Bei NordLB platzt der Aktionärs-Knoten: Der Tag mit Bloomberg
(Bloomberg) -- Stephan Kahl über das Ende einer Regionalbank-Streiterei. — Fünf Themen des Tages ist auch als Newsletter erhältlich. Zum Gratis-Abo bitte hier entlang.
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NordLB-Eigner begraben Kriegsbeil
Bei der NordLB ist der Knoten geplatzt. Nach monatelangen Streitereien um eine neue IT — und damit verbunden auch die künftige Strategie der Bank — haben sich die Eigentümer zusammengerauft und dem Projekt doch noch ihren Segen erteilt. Seit gestern Abend steht fest: Die NordLB darf bis 2026 das Finanz- und Berichtswesen sowie das Risikocontrolling modernisieren. Das ist wohl ganz im Sinne von NordLB-Chef Jörg Frischholz, denn er hält sich damit alle Optionen für künftiges Wachstum offen.
Mit der Einigung kann sich die NordLB jetzt wieder auf ihr Tagesgeschäft konzentrieren. Nach der Rettung in 2019 muss sie erst noch zeigen, dass sie nachhaltig profitabel arbeiten kann. Zudem dürfte ein Ausstieg des Sparkassen-Sektors aus dem Eigentümerkreis der Bank zumindest vorerst vom Tisch sein. Zwischenzeitlich hatte es reichlich Säbelrasseln gegeben — mehrere regionale Sparkassenpräsidenten signalisierten, dass sie nichts dagegen hätten, ihre Anteile an der NordLB an den Mehrheitseigentümer abzugeben, das Land Niedersachsen.
Eine erste Einschätzung vom Management der Landesbank zur Einigung unter den Eigentümern könnte es schon heute Nachmittag bei der Konferenz Future of Finance geben, die Bloomberg in der Alten Oper in Frankfurt veranstaltet. Einer der Gäste dort ist NordLB-Vorstand Ingrid Spletter-Weiß. Auf der Konferenz sprechen unter anderem auch DWS-Chef Stefan Hoops, Helaba-Chef Thomas Groß und Helmut Schleweis, der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands.
Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin, Boris Groendahl und Alexander Kell: Källenius bremst China-Entkoppler, UBS schaut nach vorne, Treasuries zum Ramschpreis, keine Kraft durch Freude, und planmäßiger Vormarsch.
Källenius bremst China-Entkoppler
Vor dem Hintergrund diplomatischer Konfrontation und protektionistischer Tendenzen gegenüber China hat Mercedes-Chef Ola Källenius vor einer Entkopplung gewarnt. Dies würde gesunden Wettbewerb und die globalen Lieferketten der Automobilindustrie gefährden, erklärte der Auto-Boss gegenüber Bloomberg TV. “Wir haben während der Pandemie gelernt, dass Lieferketten fragil sein können”, sagte er. “Es wäre eine völlige Illusion zu glauben, wir könnten die Automobilwelt in einzelne Regionen aufteilen, die nichts miteinander zu tun haben”. China ist für Mercedes ebenso wie für Volkswagen und BMW der wichtigste Einzelmarkt. Rund ein Drittel des Absatzes entfällt auf die Volksrepublik. Derweil zeigt eine Analyse ausländischer Direktinvestitionen, dass sich die Welt in rivalisierende Blöcke aufteilt, die sich entlang der Positionen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine ausrichten. Zu den großen Gewinnern zählen dabei die USA.
UBS schaut nach vorne
Auch wenn die Geister der Credit Suisse in Form von Jahre zurückreichenden Rechtsstreits wohl weiter regelmäßig ihr hässliches Haupt erheben werden, versucht UBS-Chef Sergio Ermotti erkennbar, den Blick nach vorne zu wenden. Im Februar soll es ein strategisches Update geben, kündigte er heute an, vor allem was den wichtigen Markt USA angeht. Anders als in Asien, wo die Bank durch die Fusion unmittelbar von Größenvorteilen profitiert, gab es in Nordamerika schon zuvor Fragezeichen — nicht zuletzt nach dem verpatzten Übernahmeplan für den Robo-Adviser Wealthfront unter Ermottis Vorgänger Ralph Hamers. Ermotti deutete an, dass er hier durchaus auch auf Credit-Suisse-Investmentbanker setzt. Beim Abbau der CS-Bereiche, die die UBS nicht weiterführen will, versucht Ermotti den Eindruck zu vermeiden, dass es sich hier um toxische Werte handelt. In hektische, verlustbringende Notverkäufe will er sich nicht drängeln lassen.
Treasuries zum Ramschpreis
Ein Preis von 50 Cent je Dollar Nennwert ist bei Bonds kein gutes Zeichen. Normalerweise signalisiert er eine finanzielle Notlage, ein hohes Pleite-Risiko. Dass US-Treasuries wie etwa die 2050 fällige unter diesen Wert fallen, liegt zwar nicht daran, zeigt aber dennoch an, welche stillen Lasten Investoren tragen, die etwa während der Pandemie langfristige Staatsanleihen gekauft haben. Der Lichtblick: sollte es mit den Renditen wieder abwärts gehen, werden diese Anleihen besonders schnell im Wert steigen. “Positive Konvexität” nennen das Bond-Gourmets.
Keine Kraft durch Freude
Was treibt den Finanzvorstand von Volkswagen um, wenn er an die Produktionsbedingungen am Standort Deutschland denkt? Neben Fragen wie dem Rückstand bei der Digitalisierung und einer wettbewerbsfähigen Energieversorgung ist es das Humankapital, das den Manager beschäftigt — mutmaßlich die Work-Life-Balance-Ansprüche der Generation Z. “Jeder einzelne muss sich auch fragen: Packen wir so kräftig an wie in der Vergangenheit? Haben wir die Leistungsmotivation, die uns vorher stark gemacht hat?” Und weiter: “Das ist mein Appell nicht nur an die junge Generation, sondern an uns alle, die aktuell arbeiten: Jeder einzelne hat eine Verantwortung für die Zukunft, damit dieser Standort stark bleibt.” Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, möchte der Boomer im Lichte der neuen OECD-Prognose ausrufen, die für Deutschland in diesem Jahr ein Schrumpfen des Bruttosozialprodukts voraussagt — als einzige der großen Volkswirtschaften.
Planmäßiger Vormarsch
Bei einem weiteren Treffen der Ukraine-Unterstützer auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein hat Verteidigungsminister Lloyd Austin die Verbündeten aufgefordert, die ukrainische Luftverteidigung zu stärken. In Bezug auf Kiews Gegenoffensive konstatierte er “weiterhin stetige Fortschritte”. Deutschland will der Ukraine neue Rüstungshilfen im Volumen von 400 Millionen Euro gewähren, wie Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius im Bild-Interview sagte. Dies umfasse Munition, Fahrzeuge und Minenräumtechnik, mit Blick auf den Winter aber auch Ausrüstung zur Strom- und Wärmeerzeugung sowie Kleidung. Am Ramstein-Treffen nimmt Pistorius wegen einer Corona-Infektion nicht teil, sondern hat Vertreter entsandt. Kiew indessen ist informierten Kreisen zufolge dabei, mit Berlins Hilfe die Lieferung einer CNC-Fräse an eine russische Munitionsfabrik zu verhindern. Das Präzisonsgerät sollte offenbar über Umwege in der Türkei importiert werden.
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