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Merkels Nachfolger und die Pandemie: Corona bringt die Pläne der CDU durcheinander

Die CDU braucht eine neue Führung. Den für Dezember angesetzten Bundesparteitag wollen die Christdemokraten umplanen. Doch viele Fragen bleiben offen.

Innerhalb der CDU mehren sich die Stimmen, den Bundesparteitag im Dezember nicht als Präsenz-Parteitag abzuhalten, sondern allenfalls digital. Angesichts steigender Infektionszahlen wächst die Sorge wegen des Signals, das die Partei an die Öffentlichkeit senden könnte, wenn sie sich mit 1001 Delegierten zusammenfände.

„Es ist politisch nicht zu vermitteln, dass wir uns zu einem Parteitag treffen, während der Rest des Landes zu Hause bleiben muss“, hieß es in der Parteiführung, wie das Handelsblatt erfuhr. Damit stünde wieder infrage, wann die Partei einen neuen Vorsitzenden wählt.

Erste Signale, den geplanten Wahlparteitag in Stuttgart abzusagen, gab es Mitte vergangener Woche. In der Vorbesprechung mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten der Länder zur Corona-Lage habe sich gezeigt, dass mit einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen im Herbst und Winter zu rechnen sei und dann große Veranstaltungen schwerlich stattfinden könnten, wie Teilnehmer der Runde hinterher berichteten. Daher war unter Unionsministerpräsidenten schnell die Rede davon, den Parteitag zu verschieben.

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Im Februar hatte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ihren Rückzug bekanntgegeben. Seither ist die Partei mehr oder minder führungslos. Der für Ende April avisierte Parteitag zur Klärung der offenen Führungsfrage musste wegen der Coronakrise bereits ausfallen. Inzwischen mache sich „Lethargie“ breit, hieß es.

Bisher stehen nur drei Kandidaten fest: Armin Laschet, Chef des größten Landesverbandes und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, der von Jens Spahn, Präsidiumsmitglied und Bundesgesundheitsminister, unterstützt wird; Friedrich Merz, Vertreter des Wirtschaftsflügels, und Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Doch wie soll der Nachfolger bestimmt werden?

„Angesichts der steigenden Inzidenzzahlen für Deutschland und in dem Fall für Stuttgart wird es zunehmend schwieriger, die 1001 Delegierten anreisen und zumindest eine Nacht übernachten zu lassen“, hieß es im Präsidium. Es gebe „neue Überlegungen“.

Zunächst bestanden die Überlegungen in der Berliner Parteizentrale darin, den Parteitag in eine Stadt mit niedrigeren Infektionszahlen zu verlegen. Doch steht dem inzwischen der Beschluss der Kanzlerin und Landeschefs entgegen, bereits ab 35 Infektionen je 100.000 Einwohner Veranstaltungen einzuschränken.

„Wir warten darauf, dass der Parteitag abgesagt und neu geplant wird“

Ausnahmen soll es nur geben, wenn das örtliche Gesundheitsamt Hygienekonzepte genehmigt. Für den Parteitag in Stuttgart liegt zwar ein strenges Konzept vor. Allerdings hat Merkel am Freitag sogar den informellen EU-Gipfel zur Chinapolitik im November in Berlin abgesagt. „Im Sinne der Kontaktreduzierung ist das, denke ich, eine notwendige Botschaft“, hatte sie die Entscheidung begründet. Der Gipfel war erst zwei Wochen zuvor beschlossen worden. Am Sonntag folgte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus.

Das Land stecke in der größten Krise seit Gründung, sagte er im „Tagesspiegel“. „Unter den Top fünf unserer Agenda steht da nicht, wer Parteivorsitzender wird.“ Die CDU sei sich ihrer „Vorbildfunktion“ bewusst.

Inzwischen heißt es auch in der Partei: „Wir warten darauf, dass der Parteitag abgesagt und neu geplant wird.“ Im Gespräch sei, den Parteitag ausfallen zu lassen und auf das kommende Jahr zu verschieben. Allerdings bleibe es bei dem Ziel, den Parteitag noch in diesem Jahr abzuhalten. Nur so sei genügend Zeit, um die Partei für die Bundestagswahl vorzubereiten. Die Option: ein digitaler Parteitag.

Anfang Oktober hat der Bundestag per Gesetz Digitalparteitage samt Beschlüssen ermöglicht – in Pandemiezeiten sogar auch mit Vorstandswahlen. Möglich ist demnach eine Urnenwahl an verschiedenen Orten wie auch eine Briefwahl.

Wie der digitale Parteitag ablaufen könnte, hat die Junge Union (JU) am Samstag demonstriert. Laschet, Merz und Röttgen trafen in Berlin gemeinsam auf einer Bühne zusammen und stellten sich dort den Fragen des digital zugeschalteten Parteinachwuchses. Es ging um Bildung, Innovationen, Digitales, Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit sowie um moderne Parteistrukturen. Zuvor durfte jeder Kandidat fünf Minuten für sich und seine Positionen werben.

„Das ist ein besonders Format“, sagte Laschet in seinem Eingangsstatement. Er warb für „gesellschaftlichen Zusammenhalt“ und sein Krisenmanagement in der Coronakrise. Merz warb für eine „ökologische Modernisierung der Sozialen Marktwirtschaft“. Röttgen betonte, dass ein „Programm der Erneuerung“ für die Partei und das Land in diesem „Epochenbruch“ nötig sei. Eine Debatte kam nicht auf, 90 Minuten später endete die Befragung. JU-Chef Tilman Kuban eröffnete danach per Knopfdruck eine zweiwöchige Mitgliederbefragung.

Ähnlich könnte der Bundesparteitag ablaufen. Kuban wirbt seit Langem für digitale Formate. „Die CDU sollte zu einer Wahl im Dezember kommen, egal wie“, sagte er. Allerdings gibt es noch Zweifel, ob ein Parteitag in der Form wirklich mit dem Parteiengesetz in Einklang steht, das gerade bei Wahlen Präsenzparteitage vorsieht. Die CDU etwa will nicht nur den Vorsitzenden, sondern den gesamten Bundesvorstand neu bestimmen – Stichwahlen nicht ausgeschlossen.

Zwar habe der Bundestag die Gesetzesänderung beschlossen, sagte Sophie Schönberger, Staatsrechtlerin von der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Handwerklich sei die Regelung aber „hemdsärmelig, und man mag auch durchaus verfassungsrechtliche Zweifel an ihr hegen, aber solange niemand das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht angreift, wonach es nicht aussieht, wäre die CDU erst einmal auf der sicheren Seite“.

Auch die Linke steht vor Problemen

Die einzige Partei, die in diesem Jahr noch einen neuen Vorstand wählen wird, ist die Linke – und auch sie wird reagieren, wie das Handelsblatt aus Parteikreisen erfuhr. „Wir versuchen, auf jeden Fall die Vorsitzenden zu wählen“, bestätigte die Sprecherin. Der Vorstand werde an diesem Montag entscheiden, wie der Parteitag in Erfurt konkret stattfinden werde. Im Gespräch sei, dass die Kandidaten sich digital präsentierten und allein die Wahl vor Ort durch die Delegierten stattfinde. „Es wird definitiv nicht so laufen wie geplant“, sagte sie.

Da der Parteitag bereits Ende Oktober stattfinden soll, sei ein digitales Format mit Briefwahl nicht mehr möglich, hieß es weiter. Es sei in so einem Fall die Frage zu klären, wie lange sich Bewerber noch melden dürfen. Dies wäre bei der Linken bis zum Parteitag möglich – bei der CDU im Übrigen auch, womit die Briefwahlunterlagen erst später erstellt werden könnten. Eine entsprechende Regeländerung müsste die Partei im Vorfeld noch beschließen.

Die CDU hält sich offiziell noch bedeckt und verweist auf den 26. Oktober. Dann will das Präsidium entscheiden, ob und wie der Parteitag stattfindet, um einen neuen Vorsitzenden und Vorstand zu wählen. „In der Tat wird man das alles noch einmal nach den neusten Konzepten beurteilen müssen“, erklärte Laschet selbst am Freitag.

Die Partei hatte bereits die Debatte um ein Grundsatzprogramm gestrichen und das Treffen von drei auf einen Tag verkürzt. Die Grünen hingegen werden ihr Grundsatzprogramm digital vom 20. bis 22. November beraten. Der Parteitag in Karlsruhe wurde abgesagt.

Bei einem digitalen Format müsste die CDU noch die Frage klären, bis wann sich Bewerber melden dürfen. Über weitere Kandidaten wird seit Wochen spekuliert. Eine Frau wie Parteivizin Julia Klöckner war im Gespräch und ebenso Jens Spahn, Präsidiumsmitglied und als Laschets Mitstreiter als Parteivize vorgesehen.

JU-Chef Kuban macht keinen Hehl daraus, dass er und der Parteinachwuchs Spahn wählen würden. Er werde „eine wesentliche Rolle in der Partei spielen“, sagte er. Auf dem Parteitag 2018 hatten die JU-Delegierten mehrheitlich Merz unterstützt. Gerüchte um Spahn kursieren seit Langem und nun auch Umfragen, wonach er der beliebteste Kandidat für den CDU-Vorsitz sei – und CSU-Chef Markus Söder Kanzlerkandidat werden solle.

Noch unterstützt Spahn Laschet und dementiert hartnäckig, wie auch Söder sich auf Nachfrage ziert. Doch dass Laschet und Spahn keine Freunde sind, ist ebenso ein offenes Geheimnis in der Partei wie der Umstand, dass die drei derzeitigen Kandidaten keine Begeisterung auslösen.

Für die sorgt derzeit eher Söder: Gut die Hälfte der Bundesbürger und fast drei Viertel der Unionsanhänger halten ihn für einen guten Kanzlerkandidaten, wie der jüngste „Deutschlandtrend“ der ARD gezeigt hat.