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Nord Stream 2 droht neuer Ärger aus den USA

Nach den Attacken von Donald Trump auf das Projekt legen Republikaner nach. Sanktionen könnten die beteiligten Konzerne hart treffen.

Der Ostseepipeline Nord Stream 2 droht neuer Ärger. Der US-Kongress erhöht den Druck auf das Projekt und berät Sanktionen. Begründet wird dies ironischerweise mit „Hilfe“ für Deutschland.

„Wir haben gesehen, wie Russland in der Vergangenheit sein Erdgas als geopolitische Waffe eingesetzt hat“, sagte John Barrasso, republikanischer Senator aus Wyoming. Das Land erpresse Geld von ihnen und bedrohe sie. „Mit der neuen Pipeline versucht Russland, Deutschland und den Rest Europas noch abhängiger, noch manipulierbarer gegenüber dieser Art russischer Nötigung zu machen“, erklärte der Kongress-Abgeordnete. Er will Sanktionen gegen die Leitung verhängen lassen.

Co-Autor des Gesetzesprojekts ist mit Senator Cory Gardner ein weiterer Republikaner. Doch treibende Kraft ist offenbar Barrasso, der die Strafmaßnahmen gegen das russisch-europäische Pipelineprojekt als „Hilfe“ für die eigenen Verbündeten in Europa bezeichnete, sich aus der russischen Abhängigkeit zu befreien. Dazu soll dann der Umfang der Lieferungen von amerikanischem Flüssigerdgas (LNG) über den Atlantik gesteigert werden. Diese Art Hilfe sei auch im Sinne der eigenen „nationalen Sicherheit“, fügte Barrasso hinzu.

Erst kürzlich hatte US-Präsident Donald Trump das Projekt mehrfach scharf angegriffen. Im Vorfeld des Nato-Gipfels in der vergangenen Woche hatte Trump erklärt, Deutschland mache sich mit den Öl- und Gaslieferungen, die durch die neue Pipeline transportiert werden sollen, zum „Gefangenen“ Russlands.

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Nord Stream 2 soll parallel zur schon existierenden Nord Stream gut 1200 Kilometer durch die Ostsee verlaufen. Ausgangspunkt ist das russische Wyborg, Endpunkt Lubmin bei Greifswald. Aufsichtsratschef ist wie beim Vorgängerprojekt Altkanzler Gerhard Schröder.

Sanktionen könnten Finanzierung erschweren

Trotz Widerstands aus Osteuropa, speziell der Ukraine, und von Umweltschutzorganisationen – der Naturschutzbund Deutschland ist am Donnerstag mit einer Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert – hat das Milliardenprojekt inzwischen alle rechtlichen Hürden genommen.

Im Gegensatz zum Vorgänger ist bei Nord Stream 2 allerdings bislang Gazprom alleiniger Aktionär. Europäische Gaskonzerne, die Interesse an einem Einstieg bekundeten, haben ihr Engagement wegen der Furcht vor Sanktionen bislang auf den Status als Kreditgeber beschränkt. Namentlich finanzieren Uniper, Wintershall, Royal Dutch Shell, die OMV und Engie das Projekt.

Insgesamt 4,75 Milliarden Euro wollen die europäischen Energieversorger zahlen, um ihren Anteil an der Pipeline zu finanzieren. Die Hälfte davon ist bereits geflossen. Sollten die Sanktionen in Kraft treten, könnte die restliche Finanzierung deutlich schwerer werden. Von solchen Maßnahmen bedroht sind nämlich Firmen und Privatpersonen, die einmalig mehr als eine Million Dollar oder pro Jahr mehr als fünf Millionen Dollar investieren beziehungsweise Waren oder Dienstleistungen in diesem Umfang liefern.

Es ist nicht das erste Mal, dass Sanktionen gegen Nord Stream 2 in den USA diskutiert werden. Erste Signale diesbezüglich gab es bereits 2017. Die Beteiligten reagierten entsprechend aufgeschreckt und kritisierten die Sanktionspläne: Uniper-Chef Klaus Schäfer bezeichnete die Gedankenspiele in Washington im vergangenen Jahr als Versuch, „eigene wirtschaftliche Interessen durchzusetzen“. Das Ganze würde auf Kosten der Sicherheit Europas bei der Energieversorgung gehen. OMV-Chef Rainer Seele, lange Jahre in Moskau aktiv, verteidigte die Pipeline ebenfalls als Stärkung der Energiesicherheit.

Dass die Diskussion nun mit neuer Stärke hochkocht, dürfte auch am Treffen von Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in dieser Woche liegen. Trumps Auftritt wurde in der Heimat als extrem schwach bewertet.

Der US-Präsident galt bis vor Kurzem als einer der härtesten Gegner des Pipeline-Projekts. Es gehe nicht an, dass Deutschland von den USA militärischen Schutz einfordere, gleichzeitig aber dem vermeintlichen Gegner Russland Milliarden in den Rachen werfe. Berlin solle stattdessen amerikanisches Flüssiggas kaufen, machte der US-Präsident noch beim Nato-Gipfel unverhohlen Klientelpolitik.

Trump verliert Vertrauen in den eigenen Reihen

Erst beim Treffen mit Wladimir Putin in Helsinki an diesem Montag rückte er überraschend von seiner Forderung ab. Zwar versprach er immer noch, mit den Russen auf dem europäischen Energiemarkt konkurrieren zu wollen. Doch Nord Stream 2 nannte er plötzlich eine „Entscheidung der Deutschen“.

Doch seine Parteifreunde halten offenbar nicht viel von der Idee, die Entscheidung tatsächlich Berlin zu überlassen. Dass nun mit Barrasso ausgerechnet ein Mitglied der extrem konservativen Anti-Abtreibungs-Bewegung und der Waffenlobby NRA die neue Gesetzesinitiative startet, spricht auch dafür, dass Trump in den eigenen Reihen an Vertrauen verliert.

Dieser innenpolitische Machtkampf könnte nicht nur die an Nord Stream 2 beteiligten Konzerne teuer zu stehen kommen. Auch die Gesamtversorgung des europäischen Markts ist unklar: 2019 läuft der bisherige Transitvertrag zwischen Russland und der Ukraine aus. Putin hatte in Helsinki zugesagt, diesen Transitvertrag zu verlängern, wenn der Rechtsstreit zwischen Gazprom und der ukrainischen Naftogas vor dem Gericht in Stockholm beigelegt ist.

Dieses vage Versprechen dürfte angesichts der neuen Drohungen aus den USA noch unwahrscheinlicher eingelöst werden. Zuletzt wurde schon bekannt, dass Moskau seinerseits neue Sanktionen gegen die Ukraine vorbereitet. Der genaue Umfang ist zwar nicht bekannt, und die Wirtschaftsbeziehungen beider Länder sind ohnehin nur noch marginal. Aber die Absichtsbekundung deutet nicht darauf hin, dass sich Moskau und Kiew schnell auf eine weitere Transitlösung verständigen.