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Nur wenige Dax-Chefs nutzen soziale Netzwerke

13 Sekunden gewährt Joe Kaeser Einblicke in seinen Alltag. Das Video, das der Siemens-Chef zuletzt getwittert hat, zeigt ihn im Führerstand eines Testzuges im kalifornischen Sacramento. Er werde oft gefragt, wie es sich anfühlt, CEO bei Siemens zu sein, schreibt Kaeser dazu auf Englisch. „Nun Leute“, twittert er weiter, „ich bin richtig stolz, Teil des Siemens-Teams zu sein“. Zuvor postete er ein Bild von einer Konferenz und äußerte sich in einem Zwei-Minuten-Clip zum Weltfrauentag.

Was Kaeser auf Twitter macht, ist für die meisten Topmanager undenkbar. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter sind gerade einmal fünf CEOs aktiv: Neben Kaeser tweeten Bill McDermott von SAP sowie die beiden Dax-Neulinge Markus Braun und Markus Steilemann von Wirecard und Covestro. Seit Januar hat auch Thyssen-Krupp-Chef Guido Kerkhoff einen eigenen Account.

Rechnet man auch die Karrierenetzwerke LinkedIn und Xing hinzu, sind nur 37 Prozent der Vorstandsvorsitzenden in den sozialen Medien unterwegs. Das zeigt eine Auswertung der Münchner Strategieberatung Oliver Wyman. Die Ergebnisse liegen dem Handelsblatt und dem Handelsblatt-Portal karriere.de exklusiv vor.

Die Zahl der sozialen Chef-Netzwerker wird größer, hatten vor zwei Jahren doch nur zehn Prozent ein Konto bei Twitter, LinkedIn oder Xing. Die Mehrheit ist aber weiterhin zurückhaltend – eine vertane Chance, meinen Experten. Zwar wird der Unternehmenserfolg maßgeblich durch die strategischen Entscheidungen und die konjunkturelle Lage beeinflusst. „Daran mag auch ein Tweet nur wenig ändern“, sagt Kai Bender, Deutschland-Chef von Oliver Wyman.

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Aber: „Wenn der Boss in den sozialen Netzwerken Einblicke in Arbeit und Persönliches gewährt, macht er das Unternehmen nahbarer und vermittelt Vertrauen“, sagt Bender. Der Chef-Account stärke die Reputation der Marke und könne auch Bewerber vom Unternehmen überzeugen, Lieferanten und Kunden weiter an den Konzern binden. Sie alle kann der Unternehmenschef mit einem eigenen Account direkt erreichen.

Das Beispiel Kaeser zeigt, welche Anziehungskraft Chefs deutscher Konzerne in den sozialen Netzwerken entfalten können. Im Juni 2017 setzte er seinen ersten Tweet ab, vergangenes Jahr folgten ihm schon 3.000 Personen, jetzt sind esfast 19.000. Eine solch steile Digital-Karriere hat der Firmen-Account von Siemens dagegen nicht hingelegt. „Es ist viel interessanter einem Menschen zu folgen als einer anonymen Marke“, sagt der Kölner Social-Media-Berater Felix Beilharz.

Kaeser, der neuerdings auch ein LinkedIn-Profil hat, ist der prominenteste Neueinsteiger unter den zehn einflussreichsten Dax-Vorständen im Social Web. Die Auswertung von Oliver Wyman sieht ihn auf Rang drei – direkt hinter Daimler-Boss Dieter Zetsche.

SAP-Chef Bill McDermott hat die meisten Fans im Social Web

Unangefochtener König in den sozialen Netzwerken: SAP-Chef Bill McDermott. Was er auf LinkedIn und Twitter postet, erreicht nach Oliver-Wyman-Zählungen rund 240.000 Menschen. Verglichen mit den Kollegen in seiner Heimat Amerika spielt McDermott im Netz aber nur eine unbedeutende Rolle. Tesla-Chef Elon Musk etwa hat 540-mal so viele Follower wie er.

Warum sind die Dax-Chefs hierzulande so skeptisch? Oliver-Wyman-Chef Bender mutmaßt: „Der Vorstandsvorsitzende ist der oberste Repräsentant eines Unternehmens und muss sich ressortübergreifend äußern, während sich seine Fachkollegen auf einen Bereich fokussieren können.“ Diesen zusätzlichen Aufwand scheuen viele Chefs.

Was hinzukommt: Ein eigener Account ist auch eine Frage der Mentalität, sagt der Kölner Berater Beilharz. „Viele Dax-Chefs sind eher nicht so gewillt, sich zu präsentieren und zu inszenieren wie etwa ihre amerikanischen Kollegen“. Doch gerade das ist auf Twitter und Co. notwendig. Dann lieber nichts riskieren und weitermachen wie bisher, das scheint hierzulande der Tenor zu sein.

Finanzvorstände und Vorstandschefs sind besonders zurückhaltend

Schließlich ist der Weg zum Shitstorm in den sozialen Medien kurz. Und die Liste der Pannen lang. Unvergessen die voreilige Ankündigung von Musk im vergangenen Sommer, den E-Autobauer von der Börse zu nehmen. Für die 61 Zeichen verhängte die Börsenaufsicht gegen Musk eine Strafe von 20 Millionen Dollar. Und den Verwaltungsratsvorsitz bei Tesla musste er auch noch abgeben.

Missgeschicke wie diese erklären, dass hierzulande auch die Finanzvorstände zurückhaltend sind: Nur 30 Prozent sind auf Twitter, LinkedIn oder Xing angemeldet – die Zahl ist im abgelaufenen Jahr sogar zurückgegangen. „Von allen Ressorts haben die CFOs die etabliertesten und reguliertesten Kommunikationskanäle“, sagt Bender. Eine Ad-hoc-Pflichtmeldung wird eben nicht über Twitter veröffentlicht.

Und die restlichen Vorstände? Erkennen zunehmend die Vorteile eines eigenen Accounts, wie es scheint. 56 Prozent der übrigen Vorstandsmitglieder (CEO und CFO sind in dieser Zahl ausgenommen) posten und zwitschern mittlerweile regelmäßig, zeigt die Oliver-Wyman-Studie. Vor zwei Jahren hatten erst 41 Prozent einen Account.

Was auch auffällt: Frauen sind häufiger im Social Web unterwegs. Gut 70 Prozent haben einen eigenen Account, bei den Männern ist es nicht mal jeder zweite.

Auch wenn die Zahlen steigen: „Einzelne Vorstandsmitglieder sind zwar engagiert, aber in der Breite ist noch viel Luft nach oben“, sagt Bender. Das lässt sich schon daran ablesen, dass unter den Top Ten nur fünf Konzerne vertreten sind. Allein der Softwarehersteller SAP ist mit fünf Vorständen vertreten. „Einzelne Organisationen treiben es energisch voran, ihre Vorstände in den sozialen Netzwerken zu positionieren“, sagt Bender.

So ist es durchaus erlaubt, dass die Kommunikationsabteilung die Vorstände unterstützt. Doch Authentizität ist das Stichwort für alle Manager, die mit Social Media Erfolg haben wollen. Die digitale Gefolgschaft muss überzeugt sein, dass die Führungselite einige Tweets selbst schreibt, Einblicke in Dienstliches und Privates gibt. Heißt: Wer nur Konzernverlautbarungen wiederkäut, ist schnell uninteressant.

Fast jeder zweite Dax-Vorstand hat ein Konto auf LinkedIn. Auf Twitter sind gerademal 15 Prozent unterwegs. Das erklärt sich mit den Gepflogenheiten der Kanäle. Auf dem Kurznachrichtendienst ist die Sprache verkürzt und zugespitzt, das Tempo hoch. LinkedIn ist professioneller: Manager können ausgewogen formulieren, inhaltlich in die Tiefe gehen. Das Risiko, einen Shitstorm zu entfachen: liegt quasi bei null.

Und in Zukunft? Oliver-Wyman-Chef Bender geht davon aus, dass mit dem Generationenwechsel in den Führungsetagen auch die Zahl der Manager im Social Web weiter zunehmen wird. „Jüngere Leute, die mit den sozialen Netzwerken aufgewachsen sind, werden in die Vorstände kommen. Ein eigenes Social-Media-Konto wird in naher Zukunft Realität des Management-Alltags sein.“ Dann wird Joe Kaser auch nicht mehr der einzige Topmanager sein, der Videos von Zugfahrten auf Twitter postet.

In einer ersten Version dieses Textes hieß es, dass vier Dax-CEOs einen eigenen Twitter-Account haben. Tatsächlich sind es fünf. Wir haben den Fehler korrigiert. Außerdem haben wir die Übersicht der Beratung Oliver Wyman über die zehn Dax-Vorstände mit den meisten Followern auf Twitter, LinkedIn und Xing aus dem Text genommen, da Telekom-Chef Timotheus Höttges dort fälschlicherweise fehlt.