am nächsten Tag den ganzen Tag arbeiten muss, kann ich mir vorstellen, dass das für werdende Mütter eine besondere Herausforderung ist. Man muss sich die ganze Woche über in einem Umkreis von zwei Stunden um die Fabrik aufhalten, nur für den Fall, dass ein Notfall eintritt", sagte sie.

Um die Kluft zwischen den Geschlechtern in der Chipindustrie zu schließen, müssen die Unternehmen und die obersten Führungskräfte mehr tun, um diese Karrierewege integrativer und stabiler zu gestalten. Einige Frauen sagen, dass es einige Verbesserungen in Bezug auf Inklusion und den Aufbau einer Gemeinschaft gegeben habe.

Die ehemalige Prozessingenieurin sagte, dass sie jetzt an einer Gruppe von Frauen in ihrem Unternehmen teilnehme, die sich monatlich trifft. Bei diesen Treffen würden Podcasts und Lektüre zum Thema Führung besprochen, und sowohl alteingesessene Kolleginnen als auch Neulinge könnten unterschiedliche Ideen austauschen.

"Es gibt nicht nur eine Person, die die Gruppe leitet. Es gibt verschiedene Kohorten mit unterschiedlichen Leiterinnen, und es scheint wirklich von unserer Geschäftsleitung unterstützt zu werden", sagte sie.

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