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Ich bin noch nicht fertig!

Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz mag kaum noch eine Chance haben. Aber aufgeben? Niemals.

Man kann über Martin Schulz eine Menge sagen, aber eines ganz sicher nicht: Er macht zumindest nicht den Steinbrück. Eine Woche vor der Bundestagswahl 2013 hatte der damalige SPD-Kanzlerkandidat das Rennen gegen Angela Merkel schon aufgegeben und per Magazincover den Wählern den Mittelfinger gezeigt. Steinbrücks Kampagne gab das auf den letzten Metern etwas eigentümlich Befreites, geradezu Rotzig-trotziges. Aber es war eben auch eine bedingungslose Kapitulation im Angesicht der Niederlage.

Nichts dergleichen ist bis zum Wahlsonntag von Martin Schulz zu erwarten. Schulz streckt den Bürgern niemals einen Stinkefinger entgegen, er reicht seine helfende Hand. Wenn nötig, auch zwei. Und er wird es bis zum Ende tun.

ARD-Wahlarena, Montagabend, der SPD-Chef trifft auf rund 150 Bürger und deren Anliegen. Als 75 Minuten später eigentlich alles schon vorbei ist, will Schulz noch ein letztes Wort sagen. Die Moderatoren wollen ihn zwar abwürgen, aber er zieht es durch. Ein Bundeskanzler sollte sich jeden Monat solchen Bürgerrunden stellen, spricht er also. Ach, der nette, bürgernahe Martin! Der Applaus des Studiopublikums lässt nicht lange auf sich warten.

Ein kalkulierter Schlussmoment, natürlich, aber Martin Schulz' Plädoyer zur Erdung der Regierung ist noch mehr: Ein kurzer und ehrlicher Augenblick, der viel über verbrauchte Hoffnung und echte Genugtuung erzählt. Genugtuung, weil Schulz in Sendungen wie diesen, von Angesicht zu Angesicht, endlich einmal über eine Stunde lang das ganze Magazin sozialdemokratischer Programmatik abfeuern kann, das er dabei hat. Rentenpaket, Investitionsoffensive, Bildungsallianz, Pflegekonzept - kein Problem deutscher Gegenwart, für das ein Genosse wie er keine klingende Antwort, kein Gefühlspathos parat hätte. Seht her, was ich könnte, wenn ich denn dürfte. Schaut Euch die Kleider der Kanzlerin an, es sind unsere: das ist der Schulz-Sound.

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Aber genau deshalb offenbart der Abend auch eine verbrauchte Hoffnung. Weil Schulz ahnt, dass es zu spät sein dürfte. Weil alles, was er sagt, im ewigen Konjunktiv zu verharren droht. Sein Lob für das Sendungskonzept kann man schließlich auch so lesen: Hätte die amtierende Bundeskanzlerin wirklich schon jeden Monat die bundesrepublikanische Wirklichkeit in direkter Konfrontation erlebt, sie wäre vielleicht nicht so beliebt, so unantastbar, kurzum: so Merkel.

Aber das ist sie, immer noch. Schulz, auch das wird in der Wahlarena deutlich, findet diese, seine persönliche Ungerechtigkeit die größte von allen.