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Niki Lauda – der ewige Kämpfer

Aufgeben kam für den Rennfahrer und Unternehmer Niki Lauda nie infrage. Nun ist er im Alter von 70 Jahren gestorben.

Im hinteren Teil des Café Imperial war sein Stammplatz. Das Schnittlauch-Brot war für ihn zum Frühstück mit einer Tasse Melange unverzichtbar. Es wurde neben der roten Baseballmütze des österreichischen Glücksspielkonzerns Novomatic eines seiner Markenzeichen. Das Kaffeehaus des Wiener Luxushotels an der berühmten Ringstraße hat sogar ein Frühstück nach der Rennfahrer-Legende benannt.

Bereits am frühen Morgen empfing Niki Lauda hier im Stunden- und Halbstunden-Takt seine Freunde und Geschäftspartner. Schnelligkeit liebte die Formel-1-Legende – auch im Gespräch. Auf lange Fragen antwortete der Wiener Unternehmersohn kurz, direkt, ehrlich. Er flocht nicht, wie sonst in seiner Heimatstadt üblich, wortreiche Girlanden um seine Aussagen. Falschheit und Hinterlist hasste er.

„Hier im Hotel Imperial hat mich der Gründer der Money Service Group über den Tisch gezogen, der auch meine Kappe gesponsert hat. Die liechtensteinische Firma ging pleite, und ich hatte eine halbe Million Euro weniger“, sagte er einmal im Gespräch mit dem Handelsblatt . „Das passiert mir nie mehr wieder. Die Werbung auf Ihrer Kappe war jedoch eine smarte Idee, die ich nicht geplant habe“, erzählte Lauda.

Es sind Szenen wie diese, die einem in Erinnerung bleiben werden. Von einem Rennfahrer und Unternehmer, der sagte, was er dachte, der machte, was er für richtig hielt. Und der zeitlebens kämpfte – nach dem fürchterlichen Feuerunfall am 1. August 1976 auf dem Nürburgring auch mit seiner Gesundheit. Zumindest diesen Kampf musste er nun aufgeben. Niki Lauda ist am Montag im Alter von 70 Jahren im Kreis seiner Familie entschlafen.

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Viele andere Kämpfe hat Lauda in seinem Leben hingegen gewonnen. Schon als Bub liebte er Autos, schnelle Autos. Rennen fahren, das war sein Ziel. Doch sein Elternhaus, eine wohlhabende Industriellenfamilie, war dagegen, wollte, dass der Sohn eine vernünftige Ausbildung macht. Kurzerhand fälschte Lauda sein Abiturzeugnis, um das Heim zu befrieden, und beschaffte sich das nötige Geld. Mit 19 steuerte er erstmals einen Rennwagen.

Das Gesicht ist schwer verbrannt, die Lunge verätzt

Dreimal wird Lauda Formel-1-Weltmeister. Nur 42 Tage nach seinem Feuerunfall – von ihm später sarkastisch als „Barbecue“ bezeichnet – sitzt der Rennfahrer wieder hinter dem Steuer. Das Gesicht ist schwer verbrannt, die Lunge verätzt. Doch Lauda wollte möglichst schnell wieder fahren. Lange über das, was geschehen war, nachzudenken, das war nicht seine Welt.

Wer mit dem Österreicher unterwegs war, konnte seine Rastlosigkeit beobachten. Jede rote Ampel war ihm ein Graus. Lauda stand eigentlich immer auf dem Gaspedal. Selbst zu Fuß hatte er es eilig. Nicht selten hatte seine Entourage Mühe, ihm von Termin zu Termin an den Fersen zu bleiben.

Als er auf einer Dienstreise in Stockholm mit Gästen in eine Eisbar gehen sollte, streifte er sich nur widerwillig den Mantel über, den ihm das Personal des Restaurants reichte. Nach wenigen Minuten war er wieder beim Ausgang: „Wer lässt sich denn so einen Blödsinn einfallen?“, knurrte er, schon in der Tür. Die düpierten Gäste schlichen hinterher.

Lauda nahm nie ein Blatt vor den Mund. Seine Ungeduld ließ er bisweilen auch die Gesprächspartner spüren, wenn sie seiner Meinung nach zu lange schwurbelten. Übel nahm ihm das trotzdem niemand, es war ja „der Niki“.

Und der lernte am Steuer der Formel-1-Boliden schnell, wie man Risiken managt. Das nutzte er als Unternehmer. Gleich dreimal gründete der begeisterte Pilot eine eigene Fluggesellschaft: erst Lauda Air, dann FlyNiki. Die verscherbelte er dann an Air Berlin. Als die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft 2017 Insolvenz anmelden musste, schnappte er sein „Baby“ der Lufthansa vor der Nase weg. Er holte sich die Airline zurück und formte daraus seine dritte Fluggesellschaft: Laudamotion.

Auch wenn er immer eigenes Kapital einsetzte, Lauda wusste stets, wie er finanziell seinen Schnitt machte. „Lauda war jemand, der es perfekt verstand, sein Risiko klar zu kalkulieren“, sagt ein Luftfahrt-Manager, der ihn aus Air-Berlin-Zeiten gut kannte. Er habe gerne versucht, sofern möglich, Dinge auf fremde Schultern zu laden.

Lauda hielt wenig von Mitbestimmung

Mitarbeiter seiner Airlines mussten zum Beispiel hart für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen. Lauda setzte auf Leiharbeitsfirmen. Von Mitbestimmung und Gewerkschaften hielt er wenig und machte daraus auch kein Geheimnis. Und so scheute er sich nicht, Laudamotion schon kurz nach der Gründung mehrheitlich und gewinnbringend an den irischen Billiganbieter Ryanair zu verkaufen. Kritik an seinem Handeln perlte an ihm ab – auch das gehört zu Lauda.

Ebenso seine durchwachsene Erfolgsbilanz als Unternehmer. Lauda Air zum Beispiel wurde im Oktober 2001 zu 99 Prozent von Austrian übernommen. Die Airline hatte große wirtschaftliche Probleme, Lauda selbst wurden Managementfehler vorgeworfen, etwa riskante Fremdwährungsgeschäfte.

Dennoch genoss Lauda in der Luftfahrt viel Respekt. „Er hatte ein sehr gutes Gespür für Bedürfnisse des Marktes“, sagt eine frühere Führungskraft von Air Berlin. So lautete der Claim von Lauda Air einst „Service is our success“ – und wurde durchaus mit Leben gefüllt.

Das Essen an Bord kam vom Wiener Gourmetcaterer Do & Co, der heute etwa Turkish Airlines beliefert, und bekannt ist für seinen guten Service. Eine Zeit lang gab es sogar frisch gezapftes Bier an Bord. „Bei allen fragwürdigen Praktiken, etwa beim Umgang mit Mitarbeitern – Niki Lauda ist es gelungen, am Markt sehr akzeptierte und beim Kunden geschätzte Airlines aufzubauen“, sagt ein Luftfahrt-Manager.

Doch der Luftfahrt-Unternehmer erlebte auch schwere Zeiten. Am 26. Mai 1991 stürzte Lauda Air 004 über Thailand ab. Alle 223 Insassen starben. Für den Piloten Lauda war das ein Schock. Sofort reiste er an den Unglücksort, stellte sich den Angehörigen, was ihm viel Respekt und Anerkennung einbrachte.

Zudem ließ der Ex-Rennfahrer nicht locker bei der Aufklärung der Absturzursache. Schließlich stellte sich heraus, dass sich die Schubumkehr wegen eines Konstruktionsfehlers automatisch aktiviert hatte und der Jet unkontrollierbar wurde.

Wie der Luftfahrt so blieb Lauda auch dem Rennsport bis zuletzt eng verbunden. Viele Jahre kommentierte er den Formel-1-Zirkus für RTL – ehrlich, offen und spitz wie immer halt. Ab 2013 war Lauda zudem Aufsichtsratschef des erfolgreichen Teams von Mercedes-Benz. Kein Rennen ließ er aus, egal wo es auf der Welt stattfand.

Niki Lauda hinterlässt vier Kinder

Als Lauda im vergangenen Jahr erstmals auf dem Hockenheimring fehlte, wusste jeder, dass etwas geschehen war. Lauda musste sich einer Lungentransplantation unterziehen. Zweieinhalb Monate verbrachte der damals 69-Jährige in der Klinik, für den rastlosen Unternehmer eine echte Qual.

Wirklich zurückgekehrt ist er danach in sein altes unruhiges Leben nicht mehr. Lauda hinterlässt vier Kinder, zwei aus der ersten und Zwillinge aus der zweiten Ehe. „Er wird uns sehr fehlen“, teilte die Familie am Dienstag mit.

Sein unermüdlicher Tatendrang, seine Gradlinigkeit und sein Mut seien Vorbild und Maßstab für alle. Auch in der Wirtschaft hinterlässt Lauda zahlreiche Freunde. Attila Dogudan, CEO von Do & Co, hat seinen Aufstieg Lauda zu verdanken. Er war es, der den aufstrebenden türkischen Migrantensohn mit seinen Netzwerken förderte.

Zu seinen Freunden zählte auch der Immobilienunternehmer René Benko, bei dem er privates Geld investierte. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz schätzte er als politischen Macher.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka würdigte Lauda am Dienstag als eine große Persönlichkeit des Landes. Er sei für viele Menschen aus unterschiedlichen Generationen ein Vorbild gewesen: „Mit ihm ist eine wichtige Galionsfigur von uns gegangen.“

Mehr: Die Nachricht von Niki Laudas Tod bewegt, besonders die Formel 1. In der Motorsport-Königsklasse hat er große Trauer ausgelöst – die Reaktionen.