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Noch mehr Unterhaltung, noch mehr Lifte und Bahnen: Sölden will sich treu bleiben

Jakob Falkner ist Chef der Bergbahnen in Österreichs größter Tourismusgemeinde. Die Pandemie ist für ihn kein Grund, an der Strategie etwas zu ändern – im Gegenteil.

„Sport und Unterhaltung“: Das verkauft der Bergbahnunternehmer Jakob Falkner sonst in dieser Jahreszeit den vornehmlich ausländischen Touristen. Jüngst herrschte im Tiroler Skiort Sölden aber wegen der Corona-Pandemie eher Langeweile. Sport bedeutet vor allem spazieren, aber eben nicht Ski fahren. Denn die Bahnen haben den Betrieb vorübergehend eingestellt.

Auch der 64-jährige Falkner war in seinem Leben noch nie so oft zu Fuß unterwegs wie in den vergangenen Monaten. Das habe ihm geholfen, die Lockdowns in Österreich besser zu überstehen als befürchtet, sagt er. „Ich bin zudem oft allein im Büro gesessen und habe viel nachgedacht.“

Als Geschäftsführer und Mitbesitzer der Söldener Bergbahnen hält Falkner sonst einen riesigen und teuren Maschinenpark am Laufen. Rund 67.000 Skifahrer können die 30 Lifte und Bahnen des Unternehmens in der Stunde befördern. Pro Jahr verzeichnet Sölden über zwei Millionen Übernachtungen. Gemessen an dieser Zahl ist der Ort Österreichs größte auf den Tourismus ausgerichtete Gemeinde.

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Erst am 23. Dezember werden die Bahnen den Betrieb wieder eingeschränkt aufnehmen. Allerdings haben die Sportler aus der Region die Pisten dann für sich. In Österreich herrscht über die Festtage ein strenges Einreiseregime, und die Hotels sind bis zum 18. Januar geschlossen. Das soll ausländische Gäste davon abhalten, in die Skigebiete zu reisen.

Viel ist die Rede davon, dass die Pandemie die Tourismusbranche verändern werde. Statt in der Welt herumzufliegen, würden die Gäste im Urlaub künftig vermehrt die Beschaulichkeit suchen. Falkner sieht das anders: „Sport und Unterhaltung, das wird nach der Pandemie mehr denn je gelten“, sagt er.

„Wann, wenn nicht im Urlaub, sollen die Menschen sonst dem Vergnügen nachgehen?", fragt der Unternehmer rhetorisch. Falkner investiert daher nicht nur laufend in die Bahnen, sondern auch in die Unterhaltung.

Ein neues Angebot, das darauf abzielt, die Gäste auch bei schlechtem Wetter bei Laune zu halten, sind die „007 Elements“. Vor fünf Jahren ist der James-Bond-Film „Spectre“ teilweise in Sölden gedreht worden. Mit einem Museum voller cineastischer Installationen versucht Sölden nun, daraus Kapital zu schlagen.

Wettrüsten in den Bergen stößt auf Kritik

Solche Investitionen sind ganz nach Falkners Geschmack. Besonders stolz ist er darauf, dass er und die beiden anderen Großaktionäre der Söldner Bergbahnen, die Familien Gurschler und Riml, in der Regel den gesamten Cashflow in den Betrieb reinvestieren. „Bei uns gibt es ganz selten eine Dividende“, sagt er. Geld ist für den Unternehmer das Schmiermittel, um eine immer noch größere Maschine am Laufen zu halten.

Bei der Wertschöpfung hat Sölden laut Falkner nämlich noch Nachholbedarf. So ist zum Beispiel das Sommergeschäft stark vernachlässigt worden. Über 70 Prozent der jährlichen Wertschöpfung erzielt Söldens Tourismusbranche im Winter.

Um dieses Manko zu beheben, hat Falkner mit den Schweizer Jungfraubahnen eine Kooperation geschlossen. Bei diesem Unternehmen läuft das Geschäft gerade andersherum als in Sölden. Der starke Franken hat dem Wintergeschäft zugesetzt. Dafür hat es die Firma unter ihrem Chef Urs Kessler geschafft, jedes Jahr rund 700.000 Ausflugsgäste aus asiatischen Ländern anzulocken.

Die beiden Unternehmenschefs wollen voneinander profitieren. Mittlerweile verbindet sie zudem eine Freundschaft, die wohl auch darauf gründet, dass sie gleich ticken. Sowohl Falkner als auch Kessler arbeiten wie Besessene an der Erschließung neuer Märkte und Geschäftsmöglichkeiten.

Aber selbst in Österreich gibt es mittlerweile Kritik an diesem Wettrüsten in den Bergen. Die Branche sei vorwiegend von Dinosauriern beherrscht und kenne keinen Wandel, sagt ein Hotelier aus einem anderen Ferienort. Alles müsse immer noch größer und schriller werden.

Sölden sei eben kein Kurort, entgegnet Falkner. Der Ort hat zwar eine Ruhezone von 350 Quadratkilometern ausgewiesen, wo Beschaulichkeit statt touristischer Trubel herrscht. „Allerdings fragt nur ein Bruchteil der Gäste dieses Angebot nach“, sagt Falkner.

Ständig ein noch größeres Rad zu drehen führt aber auch zu wirtschaftlichen Zwängen. Die Investitionszyklen im Tourismus sind in den vergangenen Jahren immer kürzer geworden. Beispielsweise müssen Bahnen und Hotelzimmer immer häufiger renoviert werden, um die verwöhnten Kunden zufriedenzustellen.

Das setzt die touristischen Anbieter unter Druck – erst recht in diesem Jahr, in dem das Geschäft teilweise wegfällt und die Amortisationen zur Last werden.

Es werde auch im Tourismus Gewinner und Verlierer geben, das sei eben Wettbewerb, sagt Falkner lakonisch dazu. Sein Unternehmen habe die Substanz und den Rückhalt der Banken, um die schwierige Phase zu überstehen. Und um den Spitzenplatz im österreichischen Wintertourismus zu behalten, arbeitet Falkner seit Jahren am nächsten Mammutprojekt.

Er will das Gletschergebiet von Sölden mit jenem des benachbarten Pitztals verbinden. Dafür planen die beiden Bahngesellschaften, fast 132 Millionen Euro in zusätzliche Anlagen zu investieren.

Allerdings haben diese riesigen Investitionen den Widerstand von Umweltschützern provoziert. Falkner will trotzdem am Projekt festhalten. Schon die Klimaerwärmung erfordert es seiner Ansicht nach, das Hochgebirge für den Skisport weiter zu erschließen.

Möglicherweise wird das Projekt aber verkleinert. Genaues will Falkner zu den Mutmaßungen, die es seit einiger Zeit dazu gibt, nicht sagen. „Schauen wir mal“, meint er bloß.

Anteile sollen in der Familie bleiben

Die neuen Bahnen werden nicht das einzige Projekt sein, das Falkner in den kommenden Jahren stark beschäftigen wird. Längst ist er nämlich in einem Alter, in dem sich jeder Unternehmer über seine Nachfolge Gedanken machen muss. Er sei daran, den Übergang an die nächste Generation zu planen, sagt er.

Falkner bezeichnet sich als freiheitsliebenden Junggesellen; er wohnt in Söldens einzigem Fünf-Sterne-Hotel, das von einer seiner Schwestern geführt wird. Für ihn ist klar, dass sein Anteil und jener seines Bruders Mike an der Bergbahngesellschaft in der Familie bleiben werden.

Gleichzeitig will er unbedingt einen Fehler vermeiden, den viele Familienunternehmer machen: unter allen Umständen ein Mitglied des Clans an der Firmenspitze zu installieren.

Einige von Falkners Geschwistern haben zwar Kinder. Im Gespräch vermittelt der Unternehmer jedoch den Eindruck, als ob eher ein familienfremder Manager dereinst seine Nachfolge antreten werde. Konkret wird Falkner bei dieser Frage aber nicht – so wie er sich auch sonst nicht gerne in die Karten blicken lässt.