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Noch keine Einigung bei Tuifly

Ein Vermittlungsgespräch zwischen dem Ferienflieger und Verdi bringt noch keine Lösung. Der Streit über den Abbau von bis zu 900 Stellen geht weiter.

Die Tui-Tochter will die Flotte halbieren. Gewerkschaften befürchten den Abbau von bis zu 900 Arbeitsplätzen. Foto: dpa
Die Tui-Tochter will die Flotte halbieren. Gewerkschaften befürchten den Abbau von bis zu 900 Arbeitsplätzen. Foto: dpa

Nach dem ersten Krisengespräch mit der niedersächsischen Landesregierung über den geplanten Abbau von bis zu 900 Arbeitsplätzen bei Tuifly zeichnet sich ab: Eine Lösung des Konflikts bei der Ferienfluggesellschaft wird noch einige Zeit dauern. Denn die Situation ist komplex, auch weil es um eine grundsätzliche und schon lange diskutierte Frage geht: Wie viele Flugzeuge braucht die deutsche Airline des Reisekonzerns Tui?

Am Montagvormittag hatten sich im Wirtschaftsministerium in Hannover unter Vermittlung des Ministers Bernd Althusmann (CDU) Spitzenvertreter des Unternehmens und Gewerkschaften zu einem Austausch getroffen. Althusmann hatte zu dem Gespräch geladen, nachdem Tuifly vor einigen Tagen mit Verweis auf die Folgen der Corona-Pandemie angekündigt hatte, die Flotte auf nur noch 17 Flugzeuge halbieren und Personal abbauen zu wollen. In Gewerkschaftskreisen ist von bis zu 900 Stellen die Rede.

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Ein Ergebnis wurde nicht erzielt. Aber die Arbeitnehmervertreter zeigten sich zufrieden darüber, dass die Politik sich in den Streit eingeschaltet hat. „Wir freuen uns, dass der Wirtschaftsminister in dem konstruktiven Gespräch klargemacht hat, dass massive Staatshilfen und ein hoffnungsvoller wirtschaftlicher Ausblick mit einem massiven Stellenabbau in der angekündigten Höhe nicht zusammenpassen“, sagte Markus Wahl, der Präsident der Pilotenvertretung Vereinigung Cockpit, im Anschluss an das Treffen. „Herr Althusmann hat klargemacht, dass er den Standort Hannover schützen will, und eine Perspektive eingefordert“, hieß es bei Verdi.

Der Gesprächsbedarf ist groß, denn das Thema ist komplex. Zwar begründet das Management die harten Einschnitte mit der Pandemie. Doch deren mittelfristige Folgen für den Tourismus sind noch gar nicht abschätzbar. Nachdem die Grenzen zu den meisten europäischen Ländern seit diesem Montag wieder offen sind, startete am Vormittag in Düsseldorf die erste Maschine von Tuifly nach Mallorca – nach Unternehmensangaben nahezu voll besetzt.

Im Hintergrund dürfte deshalb auch die schon seit Jahren diskutierte Frage nach der grundsätzlichen Größe der Flotte eine Rolle spielen. Die nun genannten 17 Jets wäre ein Volumen, das auch im reiseschwächeren Winter ausgelastet werden könnte. Tuifly fliegt bisher anders als andere Fluggesellschaften von Tui eine an den Sommerbedarf angepasste und damit deutlich größere Flotte.

Im Winter wurden die überschüssigen Flugzeuge bisher verchartert. Die Corona-Pandemie hat das „Verleihen“ im Winter aber zunichtegemacht. Das Management hat deshalb frühere Überlegungen wieder aktiviert, nach denen die eigene Flotte verkleinert wird und dafür im Sommer bei anderen Betreibern Flugzeuge samt Crew angemietet werden (Wet-Lease), um den Bedarf zu decken.

Arbeitnehmervertreter warnen vor Schnellschüssen

In Gewerkschaftskreisen geht man davon aus, dass bei der angestrebten Zahl von nur noch 17 Flugzeugen noch nicht das letzte Wort gesprochen worden ist. „Wir müssen in eine konstruktive Diskussion darüber kommen, wie eine sozial verträgliche Lösung aussehen kann“, hatte Verdi vor dem Beginn der Vermittlungsgespräche erklärt. „Eine solch weitreichende Entscheidung braucht Zeit. Was ist, wenn im nächsten Sommer die Nachfrage massiv steigt? Will man dann für teuer Geld Kapazität zukaufen?“, fragt ein Gewerkschafter.

Gleichzeitig wird auch in Gewerkschaftskreisen hinter vorgehaltener Hand eingeräumt, dass die Stückkosten beim Ferienflieger zu hoch sind. „Aber der Fall Tuifly muss in das Gesamtbild des Konzerns eingeordnet werden“, sagt der Gewerkschafter. Dazu gehöre auch die sich wegen Corona ändernde Wettbewerbssituation. Am Wochenende hatte der Rivale Condor bekanntgegeben, 15 bis 25 Prozent der Stellen abbauen zu wollen. Das wären rechnerisch bis zu 1000 Jobs.

Gewerkschafter verweisen zudem auf geltende Tarifverträge. So gebe es auf Konzernebene eine Betriebsvereinbarung, die einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bis Ende kommenden Jahres vorsieht. Eine Halbierung der Flotte würde also auf Personalkostenseite zunächst kaum etwas bringen, nur sehr viel Geld kosten.

Tui leidet massiv unter Corona. Betroffen ist auch das Kreuzfahrtgeschäft. Ein Teil der Flugzeugflotte wird unter anderem dazu eingesetzt, Passagiere von und zu den in fernen Häfen liegenden Schiffen zu transportieren. Auch die Hotels der Gruppe liegen in vielen Fällen an Orten, die mit dem Linienverkehr schwer zu erreichen sind, weshalb sie der Konzern mit eigenen Flugzeugen ansteuert.

Das Unternehmen hat vor einigen Wochen einen staatlichen Milliardenkredit in Höhe von 1,8 Milliarden Euro bekommen. Das Geld muss allerdings verzinst wieder zurückgezahlt werden. Deshalb muss das Unternehmen seine Kosten reduzieren.