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Die neue Mischung von Lanxess

Auf die Umbrüche in der weltweiten Chemieindustrie reagiert die Kölner Lanxess AG mit einer neuen Strategie. Vorstandschef Zachert will den Konzern robuster machen: Alle Segmente sollen 2021 zur Weltspitze gehören.

Meterhoch schlagen die Flammen gegen den Schaumstoff, färben ihn tiefschwarz. Doch dem eigentlich extrem leicht entzündlichen Material kann das Feuer nichts anhaben. Die Polyurethan-Platte, die für die Dichtung von Häusern verwendet wird, brennt einfach nicht. Der Kunststoff ist mit einem Flammschutzmittel versehen. Eine Schicht auf Phosphor-Basis sorgt dafür, dass der Schaum vor dem Feuer geschützt wird.

Im Flammschutz-Zentrum im Leverkusener Chempark werden jeden Tag solche feuerfesten Kunststoffe getestet. Hier lässt der Spezialchemiekonzern Lanxess schon seit vielen Jahren Flammschutzmittel fertigen und prüfen. In dem Geschäft ist der Kölner Konzern mittlerweile unter den drei führenden Anbietern weltweit.

Die Schutzstoffe sind Teil einer neuen Sparte von Lanxess: den Additiven. Das sind Zusätze, die beispielsweise Motoröl leistungsfähiger und Reifen haltbarer machen oder dem Bremslicht der Autos die rote Farbe geben. In die Spitzengruppe sind die Kölner mit der 2,5 Milliarden Euro teuren Übernahme des US-Konzerns Chemtura vorgestoßen. 2016 hat Lanxess das auf Schmierstoff und Flammschutzmittel spezialisierte Unternehmen gekauft, die Integration läuft derzeit.

Es ist ein Geschäft, das ganz nach dem Geschmack von Vorstandschef Matthias Zachert ist und locker als Paradebeispiel für seine Strategie herhalten kann. Additive sind keine Massenprodukte, sondern auf einzelne Kunde aus Flugzeug-, Elektronik-, Bau oder Automobilindustrie zugeschnitten. Die Rendite ist vergleichsweise hoch. Die Märkte sind überschaubar und selbst als führender Anbieter muss Lanxess keine kapitalintensiven Großchemieanlagen betreiben.

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Kein Wunder also, dass die neue Sparte am Dienstag auf einer Präsentation des Kölner Konzerns ganz im Fokus stand. Zachert hat dort ein neues Renditeziel ausgegeben. Ab dem Jahr 2021 soll Lanxess eine Gewinnspanne zwischen 14 und 18 Prozent ausweisen. Damit würde sich der Konzern sicher nicht an die Weltspitze katapultieren. Konkurrent Evonik etwa will in den nächsten Jahren auf 18 bis 20 Prozent kommen.

Dennoch wäre es ein Sprung für die Lanxess AG, die in ihrem nun zwölfjährigen Bestehen nach der Abspaltung von Bayer noch nie auf einen solchen Wert kam. 2016 betrug die Gewinnspanne gemessen am bereinigten operativen Ergebnis (Ebitda) 12,9 Prozent. Wie Zachert die Rendite verbessern will, legte er am Dienstag dar: Er will mehr Klasse statt Masse und legt die Latte für die bestehenden Geschäftsbereiche hoch. 2021 sollen sie in ihren Märkten unter den Top-Drei-Anbietern sein. Wer das nicht schaffe, so ließ Zachert durchklingen, hat in dem „The New Lanxess“ getauften Projekt wohl keine Zukunft.

Zachert will Lanxess robuster machen – weniger abhängig von einer einzelnen Industrie wie dem Fahrzeugbau oder von der Region Europa. Der Ausbau der lokalen Fertigung in Asien und den USA wird vorangetrieben – nicht allein, weil Spezialchemiefirmen nah am Standort der Kunden sein müssen, sondern weil sich die politischen Rahmenbedingungen verändern.

„Meine Generation konnte in den vergangenen Jahrzehnten miterleben, wie sich der Freihandel nach und nach in der Welt erweitert hat“, sagt Zachert. „Jetzt nimmt der Protektionismus wieder zu.“ Die Konsequenz daraus ist, dass Unternehmen als lokaler Player in Ländern wie den USA und China mit einer breiten Produktionsbasis auftreten und nicht auf den Export dorthin angewiesen sind.


Großer Fisch im kleinen Teich

Das ist aus Sicht Zacherts nicht die einzige große Herausforderung für die Chemieindustrie. Am Persischen Golf und in China formieren sich neue große Konkurrenten für die etablierten westlichen Anbieter. Mit den neuen Chemieriesen aus dem Osten will es Lanxess erst gar nicht aufnehmen: Kapitalintensive Großchemie, wie sie Lanxess über Jahr hinweg im Kautschukgeschäft praktiziert hat, ist in der Zentrale am Kölner Rheinufer nicht mehr angesagt. Man will der große Fisch im kleinen Teich sein.

Doch das ist Lanxess noch längst nicht in all seinen vier Kern-Segmenten und zehn Business Units. Das Additivgeschäft und die Fertigung von hochwertigen Industriechemikalien sowie Inhaltssoffen für Farbe und Lacke sind laut dem Vorstand bereits auf starkem Niveau. Geschäfte wie Hochleistungskunststoffe, Materialschutz und Lederchemie liegen bei Gewinnwachstum und Kapitalrentabilität jedoch zurück. „Wir haben noch Luft nach oben“, sagt Zachert.

Rund 400 Millionen Euro will Lanxess bis 2021 in die Stärkung der Produktionsbasis investieren, weitere Zukäufe sind nicht ausgeschlossen. Ob dann noch alle heutigen Geschäfte mit an Bord sind, ist offen. Besonders die Lederchemie wird es schwer haben. Der Markt ist teils von hohen Überkapazitäten geprägt.

Von einer Trennung des Ledergeschäfts will Zachert nicht sprechen, aber es steht die Suche nach einem Partner im Raum – ähnlich, wie es der Konzern in seinem früheren Kerngeschäft Kautschuk bereits praktiziert hat.

Diese umsatzstärkste Sparte von Lanxess ist in ein Joint Venture ausgegliedert, das die Kölner zusammen mit dem weltgrößten Ölförderer Saudi Aramco betreiben. Ab dem zweiten Quartal 2018 wird das Joint Venture namens Arlanxeo nur noch als „nicht-fortzuführendes Geschäft“ bilanziert und aus den Konzernkennzahlen weitgehend herausfallen. Beobachter gehen fest davon aus, dass Lanxess das Geschäft 2021 komplett an die Araber abgeben wird.

Aus Sicht von Analysten sind die Ziele des Vorstands nicht zu hoch gesteckt. Lanxess befinde sich inmitten einer Transformation zu einem Nischenplayer, kommentiert Martin Rödiger vom Investmenthaus Kepler-Cheuvreux. Seinen Berechnungen zufolge wird Lanxess 2020 zwar durch die Trennung von Arlanxeo etwas weniger Umsatz machen als 2016 – nämlich 7,4 Milliarden Euro – dafür aber profitabler sein. Rödiger geht davon aus, dass die Kölner bereits 2020 auf eine Ebitda-Marge von 16,9 Prozent kommen werden.

KONTEXT

Die größten Chemiekonzerne der Welt

Platz 10

PPG Industries (USA)Mit 15,33 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz landet das US-Unternehmen mit Firmensitz in Pittsburgh (Pennsylvania) auf dem zehnten Platz der umsatzstärksten Chemieunternehmen weltweit.Zu den Produktbereichen gehören Kunstglasprodukte, Kunstharze und Beschichtungswerkstoffe für Raumfahrt, Architektur und Industrie.

Quelle: Unternehmensangaben, Statista 2017 / Gesamtjahr 2016, jeweils letzte verfügbare Angaben

Platz 9

Linde (Deutschland)Der deutsche Technologiekonzern mit dem Kerngeschäft um Gase und Prozess-Anlagen hat im letzten Jahr 17,83 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht und erreicht so den neunten Platz im Unternehmensranking.

Platz 8

Air Liquide (Frankreich)Auf Platz acht des aktuellen Rankings landet das führende, französische Unternehmen bei Gasen für Industrie, Medizin und Umweltschutz. 19,08 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz in 2016 machen dies möglich. Mit Linde und Praxair zählt Air Liquide zu den drei größten Industriegasherstellern der Welt.

Platz 7

Henkel (Deutschland)Der Düsseldorfer Konzern gliedert sich in drei Unternehmensbereiche: Wasch-/Reinigungsmitte, Schönheitspflege und die Klebstoffe und fuhr 2016 einen Jahresumsatz von 19,69 Milliarden US-Dollar ein. In naher Zukunft möchte der Siebtplatzierte sowohl die US-Firma Darex Packaging Technologies für mehr als 1,05 Milliarden US-Dollar übernehmen als auch den mexikanischen Anbieter von Friseurprodukten Nattura Laboratorios aufkaufen. Der Düsseldorfer Konsumgüterkonzern will so vor allem das eigene Friseurgeschäft in Mexiko und den USA ausbauen.

Platz 6

DuPont (USA)24,6 Milliarden US-Dollar Umsatz und Platz sechs für den Konzern für Chemie, Materialien und Energie. Im Dezember 2015 gaben DuPont und der Konkurrent Dow Chemical bekannt, dass sie fusionieren wollen. Danach soll das Gemeinschaftsunternehmen in drei börsennotierte Unternehmen für Agrarchemikalien, Spezialchemikalien und Kunststoffe aufgespalten werden.

Platz 5

Lyondell Basell (USA)Im Mittelfeld des Rankings und mit 29,18 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz landet Lyondell Basell. Der weltweit größte Produzent von Polyolefinen und Katalysatoren betreibt zudem Erdölraffinerien und produziert Treibstoffzusätze wie MTBE.

Platz 4

Saudi Basic Industries (Saudi-Arabien)Unverändert auf dem vierten Platz befindet sich der saudi-arabischer Chemie- und Metall-Konzern Saudi Basic Industries. Mit 39,5 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz reichte es für Metallkonzern nicht für den Sprung unter die Top-3-Chemiekonzerne. Neben Grundchemikalien wie Methanol und Ethanol stellt das Unternehmen aus dem Nahen Osten auch Düngemittel her.

Platz 3

Dow Chemical (USA)Mit 48,16 Milliarden US-Dollar Umsatz fiel der zukünftige Fusionspartner von DuPont um einen Platz im Vergleich zum Vorjahr. Die Hauptgeschäftsbereiche des US-Unternehmens aus Midland (Michigan) erstrecken sich auf die Kunststoffherstellung, Vorprodukte für die Wasseraufbereitung, Klebstoffe, Insektiziden, Saatgut und die Herstellung von Grundstoffen wie Chlor und Natronlauge.

Platz 2

Bayer (Deutschland)Der zweitplatzierte deutsche Konzern (49,2 Milliarden US-Dollar Umsatz 2016) mit Schwerpunkt auf der chemischen und pharmazeutische Industrie plant eine Megafusion mit Monsanto. Damit möchte das Unternehmen seine Agrarchemie-Sparte um genverändertes Saatgut erweitern. Um diese umstrittene Fusion unter Dach und Fach zu bringen, sollen Bayer und Monsanto bereit sein, Firmenteile für 2,5 Milliarden Dollar zu verkaufen.

Platz 1

BASF (Deutschland)Unveränderter Spitzenreiter mit 60,54 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz: BASF. Der nach Umsatz und Marktkapitalisierung weltweit größte Konzern, mit Hauptsitz in Ludwigshafen am Rhein, wird sich angesichts der Megafusionen in der Branche künftig neu positionieren müssen. Dabei würde aber, laut Unternehmensführung, mehr Wert auf die Wettbewerbsfähigkeit der bestehenden Geschäftsfelder, als an Größe an sich gelegt werden.