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Nur das Ende des Anfangs

Mit der Zustimmung zum staatlichen Rettungspaket ist die Lufthansa noch lange nicht gerettet. Jetzt beginnt die wirklich harte Arbeit.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr spricht bei der Außerordentlichen Hauptversammlung. Ihm stehen harte Monate bevor. Foto: dpa
Lufthansa-Chef Carsten Spohr spricht bei der Außerordentlichen Hauptversammlung. Ihm stehen harte Monate bevor. Foto: dpa

Lufthansa-Chef Carsten Spohr war die Erleichterung deutlich anzumerken. Als die Aktionäre dem Rettungsplan auf der außerordentlichen Hauptversammlung am späten Abend endlich zugestimmt hatten, ging dem 53-Jährigen ein Lächeln über das Gesicht. Mit einer Mehrheit von 98,04 Prozent sprachen sie sich für eine Kapitalerhöhung aus, mit der der Bund mit 20 Prozent bei der Fluggesellschaft einstiegen kann. Endlich ein Erfolg für Spohr nach Wochen der Verhandlungen und der großen Angst, dass Großaktionär Heinz Hermann Thiele auf den letzten Metern alles zunichte machen könnte. Doch das Gefühl des Triumphs dürfte nicht lang halten.

Dafür sorgt nicht nur die Anstrengung, die dem Lufthansa-Chef nach gut vier Monaten im Krisenmodus zuletzt deutlich anzumerken war. „Jedem im Konzern ist klar: Die Staatshilfe allein löst nicht unsere Probleme. Sie gibt uns nur die Chance, sie zu lösen“, sagt ein führender Lufthansa-Manager. „Und für Carsten Spohr wird es jetzt erst richtig unangenehm.“

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Erst einmal bringt die Vereinbarung eine direkte Hilfe von gut 300 Millionen Euro und die Möglichkeit, von Deutschland und den anderen Heimatländern Schweiz oder Österreich Kredite von bis zu knapp zehn Milliarden Euro aufzunehmen. Das erlaubt eine Fortführung des Flugbetriebs. Auch kann den Kunden das Geld für bereits bezahlte aber nicht abgeflogenen Tickets zurückgezahlt werden, was Spohr in seiner Rede vor der Abstimmung erneut nachdrücklich versprach.

Doch auf den zweiten Blick zeigen sich die Nachteile des Deals.

Zum einen gilt: „Das Rettungspaket ist kein Geschenk“, wie Spohr klarstellt. Es muss zurückgezahlt werden – mit steigenden Zinsen. Liegt der Satz zunächst bei unter einem Prozent, klettert er über die Jahre auf bis zu gut acht Prozent. Zins und Tilgung bescheren dem Unternehmen somit eine zusätzliche Last von gut einer Milliarde Euro im Jahr, haben Analysten wie Daniel Roeska vom New Yorker Brokerhaus Bernstein vorgerechnet. Darüber hinaus braucht die Lufthansa weitere gut 1,5 Milliarden Euro Überschuss, um Investitionen zu tätigen, etwa in die überfällige Digitalisierung und den zugesagten Kauf von mindestens 80 neuen, umweltfreundlicheren Flugzeugen bis 2023.

Das ist enorm. Zwar hatte die Lufthansa in den vergangenen drei Jahren jeweils Rekordergebnisse mit mehr als zwei Milliarden Euro Gewinn. Doch das ist vorbei. Weil trotz Kurzarbeit und ersten Sparmaßnahmen ein großer Teil der Kosten in den vergangenen Monaten weiterlief, schrieb der Konzern bereits ohne die Kosten des Rettungskredits im ersten Quartal einen Verlust von gut zwei Milliarden Euro. Bis zum Jahresende könnte mindestens der gleiche Betrag hinzukommen.

Gegenzusteuern ist schwer. Denn die Lufthansa ist noch auf Jahre deutlich kleiner als zuvor. Selbst 2023 könnte sie nur 80 bis 90 Prozent ihrer Größe vor der Krise haben, befürchtet Spohr. Mit einem kleineren Unternehmen den Gewinn zu steigern, das geht nur durch einen grundlegenden Umbau. Zwar haben Konkurrenten wie British Airways das geschafft, doch: „Die Radikalität und Konsequenz, mit der die Wettbewerber arbeiten, fällt dem Konzern oft schwer“, sagt Analyst Roeska, der lange Jahre bei der Lufthansa arbeitete.

Diesmal muss Spohr mit allen seinen Geschäftspartnern – von der Belegschaft bis zu den Lieferanten – gleichzeitig ins Gespräch kommen. Ziel ist es, die Ausgaben um mindestens 20 Prozent zu drücken. Das entspräche einem Betrag von mehr als sechs Milliarden Euro pro Jahr. Mehr wäre besser. Nur dann kann die Lufthansa wachsen und mit den agileren Wettbewerbern wie der British-Airways-Mutter IAG oder Billigfliegern wie Ryanair und Easyjet mithalten.

Was Spohr und seinem Führungsteam bevorsteht, zeigte bereits die vergangene Nacht. Da schaffte Personalvorstand Michael Niggemann zwar eine Einigung mit der Flugbegleitergewerkschaft UFO. Aber der Betrag fiel mit gut 130 Millionen pro Jahr relativ bescheiden aus.

Bei den Verhandlungen mit den Piloten wird es noch schwererer werden. Die haben zwar mit aus ihrer Sicht gerechnet mit gut 400 Millionen Euro pro Jahr eine deutlich größere Sparsumme angeboten. Doch den tatsächlichen Effekt sehen Experten bestenfalls bei der Hälfte. „Und die waren angesichts der Not noch sehr kompromissbereit“, kommentiert ein hoher Lufthansa-Manager – und weiter: „Solche Verhandlungen stehen uns noch reihenweise bevor“.

Theoretisch müssten die Verhandlungen mit den restlichen Beschäftigten, Lieferanten und mögliche Effizienzmaßnahmen weiterhin deutlich mehr als fünf Milliarden bringen. Ob das klappt, bleibt abzuwarten.

Die meisten Geschäftspartner dürften auf Zeit spielen. Viele sind wie der Flugzeughersteller Airbus selbst in Not. Und vor allem die Flughäfen wollen durch Zugeständnisse an die Lufthansa nicht andere Fluglinien zu ähnlichen Forderungen ermuntern. „Wir müssen angesichts der niedrigeren Einnahmen eigentlich unsere Preise eher erhöhen als senken“, erklärt ein führender deutscher Flughafenmanager im Hintergrund. Zudem dürfte der Verhandlungsdruck bestenfalls bei den deutschen Flughäfen Wirkung zeigen, wo die Lufthansa als in der Regel größter Kunde Einfluss hat. „In Airports wie Peking oder New York wird Spohr hören, wenn es euch bei uns zu teuer ist, landet doch anderswo“, vermutet der Flughafenmanager.

Somit wird Spohr nicht anders können, als neben den Sparmaßnahmen noch weitere radikale Veränderungen vorzunehmen. Er könnte etwa Unternehmensteile für Investoren öffnen oder gar zu verkaufen. „Die Zeit der bisherigen Lufthansa ist vorbei“, kommentiert ein Lufthanseat knapp.

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