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Neue Bankenregeln könnten teuer werden

Eine neue Studie im Auftrag der europäischen Banken zeigt, dass die geplante strengere Regulierung die Geldhäuser deutlich stärker belasten könnte als gedacht.

Dunkle Wolken türmen sich hinter Frankfurts Banken. Die Geldhäuser fürchten milliardenschwere Belastungen durch die neue Regulierung. Foto: dpa
Dunkle Wolken türmen sich hinter Frankfurts Banken. Die Geldhäuser fürchten milliardenschwere Belastungen durch die neue Regulierung. Foto: dpa

Manchmal zeigt schon der Zank um die korrekte Bezeichnung eines Phänomens, wie tief der Graben zwischen zwei zerstrittenen Parteien ist. Für die europäische Bankenaufsicht Eba läuft die Vollendung des großen Regulierungspakets nach der Finanzkrise unter dem Stichwort „Basel III“. Neue strengere Bestimmungen für das Risikomanagement sind für die Aufseher schlicht eine Nachjustierung. Die Banken nennen das Paket inzwischen dagegen „Basel IV“, weil sie die geplante Endfassung als so große Belastung sehen, dass sie quasi einen neuen Satz an Regeln darstellten.

Im vergangenen August hatte die Eba in einer sogenannten Impact-Studie ihre Schätzungen für die Belastungen der Banken durch Basel III (oder IV) veröffentlicht. Ergebnis: Im Hauptszenario der Aufsicht müssten die europäischen Banken ihr hartes Eigenkapital (CET1) im Schnitt um 24 Prozent aufstocken, das würde 91 Milliarden Euro entsprechen.

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Schon diese Zahlen waren für viele Geldhäuser ein Schock. Nun haben Europas Bankenverbände beim renommierten Forschungsinstitut Copenhagen Economics eine eigene Studie zu den Folgewirkungen des Regulierungspakets in Auftrag gegeben, die dem Handelsblatt vorab vorliegt. Bei ihren Berechnungen kommen die dänischen Berater zu einer noch sehr viel höheren Belastung für die Geldhäuser.

Demnach müssen Europas Banken sich bis zu 400 Milliarden Euro an frischem CET1-Kapital besorgen. Sollten diese Berechnungen zutreffen, hätte das nicht nur für die Geldhäuser Folgen, sondern auch für deren Kunden und die gesamte europäische Wirtschaft. Die Studie beziffert die zusätzlichen Kosten für jeden Haushalt in der EU mit einem Immobilienkredit im Schnitt auf 340 Euro im Jahr. Mittelständische Unternehmen müssten mit 12.500 Euro höheren Zinskosten pro Jahr rechnen. Besonders betroffen sehen die Berater Deutschland, Schweden, Dänemark, die Niederlande, Frankreich und Großbritannien.

Milliarden-Belastung

Copenhagen Economics schätzt, dass auf die Bankkunden insgesamt zusätzliche Kosten von 40 bis 45 Milliarden Euro zukommen, in Form von höheren Kreditkosten und höheren Gebühren. Dabei gehen die Berater davon aus, dass die Kosten für ein Darlehen für Unternehmen um elf Prozent anziehen werden, für Mittelständler um sieben Prozent, und dass Immobilienfinanzierungen um vier Prozent teurer werden.

Die höheren Zinskosten für die Bankkunden werden nach Meinung von Copenhagen Economics zu einem Rückgang der Kreditnachfrage in Europa führen, was wiederum die Investitionen belasten würde. Die dadurch sinkende Produktivität würde im Endeffekt zu einem dauerhaften Rückgang der Wirtschafsleistung von 0,4 Prozent in der EU führen. Diese Schätzung beruhe auf einem makroökonomischen Modell desselben Typs, wie es die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) bei der Entwicklung des Basler Regulierungspakets verwendet habe, erläutern die dänischen Wissenschaftler.

Bleibt die Frage, warum die Schätzungen der Eba für die zusätzlichen Kapitalanforderungen an die Banken so viel niedriger liegt als die Vorhersage von Copenhagen Economics. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen berücksichtigt die Schätzung aus Dänemark auch die britischen Banken, die in den Zahlen der Eba nicht enthalten sind.

Rechnet man die Briten aus den Kopenhagener Zahlen heraus, bliebe aber noch immer ein zusätzlicher Bedarf an CET1-Kapital von rund 330 Milliarden Euro, 240 Milliarden mehr als bei der EBA-Schätzung. Dieser Unterschied kommt dadurch zustande, dass die Eba als Basis für ihre Schätzung die Mindestkapitalanforderungen an die Banken nimmt, das Institut Copenhagen Economics bei seinen Berechnungen aber davon ausgeht, dass die Banken ihre aktuellen, höheren Kapitalquoten aufrechterhalten.

Höhere Risikopuffer

Die meisten Banken haben nach der Finanzkrise Kapitalpuffer angelegt, die deutlich dicker sind als die regulatorischen Mindestforderungen. Copenhagen Economics betont, dass die Institute das nicht freiwillig tun, sondern weil sie Investoren und Aufseher dazu drängen. Deshalb müsse man davon ausgehen, dass die Banken ihre aktuellen Kapitalquoten nicht herunterfahren könnten, wie es die Schätzung der Eba implizit unterstelle.

Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK), die Interessenvertretung der fünf Spitzenverbände des Gewerbes, hat sich bereits im August bitter beschwert, dass die Umsetzung der neuen Eigenkapitalanforderungen in Europa die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Institute bedrohe und damit die Kreditversorgung der Realwirtschaft und letztlich den Wohlstand des Kontinents gefährde.

Allerdings gehen einige Bankenaufseher davon aus, dass die Belastungen für die Geldhäuser am Ende nicht so hoch sein werden wie befürchtet. Raimund Röseler, der oberste Finanzaufseher der deutschen Finanzaufsicht Bafin, ist der Ansicht, dass der Kapitalmehrbedarf für die deutschen Banken am Ende „deutlich niedriger“ ausfallen dürfte als von den europäischen Aufsehern prognostiziert.

Aus Sicht von Röseler gibt es dafür mehrere Gründe. Die Eba habe in ihre Rechnung nicht mit einfließen lassen, dass durch die neuen Regeln die Anforderungen in der sogenannten Säule 2 reduziert werden. Dabei geht es beispielsweise um zusätzliche Kapitalaufschläge, die die Finanzaufsicht verlangen kann, um das Risiko zu adressieren, dass die internen Risikomodelle der Banken keine zutreffenden Ergebnisse liefern. Darüber hinaus ist Röseler ganz grundsätzlich der Ansicht, dass die Banken mit Warnungen übertreiben – und den Behörden im Zweifel zu hohe Zahlen melden.

Entspannte Banker

Die jüngsten Äußerungen deutscher Großbanken dürften Röseler in seiner Ansicht bestärken. „Bei uns ist die Belastung geringer als im Branchendurchschnitt“, sagte DZ-Bank-Co-Chef Cornelius Riese Anfang des Monats. Auch Commerzbank-Finanzchef Stephan Engels gibt sich entspannt. „Wir fühlen uns gut gewappnet für die künftigen Kapitalanforderungen.“

Die strengeren Kapitalvorschriften sind eine direkte Folge der Finanzkrise, die 2008 ausbrach und in der etliche Geldhäuser mit Steuermitteln gerettet werden mussten. Die Banken sollen so widerstandsfähiger werden und im Krisenfall Verlustphasen besser überstehen. Eigenkapital ist die wichtigste Einflussgröße in der Regulierung.

Hinter dem heftigen Protest vor allem größerer Banken gegen die Endfassung des Baseler-Reformpakets stecken gleich mehrere heikle Punkte: Zum einen läuft in Europa ein größerer Teil des Kreditgeschäfts über die Bankbilanzen als in den USA. Zum anderen kalkulieren die meisten größeren Banken, gerade in Deutschland, das Risiko aus einem Kredit mit eigenen Modellen.

Das wird durch die Reformen deutlich schwieriger. Bislang genossen besonders die europäischen Kreditinstitute große Freiheiten. Diese werden durch die Basler Regeln eingeschränkt, weil einige Institute sich ihre Risiken durch eigene Verfahren kleingerechnet hatten. Für die Risikokalkulation gibt es zwei Verfahren: ein von der Aufsicht vorgegebenes Standardverfahren oder ein von der Bank individuell entwickeltes Risikomodell. Vor allem größere Banken nutzen ihre eigenen Modelle. In der Regel liegt der Kapitalbedarf, der auf Basis der internen Modelle ermittelt wird, unter dem der Standardverfahren.

Künftig darf die Abweichung nicht mehr so groß ausfallen. Die Aufseher wollen mit den Basel-Regeln eine Untergrenze (Output-Floor) für den Kapitalbedarf eingeführt, der bei 72,5 Prozent des Bedarfs liegt, den das Standardmodell errechnet. Der Kapitalvorteil durch den Einsatz interner Modelle beträgt damit höchstens 27,5 Prozent. Es ist vor allem diese Begrenzung, welche die von Copenhagen Economics prophezeite Kapitallücke aufreißt.