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Neuer Amazon-Chef: Das ist Andy Jassy

Der bisherige Chef der Cloud-Sparte AWS arbeitet seit fast einem Vierteljahrhundert bei Amazon. Jassy übernimmt einen Konzern auf der Höhe seiner Macht.

Der 59-Jährige bleibt seinem Konzern aber erhalten. Foto: dpa
Der 59-Jährige bleibt seinem Konzern aber erhalten. Foto: dpa

Dass Andy Jassy einmal Jeff Bezos nachfolgen würde, ist nicht überraschend. Er war schon einmal sein Schatten: Im Jahr 2003 schuf der Amazon-Gründer die Rolle des „technischen Assistenten“, der ihm zwei Jahre lang auf jede Reise und in jedes Meeting folgen und jedes Detail des CEO-Jobs kennenlernen sollte. Bei Amazon kennt man den Posten vor allem als „Shadow“. Jassy war der erste in einer inzwischen langen Ahnenreihe jener Bezos-Beschatter.

Doch erst der Job, den der 53-Jährige die eineinhalb Jahrzehnte danach erledigte, hat ihn wirklich für den Chefposten im viertwertvollsten Unternehmen der Welt qualifiziert: Ab 2004 verwandelte Jassy die Cloud-Tochter Amazon Web Services (AWS) von einem internen Start-up in Amazons Gelddruckmaschine. Von 45 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr 2020 blieben 13 Milliarden Gewinn hängen.

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AWS ist für gut ein Zehntel des Amazon-Umsatzes verantwortlich, aber für 60 Prozent des Gewinns.

Im dritten Quartal dieses Jahres soll Jassy an die Amazon-Spitze rücken, Bezos wird Executive Chairman – ein Posten, der zwischen Aufsichtsratschef und Co-Chef liegt, je nachdem wie offensiv der 59-Jährige ihn ausüben will. Als größter Anteilseigner hat Bezos ohnehin die Kontrolle über den Konzern.

Dennoch bedeutet der Bezos-Rückzug für Amazon und die weitere Tech-Szene eine Zeitenwende: Von den vier mit mehr als einer Billion Dollar bewerteten Tech-Konzernen Apple, Microsoft, Amazon und Alphabet ist Amazon der letzte, der noch von seinem Gründer geführt wird.

Ein Übergang deutete sich schon länger an: Bezos hat sich seit einigen Jahren anderen Interessen wie seiner Raumfahrtfirma Blue Origin zugewendet. Seitdem 2019 seine Beziehung mit der Schauspielerin Lauren Sanchez bekannt wurde, war Bezos vor der Pandemie auch häufig Gast auf roten Teppichen in Hollywood.

„Ein Hai, der Blut aus 100 Meilen Entfernung wittert“

„Jeff ist ja schon länger an diversen Projekten beteiligt und gibt seinen Führungskräften seit jeher Autonomie“, sagte Jassy dem Handelsblatt Ende 2019. Schon seit 2016 war Jassy nicht mehr Amazon-Vizepräsident für AWS, sondern der CEO der Cloud-Sparte – was eine gestiegene Verantwortung ausdrücken sollte.

Damals allerdings war auch noch ein anderer im Rennen um die Bezos-Nachfolge: Jeff Wilke, CEO für das deutlich umsatzträchtigere Konsumentengeschäft. Als Wilke im August seinen Rückzug bekanntgab, schien das Rennen um den Amazon-Chefposten entschieden. Nur dass es so schnell gehen würde, war nun doch eine Überraschung.

„Andy ist nicht nur ein visionärer Anführer, sondern auch ein starker operativer Manager“, sagte Finanzchef Brian Olsavsky in der Analysten-Telefonkonferenz zur Vorstellung von Amazons Jahreszahlen. Jassy ist kein Softwareentwickler, wie man es an der Spitze eines Technologiekonzerns erwarten könnte, sondern ein Betriebswirt mit Harvard-Abschluss.

Doch Jassy genießt auch Respekt bei seinen technischen Mitarbeitern: „Er ist ein Hai, der einen Tropfen Blut aus 100 Meilen Entfernung wittert, wenn du nicht vorbereitet bist“, sagte ein Mitarbeiter dem Nachrichtenportal „Business Insider“ kürzlich über Jassy.

Der Topmanager habe zwar größtes Vertrauen in sein Team, verlange aber auch perfekte Vorbereitung auf seine „Chop“-Meetings – benannt nach dem französischen Roman „Die Kartause von Parma“ (Charterhouse of Parma), den Jassy im Studium las.

Amazon hat ein erfolgreiches, aber auch herausforderndes Jahr hinter sich. Die globale Corona-Pandemie hat praktisch jede Sparte des Tech-Konzerns gestärkt, vom Handelsgeschäft über die Cloud bis hin zu Prime Video, dem TV-Streamingdienst des Unternehmens.

Gegenüber dem Vorjahr stieg Amazons Umsatz um mehr als 100 Milliarden auf 386 Milliarden Dollar. Amazon ist der zweitgrößte Arbeitgeber der USA, liefert Schrankwände und Tomaten aus, produziert Filme und Computerspiele, forscht an Künstlicher Intelligenz und Quantencomputern.

Die Größe und Bedeutung des Tech-Konzerns aus Seattle hat Misstrauen geweckt: Sowohl in der EU als auch in den USA ermitteln Wettbewerbsbehörden gegen Amazon. Besonders in der Kritik steht dabei der Umgang auf seiner Handelsplattform mit Händlern, die Amazon angeblich erst ausspioniert und ihnen dann Konkurrenz macht. Im Juni musste Bezos sich unter Eid den Fragen kritischer Kongressabgeordneter stellen. Künftig sind solche Auftritte Jassys Job.

Der Manager stand als Chef einer auf Unternehmenskunden ausgerichteten Sparte bislang wenig im Rampenlicht – die alljährliche Keynote auf der AWS-Hausmesse Reinvent war schon der meistbeachtete Auftritt. Den erledigte Jassy allerdings jedes Jahr mit Gusto.

Jassy warf das Trump-Netzwerk Parler aus der Cloud

Es ist gut möglich, dass Jassy ein öffentlicherer Amazon-Chef wird, als es Bezos zuletzt war. Der gebürtige New Yorker fing 1997 als Marketingmanager bei Amazon an, schon im College hatte er für die berühmte Studentenzeitung „Harvard Crimson“ Anzeigen verkauft.

Eine Kostprobe der politischen Seite des Jobs als Amazon-Chef bekam Jassy bereits: Nach der Attacke von Trump-Anhängern auf das US-Kapitol warf er die bei den Rechtsradikalen beliebte Plattform Parler aus der AWS-Cloud. Auch wenn der Schritt selbst von Kritikern der Tech-Branche begrüßt wurde, wurde vielen die schiere Macht der großen Plattformkonzerne erneut bewusst.

Das politische Territorium war für Amazon in den vergangenen Jahren besonders vermint. So zog Bezos sich die Feindschaft des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump zu, weil dem Amazon-Gründer die kritische Hauptstadtzeitung „Washington Post“ gehört. AWS bekam das zu spüren, als ein Milliardenauftrag des Verteidigungsministeriums überraschend an Microsoft ging, nachdem Trump gegen Amazon gestänkert hatte.

Dass unter Jassy ein Neuanfang gelingt, ist aber nicht garantiert. Auch unter den Demokraten, die nun Präsident und Parlamentsmehrheit stellen, gibt es viele Amazon-Kritiker, gerade was die Arbeitsbedingungen in Amazons Lagerhäusern und den Umgang mit Gewerkschaften angeht.

Jassy erbt einen Konzern auf dem Zenit seiner Macht. Aber auch Probleme, die bei AWS keine große Rolle spielten. Dort war er Chef von 25.000 zum größten Teil hochqualifizierten Mitarbeitern. Ab Sommer ist er der Chef von 1,3 Millionen Menschen.