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Neue App, neue Karte und ein interner Kulturwandel: So will die DKB als Techbank ihr Ziel von 8 Millionen Kunden erreichen

Blick in die DKB Zentrale in Berlin
Blick in die DKB Zentrale in Berlin

Arnulf Keese ist ein Mann mit einigen Leitsätzen. "Walk the talk" ist einer, was soviel bedeutet wie "Machen, was man sagt", "Digital is detail" ein anderer, womit er die Detailliebe beim Umsetzen von digitalen Ideen meint. Doch der Bodenständigste ist sicher: "Wenig versprechen, viel halten." Alle diese Sätze fallen während unseres einstündigen Gesprächs mit dem Chief Digital Officer der Deutschen Kreditbank (DKB), der seit Juni vergangen Jahres zum Vorstand von Deutschlands zweitgrößter Direktbank gehört - allein, die Zustimmung der Bundesfinanzaufsicht steht noch aus.

Was Keeses Sätze zeigen: Der studierte Physiker ist in der Regel keiner, der über Dinge spricht, die noch nicht konkret sind. Dass wir uns über den Wandel der DKB zur Techbank unterhalten, ist ein Zeichen: die Transformation des 30jährigen Finanzinstituts hat nicht gerade erst begonnen, sie ist schon im vollen Gange.

Und das muss sie auch. Denn mit ihr sind einige wichtige Ziele verbunden. Fast 4,7 Millionen Kunden hat die DKB derzeit und acht Millionen sollen es noch werden - bis ins Jahr 2024. Dafür hat die Mutter der Bank, die Bayern LB, dem Tochterunternehmen auch ein kräftiges Investment bereit gestellt: 400 Millionen Euro sollen bis 2024 zusätzlich in die DKB investiert werden - vor allem in Infrastruktur und IT . Es ist dennoch ein ambitioniertes Ziel, vor allem wenn man sich die vorherige Wachstumskurve der Bank anschaut: Gewann sie in 30 Jahren rund 4,7 Millionen Kunden, sollen es jetzt in drei Jahren schon ganze 3,3 Millionen Kunden mehr sein.

Eine Techbank werden - in der alle die gleiche Sprache sprechen

Um das zu erreichen, will sich die DKB wandeln - eine Techbank werden, lautet die Mission. Und diese solle mit vielen verschiedenen Stellschrauben umgesetzt werden. Fragt man Digital-Chef Keese nach der Definition einer Techbank, kommt eine recht einfache Erklärung: "Wenn wir genau so viel Bank sind, wie wir Technologieunternehmen sind. Dass heißt, unsere Banker*innen müssen ihr Wissen zum Finanz- und Kapitalmarkt auch produkt- und entwicklungsseitig einbringen können; unsere Techies sind aber genauso gefordert – denn sie müssen genau die Produkte und Prozesse entwickeln, die wir als Bank benötigen." Dies sei für ihn die notwendige Balance zwischen Bank und Technologieunternehmen.

Arnulf Keese, Chief Digital Officer und Vorstand der DKB
Arnulf Keese, Chief Digital Officer und Vorstand der DKB

Derzeit mangelt es noch an Tech-Experten. Das zu ändern, ist eine der Aufgaben von Anja Kühnel, sie leitet das Recruiting der IT bei der DKB. Rund 550 "Techies" zählt die DKB derzeit, 150 sind in 2020 neu hinzugekommen, aber 100 sollen noch in diesem Jahr eingestellt werden - vor allem im Bereich Dev Ops, Entwicklung und cloudbasiertem Arbeiten. Damit konkurriert die Bank gerade in Berlin mit vielen anderen Techfirmen um Fachkräfte. "Potenzielle Talente sprechen wir direkt an. Häufig hilft uns dabei auch unser Blog, denn wir zeigen sehr transparent, wofür wir als Arbeitgeberin stehen. Aber klassische Stellenausschreibungen auf unserer Karriereseite erfreuen sich auch weiterhin größter Beliebtheit.", erklärt Kühnel. 4500 Mitarbeiter der DKB arbeiten in Deutschland an 26 Standorten, im Schnitt bleiben die Mitarbeiter 8 Jahre dabei, ihr Durchschnittsalter liegt bei 42,6 Jahren.

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Doch nicht nur externe Talente werden gesucht, auch intern versucht die DKB, Tech-Fachkräfte heranzuziehen. Zum ersten Mal startet ein internes Coding Bootcamp, 10 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank konnten teilnehmen, über alle Abteilungen hinweg. Die Ausgewählten erhalten nun in drei Monaten einen Crashkurs in Frontend, Backend und Data Intelligence.

Was aber tun, wenn Mitarbeiter nicht die neue Tech-Sprache lernen wollen? "Wir wollen, dass jeder in der Techbank einen Platz findet. Aber wir müssen auch einplanen, dass es Mitarbeiter geben wird, die den Weg nicht mitgehen wollen. Deshalb haben wir Rücklagen gebildet.", sagt Digital-Chef Arnulf Keese. 38 Millionen Euro sind für „Transformations- und Restrukturierungs-Maßnahmen“ eingeplant, heißt es aus dem Konzernabschluss der Mutter BayernLB.

Keese beobachtet den Wandel, auch im Vorstand könne bereits jeder Tech-Vokabeln herunterbeten. Als die DKB im letzten Jahr mit mehreren Störungen des Online-Bankings zu kämpfen hatte, holte Keese das Team in seinem Büro zusammen und arbeitet mit ihnen gemeinsam an Lösungen. Jeder Fehler und jede Störung wird reported und aufgeklärt - das helfe Fehlerursachen auszumerzen, so Keese, auch wenn es eine Störung um 3 Uhr morgens gewesen sei. "Ehrlich gesagt bin ich fast dankbar für Störungen um 3 Uhr morgens, da kann man viel lernen, ohne dass viele Kunden betroffen sind", sagt Keese.

Was denn auf dem Weg zur Techbank schief gehen könne? "Alles", so die Antwort des Ex-Deutschland-Chefs von Paypal - er sei professionell paranoid.

Die neue Banking-App als Meilenstein auf dem Weg zum Ziel

Das nächste große Projekt auf dem Weg zur Techbank läuft allerdings bisher erfolgreich. Die neue Banking-App der DKB wird derzeit in einer Beta-Phase getestet, Keese nennt sie "unsere Filiale", denn physische Filialen besitzt die DKB als Direktbank nicht.

Joschka Friedag von der Code Factory der DKB
Joschka Friedag von der Code Factory der DKB

Einer, der die App mitverantwortet, ist Joschka Friedag. Friedag ist Leiter der DKB Banking Plattform. Der 35jährige hatte eigentlich ursprünglich sein eigenes Finanz-Startup gegründet, Cringle hieß es und funktionierte ähnlich wie Paypal: Nutzer konnten sich Geld hin- und herschicken. Im Oktober 2018 musste das Fintech Insolvenz anmelden. Das Team um Friedag fand ein neues Zuhause: in der Code Factory, intern CoFa genannt, der DKB. Die Code Factory sitzt bewusst nicht in der Berliner Zentrale der Bank am Berliner Gendarmenmarkt, sondern etwas weiter entfernt an der Friedrichstraße, denn sie soll anders sein: agiler, schneller, wendiger.

Hierarchien abbauen und das Mindset ändern

Dass er einmal in einer Bank arbeiten würde, hätte sich der Diplom-Ingenieur nicht vorstellen können, sagt Friedag im Gespräch mit Business Insider. "Als wir zur DKB kamen, war es erst einmal ein Kulturschock. Wir haben das erste halbe Jahr quasi nur damit verbracht, gemeinsame Grundstrukturen aufzubauen und das größte Thema anzugehen: das Mindset." Er selbst sei erst einmal kein großer Fan von den bestehenden Banking-Produkten gewesen. "Ich habe mir dann die negativen Beispiele rausgegriffen und mit den Leuten darüber gesprochen. Es stellte sich heraus, dass es oft am System und an den Prozessen dahinter lag, dass Produkte nicht so waren, wie sie hätten sein sollen", sagt Friedag. Der größte Umbruch sei gewesen, die bestehenden Hierarchien abzubauen und die Entscheidungen über die Produkte in die Teams zu verlagern. Rund 100 Mitarbeiter zählt die Code Factory, gearbeitet wird in kleinen Teams, die jeweils auch die Verantwortung für ihre Produkte tragen. Zum Mutterschiff DKB gibt es eine Verzahung über die Teams hinweg: so haben auch Mitarbeiter aus der Zentrale an der neuen Banking-App mitgearbeitet.

Friedag zeigt uns erste Bilder der App. Sie verfügt über ein sogenanntes "Card Control", mit dem Transaktionen von Karten aktiviert oder deaktiviert werden können, als auch Kartenfunktionen, wie Bargeldabhebungen nach Ländern, eingestellt werden können. Überweisungen sollen in der App so einfach wie möglich gestaltet werden, "es muss nebenbei und einfach passieren", sagt Friedag.

So soll die neue Banking-App der DKB auf dem Screen aussehen.
So soll die neue Banking-App der DKB auf dem Screen aussehen.

Neu und eher ungewöhnlich für eine Banking-App ist die Identifizierung: neben dem klassischen Pin und Touch ID können sich die Nutzer auch per Face ID, also per Gesichtserkennung, in die App einloggen. Weil die App über Schnittstellen, sogenannte APIs, kommuniziert, ist es auch einfacher, Services von Drittanbietern wie Finanz-Startups einzubinden. Generell können Kunden die App individualisieren, indem sie Features hinzuschalten, die sie brauchen. Die Grundversion der App ist bewusst einfach gehalten. "Wir haben durch unsere eigene Research Unit fest gestellt, dass Kunden immer die gleichen Funktionen benutzen, diese müssen pointiert sein", sagt Friedag.

Im Vergleich zur derzeitigen Version der DKB App sei die neue ein "Quantensprung, vor allem was Sicherungsverfahren, Geschwindigkeit und Einfachheit in der Nutzung angeht", so Friedag. 20.000 ausgewählte Kunden testen die App derzeit, anhand von deren Feedback wird die Go-Live Version entwickelt. Wann diese Phase endet und der komplette Launch stattfindet, ist vom Kundenfeedback abhängig. Das Feedback bislang sei sehr positiv, heißt es von der DKB, man gehe von einer zeitnahen Veröffentlichung aus.

Blick in das Büro der Code Factory an der Friedrichstraße
Blick in das Büro der Code Factory an der Friedrichstraße

Debitkarte statt Giro- und Kreditkarte

Doch die neue App ist nicht das einzige, was sich ändern wird. Denn in Zukunft soll es auch zu Neuerungen bei den Karten kommen. Statt Girokarte und Kreditkarte, die es seit jeher zum kostenlosen Girokonto der DKB dazu gab, sollen beide Karten zu einer verschmelzen: einer Debitkarte von Visa. "Die Kunden wollen weltweit überall Geld abheben, aber sie wollen die Abbuchungen auch direkt auf ihrem Konto sehen. Mit der Debitkarte vereinen wir beides", sagt Karsten Traum, Bereichsleiter Unternehmensentwicklung und Solutions, zu Business Insider. Die Debitkarte wird in den nächsten Monaten initiativ an alle bestehenden Kundinnen und Kunden ausgegeben, Giro- und Kreditkarte bleiben allerdings verfügbar.

Traum hat durch seine Rolle auch häufiger mit den Kooperationen von Fintechs zu tun. Denn auch davon nutzt die DKB einige. Konto- und Depotwechsel laufen seit mehreren Jahren über das Start-up Finreach (mittlerweile Finleap Connect), ein Versicherungs-Cockpit kommt vom Insurtech Clark und mit dem Schweizer Fintech Loanboox bietet die DKB Kommunen in Deutschland einen Online-Kreditvergleich mit Direktdarlehen an.

Erst mal interne Prozesse aufräumen

"Unsere Projekt-Pipeline ist gut gefüllt, jetzt müssen wir erst mal liefern", sagt Traum. Neben den offensichtlichen Veränderungen für den Kunden, die vor allem durch neue Produkte sichtbar sind, kennt Traum auch die Arbeit, die in der letzten Zeit im Hintergrund ablief: "Wir mussten aufräumen", sagt er. Was er damit meint, schiebt er direkt hinterher: "Wir sind 30 Jahre lang gewachsen. Als ich vor neun Jahren anfing, waren Prozesse noch schnell. Doch je mehr hinzu kam, umso mehr wurden wir zum digitalen Scheinriesen.", sagt Traum. Um wieder an Geschwindigkeit zu gewinnen, "das Gaspedal durchzudrücken", wie Traum sagt, wurde in der IT viel erneuert, Prozesse anders strukturiert, investiert. Dies mache sich jetzt deutlich bemerkbar.

Auch die internen Innovationszyklen für neue Produkte wurden schneller, neue Produktideen wurden in nur 4 bis 6 Wochen in der Community getestet, was nicht ankam, wieder verworfen. "Fail, but fail fast", nennt Traum das. Was für ihn eine Techbank sei? "Techbank beschreibt einen fortlaufenden Prozess und ein Mindset. Alles, was wir heute bauen, ist in drei Jahren wahrscheinlich schon wieder veraltet. Deshalb ist es eine ständige Weiterentwicklung.", so Traum.