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NRW-Vorstoß löst Debatte über schärfere Corona-Regeln für private Feiern aus

NRW prescht mit einer Verschärfung der Corona-Auflagen für Privatfeiern vor. Umstritten ist, ob die geplanten Regelungen verfassungsrechtlich zulässig sind.

Für Privatfeiern sollen in NRW künftig schärfere Corona-Auflagen gelten. Foto: dpa
Für Privatfeiern sollen in NRW künftig schärfere Corona-Auflagen gelten. Foto: dpa

Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen in Deutschland rücken schärfere Beschränkungen für Bürger in weiteren Regionen näher. Vor Beratungen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der kommenden Woche stellten einige Landesregierungen strengere Regeln vor allem für Feiern in Aussicht.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kündigte etwa an, zum 1. Oktober die Regeln für private Feste zu verschärfen. Feiern ab 50 Personen müssen dann zwei Wochen vorher angemeldet werden. Zudem müsse eine Gästeliste geführt und ein Verantwortlicher benannt werden.

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Datenschützer bewerten die Pläne unterschiedlich. Uneinigkeit besteht vor allem darin, ob solche Maßnahmen auch bundesweit denkbar wären. Der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar sieht keine verfassungsrechtlichen Hürden, sein Amtskollege aus Baden-Württemberg, Stefan Brink, dafür schon.

Private Feierlichkeiten hätten sich in der Vergangenheit als eine Hauptursache für die Infektionsverbreitung herausgestellt. „In der Abwägung wird eine Regelung, die auf Feierlichkeiten außerhalb der eigenen vier Wände beschränkt ist und erst ab einer Mindestanzahl von Gästen eingreift, daher durchaus zur Eindämmung von Infektionen beitragen können und den Vorgaben der Verhältnismäßigkeit entsprechen“, sagte Caspar dem Handelsblatt. „Eine solche Regelung könnte daher auch im Rahmen der jeweiligen Corona-Schutzverordnungen deutschlandweit möglich sein.“

Brink hält dagegen eine solche Regelung bundesweit für ausgeschlossen. „Zum einen ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Infektionslage in den deutschen Ländern eine solche bundesweit geltende Regelung offensichtlich unverhältnismäßig“, sagte Brink dem Handelsblatt.

Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte am Freitag bundesweit 2153 neue Corona-Infektionen gemeldet. An diesem Dienstag will Merkel die steigenden Zahlen und mögliche Konsequenzen mit den Ministerpräsidenten der Länder besprechen.

Über 2000 neue Corona-Fälle an einem Tag

Eine Verpflichtung, Gästelisten zu führen und gegebenenfalls den Ordnungsämtern auszuhändigen, stelle zudem einen „gravierenden Eingriff“ in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar, der nur bei entsprechender Pandemielage zu rechtfertigen wäre, sagte Brink weiter. Außerdem würde in weitere Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit eingegriffen.

Nordrhein-Westfalen hatte sich als Konsequenz aus Verstößen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen bei einer Hochzeitsfeier in Hamm für landesweit schärfere Maßnahmen entschieden. Demnach müssen „Privatfeiern zwei Wochen vorher beim Ordnungsamt angemeldet werden“, sagte Laumann dem WDR.

Der Berliner Verfassungsrechtlers Christian Pestalozza hält die geplanten Regelungen für unzureichend. „Sie greifen zu kurz, weil sie Veranstaltungen in privaten Räumen offenbar nicht erfassen“, sagte Pestalozza dem Handelsblatt. Der zweiwöchige Vorlauf hinsichtlich der Gästelisten erscheine ihm zudem „unangebracht, insbesondere weil viele Listen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht fertig sein werden, also ohnehin aktualisiert werden müssen“. Wichtiger sei ein Vorlauf hinsichtlich des Hygienekonzepts, weil die Behörde es rechtzeitig überprüfen und der Veranstalter es gegebenfalls noch anpassen können müsse.

Auch in Berlin könnten erneute Beschränkungen auf die Menschen zukommen. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte im ZDF, er gehe davon aus, „dass wir tatsächlich auch wieder Einschränkungen vornehmen müssen, bei diesen Feiern vor allen Dingen im öffentlichen Raum. Das wird man so nicht zulassen können.“ Möglich seien etwa auch Alkoholverbote.

Für Veranstaltungen seien zunächst „keine weiteren Lockerungen“ zu sehen. Gegebenenfalls gebe es sogar „wieder ein paar Rückschritte bei der Begegnungsmöglichkeit, was die Teilnehmerzahl anbelangt“.

Laschet will Corona-Ampel

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet sprach sich für eine neue Art der Risikobewertung in der Corona-Pandemie aus. „Mit Corona leben lernen bedeutet in erster Linie, alle Entwicklungen genau im Blick zu haben. Dabei dürfen wir nicht nur auf die reinen Infektionszahlen schauen“, sagte der CDU-Politiker dem Handelsblatt.

Laschet forderte, die Kapazität der Krankenhäuser und die Zahl der intensivmedizinisch behandelten und beatmeten Covid-19-Patienten stärker in die Lagebewertung einfließen zu lassen. Gleiches gelte für den Anteil zurückverfolgbarer Infektionen, die Anzahl der Tests und den Anteil positiver Testergebnisse. „Wir brauchen für ganz Deutschland ein standardisiertes Corona-Monitoring, das die Pandemieentwicklung kommunenscharf abbildet“, sagte Laschet. Er stellte sich damit hinter den Vorschlag seines Corona-Expertenrats, der sich für ein „Ampel“-System ausspricht.

Baden-Württembergs Datenschützer Brink mahnte die Politik zur Einhaltung rechtlicher Vorgaben beim Beschließen neuer Corona-Maßnahmen. „„Mittlerweile ist durch Rechtsprechung von Länder-Verfassungsgerichten auch klargestellt, dass solche Grundrechtseingriffe nicht länger im Verordnungswege durch die Regierungen angeordnet werden dürfen, sondern durch Parlamentsgesetz beschlossen werden müssen“, sagte er. „Unser Rechtsstaat ist keineswegs überfordert oder außer Kraft gesetzt, Gesetzgebung findet nach wie vor in den Parlamenten statt.“