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NRW weitet Corona-Hilfen für Soloselbstständige und Kleinunternehmer aus

Vorübergehend und auf Landeskosten: NRW will die Soforthilfen für Soloselbstständige und Kleinunternehmer großzügiger gestalten als es der Bundes vorsieht.

Andreas Pinkwart: Der NRW-Wirtschaftsminister stand wegen falscher Angaben seines Hauses zu den Crorona-Hilfen in der Kritik. Foto: dpa
Andreas Pinkwart: Der NRW-Wirtschaftsminister stand wegen falscher Angaben seines Hauses zu den Crorona-Hilfen in der Kritik. Foto: dpa

Nordrhein-Westfalen will die Corona-Hilfen für Soloselbstständige und Kleinstunternehmer für einen begrenzten Zeitraum ausweiten. Zuletzt hatte es großen Ärger bei den Betroffenen gegeben, weil die staatliche Unterstützung den Vorgaben der Bundesregierung zufolge nicht zur Deckung der Lebenshaltungskosten genutzt werden darf. Allerdings hatte das NRW-Wirtschaftsministerium das zunächst anders kommuniziert – und bekam daher den Unmut der Soloselbständigen und Kleinstunternehmer zu spüren.

Nun hat das Land NRW eine Lösung gefunden – nach Hamburg und Baden-Württemberg. Kleinstunternehmer können für die Monate März und April jeweils 1000 Euro als Unternehmerlohn zu den Betriebskosten zählen, erfuhr das Handelsblatt vorab. Ab Mai allerdings müssen sie dennoch Grundsicherung beantragen, wie es das Bundesprogramm vorsieht. Diese wird vom Bund gezahlt und ohne Vermögensprüfung gewährt.

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In NRW gibt es besonders viele Soloselbstständige. Das Land hatte daher bereits vor dem Beginn des Bundesprogramms bereits am 27. März seine Soforthilfe gestartet. Seitdem haben bis zum 1. April in NRW bereits 225.000 Unternehmer Soforthilfe beantragt. Darunter sind 86 Prozent Soloselbstständige oder Unternehmer mit weniger als fünf Mitarbeitern.

Zu dieser Zeit stand unter der Rubrik „Häufig gestellte Fragen“ (FAQs) des NRW-Wirtschaftsministeriums noch, dass die Kleinstunternehmer mit den 9000 Euro auch das eigene Gehalt und somit ihren Lebensunterhalt finanzieren dürfen. „Soloselbstständige im Haupterwerb beziehen ihren Lebensunterhalt aus ihrer selbstständigen Tätigkeit und müssen daher auch ihr eigenes Gehalt erwirtschaften, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten“, heißt es dort im Wortlaut. „Sofern der Finanzierungsengpass beim Soloselbstständigen im Haupterwerb dazu führt, dass er sein regelmäßiges Gehalt nicht mehr erwirtschaften kann, dient die Soforthilfe auch dazu, das eigene Gehalt und somit den Lebensunterhalt zu finanzieren.“

Nun gehen die Darstellungen aus Kreisen des Bundes und des Landes auseinander. Der Bund hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Soforthilfen nicht für den Lebensunterhalt verwendet werden dürften. Das habe man, heißt es in der Bundesregierung, auch von Beginn an deutlich gemacht und mit den Ländern so verabredet.

Länder wie NRW waren allerdings der Ansicht, dass es viele Selbstständige gibt, die zwar relativ geringe Kosten haben, aber eben durch die Shutdown auch keinerlei Einnahmen. Das gelte besonders in Branchen wie der Veranstaltungswirtschaft und dem Tourismus.

Länder kritisieren den Bund

„Nachdem der Bund jedoch unmissverständlich klar gemacht hatte, dass er Lebenshaltungskosten nicht übernehme und die Soloselbstständigen an die Grundsicherung verweise, wurden die FAQ des Landes NRW zum 1. April angepasst“, Landeswirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) sagte am Dienstagnachmittag. Seither dürfe die NRW-Soforthilfe nur für die laufenden betrieblichen Sach- und Finanzaufwendungen verwendet werden. So wie es auch die Bundesvorgaben vorsehen.

Das Vorgehen des Bundes sei laut Pinkwart parteiübergreifend bei den Ländern auf „deutliche Kritik“ gestoßen. Die Bundesländer hätten nachdrücklich gefordert, dass die von der Krise hart getroffenen zwei Millionen Soloselbstständigen Teile der Soforthilfe zur Sicherung ihres Lebensunterhalts einsetzen dürften.

Pinkwart habe gemeinsam mit der Bremer Senatorin Kristina Vogt im Namen der Wirtschaftsministerkonferenz Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgeschlagen, die Soloselbstständigen selbst entscheiden zu lassen, ob sie ihren Lebensunterhalt durch Soforthilfe oder Grundsicherung abdecken wollten.

Am 5. Mai habe der Bundeswirtschaftsminister diesen Plänen einen endgültige Absage erteilt. Die Selbstständigen sollten darauf verwiesen werden, Grundsicherung beim Jobcenter zu beantragen. Für NRW war das besonders misslich. Schließlich hatte es seine Soforthilfe sehr früh und unbürokratisch gestartet. Andere Bundesländer waren da vorsichtiger.

Wegen des Streits zwischen Bund und Ländern haben viele Selbstständige abgewartet und darauf verzichtet, im März und April Grundsicherung zu beantragen. Dies lasse sich nun nicht mehr nachholen, ergänzte Pinkwart. Das Kabinett habe sich daher gerade dazu entschlossen, dass den Betroffenen daraus kein Nachteil entstehen dürfe.

Im Detail sieht der Plan in NRW nun vor, dass diejenigen, die im März oder April einen Förderantrag zum Programm „NRW-Soforthilfe 2020“ gestellt haben, Vertrauensschutz genießen, sie dürfen einmalig 2000 Euro aus der Soforthilfe für ihren Lebensunterhalt verwenden. Dies entspreche dem Betrag, der auch Künstlern und Kulturschaffenden in Aussicht gestellt wurde.

Für 97 Prozent der Anträge wurden Hilfen bereits ausgezahlt

Von dieser neuen Regelung dürfen nur Soloselbstständige, Freiberufler und im Unternehmen tätige Inhaber von Einzelunternehmen und Personengesellschaften Gebrauch machen. Wer bereits ALG II beantragt habe oder bereits Gelder durch das Sofortprogramm für Künstler und Kulturschaffende bewilligt bekommen habe, könne die neue Regelung nicht in Anspruch nehmen.

Die Kleinstunternehmer, die unter die neue Regelung fallen, können beim abschließenden Nachweis am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums der Verwendung des Geldes 2000 Euro für ihren Lebensunterhalt geltend machen. Zu viel erhaltene Hilfe muss ohnehin an die Landeskasse zurück gezahlt werden, nun aber eben 2000 Euro weniger.

Die Finanzierung der 2000 Euro der geschätzt bis zu 200.000 Selbstständigen, für die diese Regelung greift, übernimmt das Land NRW und erstattet diesen Betrag, der nach Angaben des Ministeriums bis zu 400 Millionen Euro betragen kann, an den Bund zurück.

Insgesamt sind seit dem 27. März mehr als eine halbe Million Anträge beim Land NRW eingegangen, genehmigt wurden 403.000 Anträge, davon 86 Prozent von Unternehmern mit bis zu fünf Mitarbeitern. Drei Prozent der Anträge seien in dieser Zeit abgelehnt worden. Insgesamt wurden Hilfen für mehr als 97 Prozent der Anträge bereits ausgezahlt, damit hat das Land mehr als vier Milliarden Euro für Soforthilfen ausgezahlt.

Zum Vergleich: In Baden-Württemberg, wo das Land ebenfalls einen fiktiven Unternehmerlohn von 1180 pro Monat selbst zahlt, sind mehr als 150.000 Anträge bewilligt und knapp 1,2 Milliarden Euro an Unternehmer mit bis zu fünf Mitarbeitern ausgezahlt worden.

Auch wenn die Unternehmer jetzt Klarheit haben. Fakt ist, dass es gut möglich ist, dass viele Soloselbstständige bei der Schlussabrechnung nicht viel mehr als die 2000 Euro ansetzen werden können. Das heißt, viele müssten fast 7000 Euro der 9000 Euro wieder zurückzahlen. NRW hatte – anders als andere Bundesländer – immer die Höchstsummen pauschal ausgezahlt. Deshalb müssen Selbstständige und Kleinunternehmer nun zu viel erhaltene Hilfen zurücküberweisen.