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Nordex weiter im Krisenmodus

Der Gewinn des Hamburger Windradbauers Nordex erodiert. Der Auftragseingang ist schwach und die Sorge vor einem Umsatzschwund wächst. Doch die Aktie kann trotzdem zulegen.

Wenn es ums Geschäft geht, sieht sich José Luis Blanco eher als Langstreckenläufer, denn als Sprinter. Der Start ins Jahr 2017 war zwar „verhalten“, gibt der Nordex-Chef unumwunden zu. Aber zur Halbzeit „liegen wir hier gut im Rennen, unser Jahresziel zu erreichen“, sagt der gebürtige Spanier an der Spitze von Deutschlands drittgrößtem Hersteller von Windturbinen und Rotorblättern – den wichtigsten Komponenten jeder Windkraftanlage. Im zweiten Quartal habe das „Geschäft wieder Fahrt aufgenommen“, frohlockte Blanco.

Tatsächlich hat es Nordex geschafft, den Gewinn im Vergleich zum ersten Quartal zu verdoppeln und das Geschäftsvolumen um 31 Prozent zu steigern. Das ist allerdings eine recht eigenwillige Betrachtungsweise. Denn vergleicht man die Halbjahresergebnisse mit jenen des Vorjahres und nicht mit jenen des Vorquartals, zeigt sich ein völlig anderes Bild. Von steigenden Erträgen kann keine Rede sein. Der Gewinn erodiert. Konkret verdiente Nordex unter dem Strich in den ersten sechs Monaten 2017 nur 22,6 Millionen Euro. Das ist ein Minus von 55,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Der Umsatz der Hamburger stieg zwar um 1,2 Prozent an – auf rund 1,5 Milliarden Euro. Gleichzeitig brach das Volumen an neuen Aufträgen aber um 32 Prozent ein. Zum Halbjahr hat Nordex nur noch neue Projekte im Wert von 905 Millionen Euro verbuchen können. Insbesondere der Auftragseingang im margenträchtigen Service-Bereich sackte um fast 60 Prozent ab. Konnte Nordex im ersten Halbjahr 2016 noch neue Serviceaufträge im Umfang von 239 Millionen Euro verbuchen, waren es im Zeitraum von Januar bis Ende Juni nur noch 98 Millionen Euro.

José Luis Blanco beschwichtigt. „Wir erwarten, dass die Nachfrage für unsere Anlagen im zweiten Halbjahr weiter steigt und wir ein gutes Jahresendgeschäft verzeichnen werden“, erklärte der Nordex-CEO. Entscheidend ist aus Sicht des TecDax-Managers eben nicht, ob man nach der Hälfte des Weges vorne ist, sondern am Ende des Rennes. Und hier ist Blanco weiter optimistisch. Er bestätigte die Prognose seines Konzerns. So soll der Umsatz für das Gesamtjahr 2017 in einer Bandbreite von 3,1 bis 3,3 Milliarden Euro liegen und die Gewinnspanne vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) bei bis zu 8,2 Prozent.

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Die Aktie von Nordex legte am Donnerstag um zeitweise mehr als sechs Prozent zu. Der Kapitalmarkt hatte mit schlechteren Quartalszahlen gerechnet. Dennoch ist das Vertrauen der Anleger in Nordex weiterhin schwer beschädigt. Der Konzern ist derzeit um fast 800 Millionen Euro weniger an der Börse wert als noch Anfang des Jahres. Der Grund: Ende Februar schockten die Hamburger ihre Aktionäre mit einer drastischen Umsatz- und Gewinnwarnung. Demnach dürfte der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) für 2018 um 160 Millionen Euro geringer ausfallen als ursprünglich geplant. Der damalige Nordex-CEO, Lars Bondo Krogsgaard, war nach der gekappten Prognose nicht mehr zu halten.


Neue Turbine und Personalabbau

Im März übernahm José Luis Blanco den Vorstandsvorsitz bei Nordex. Zuvor hatte der Spanier das operative Geschäft bei den Hamburgern verantwortet und ehemals die Windkraftsparte des spanischen Nordex-Großaktionärs Acciona geleitet. Nun versucht er, das verloren gegangene Vertrauen stückweise wieder herzustellen.

In Kürze will er eine neue Turbine präsentieren und parallel die Kosten deutlich drücken. Aktuell verhandelt der Konzern über Personalabbau im Stammwerk in Rostock. Die Auslastung in Rostock sei wegen des schwächelnden Geschäfts im deutschen Markt deutlich geringer als in den Vorjahren. „Wir müssen auf diese Situation reagieren“, erklärte Blanco. Wie viel Stellen in Rostock konkret wegfallen werden, nannte der Manager nicht, da man darüber aktuell noch mit Arbeitnehmervertretern verhandle.

„Positiv ist, dass der neue CEO im Gegensatz zu seinem Vorgänger schon einmal bewiesen hat, dass er einen erfolgreichen Turnaround einleiten kann. Er hat bei Acciona Windpower vor der Fusion mit Nordex die Kosten deutlich gesenkt – er kann das also prinzipiell“, sagte Arash Roshan Zamir dem Handelsblatt. Der Analyst von Warburg Research ist aber überzeugt, dass die Margen von Nordex trotz der angedachten Einsparungen von 30 Millionen Euro an Fixkosten „auf absehbare Zeit nicht an jene von Konkurrenten wie Vestas herankommen“.

Während der dänische Weltmarktführer Vestas mit Gewinnspannen vor Steuern und Zinsen (Ebit) von fast 14 Prozent glänzt, schafft Nordex nur knapp fünf Prozent. „Das liegt an der verschiedenartigen Unternehmensstruktur“, erklärt Roshan Zamir. Was den Analysten aber mehr beunruhigt als die vergleichsweise schwache Marge ist, dass der Umsatz von Nordex ab dem kommenden Jahr schrumpfen könnte. „Dadurch entsteht Verunsicherung“, sagt Roshan Zamir.

In wichtigen Märkten wie Brasilien oder Südafrika verzögern sich schon länger Großprojekte von Nordex wegen der instabilen politischen Situation. Im ersten Halbjahr 2017 konnten die Hamburger aber auch in dem boomenden US-Markt noch keinen Neu-Auftrag für das kommende Jahr ergattern. „Die USA stellen einen vielversprechenden Windmarkt dar und Nordex muss dort liefern um den eigenen Ansprüche gerecht zu werden“, fordert Roshan Zamir.

Bei Nordex selbst heißt es, man erwarte eine „Reihe von Aufträgen aus den USA und anderen außereuropäischen Märkten im zweiten Halbjahr“. Von diesem Auftragseingang hängt ab, ob die Aktie von Nordex steigt oder fällt. Und ob Blanco die Anleger besänftigen kann, oder ebenso hart vom Kapitalmarkt abgestraft wird wie sein Vorgänger.