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Das Netzwerk der Trump-Fans feuert seinen CEO

Die Social-Media-Plattform Parler wurde hierzulande als Netzwerk radikaler Trump-Anhänger bekannt. Nun scheinen die Gründer über den künftigen Kurs des Unternehmens zerstritten – und CEO John Matze zieht den Kürzeren.

„Freie Meinungsäußerung“ war für John Matze Kern von dem, wofür Parler steht. Damit bewarb er in der Vergangenheit das Netzwerk, das er 2018 gemeinsam mit Jared Thomson und Rebekah Mercer gegründet hatte. „John (Matze) und ich haben Parler gegründet, um eine neutrale Plattform für Redefreiheit bereitzustellen, wie unsere Gründer es beabsichtigt hatten, und um eine Social-Media-Umgebung zu schaffen, die den Datenschutz schützt“, schrieb Mercer einmal in einer Erklärung auf der Plattform. Die „immer größer werdende Tyrannei und Hybris unserer Tech-Overlords“ erfordere, dass jemand den „Kampf gegen Data Mining“ und den Schutz der Redefreiheit online leite. Dieser „Jemand ist Parler“, so Mercer weiter. „Ein Leuchtfeuer für alle, die ihre Freiheit, Redefreiheit und Privatsphäre schätzen.“

Der Dienst, der geschätzte 15 Millionen Nutzer hatte, beschreibt sich selbst als „unvoreingenommenes“ Medium, das die Redefreiheit unterstütze und sich auf den Schutz der Rechte der Nutzer konzentriere. Optisch mutet Parler wie eine Mischung aus Twitter und Instagram an. Es gibt einen Haupt-Feed mit Nachrichten, einen Zähler für Follower und Möglichkeiten zum Teilen von Posts und Links. Insbesondere im Zuge der US-Wahl gewann Parler an Popularität. Vermutlich auch, weil Personen in Trumps Umfeld die Plattform immer wieder als Alternative zu Twitter oder Facebook beworben hatten. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, erklärte etwa Ende Juni auf Twitter, sie habe sich ein Konto bei Parler eingerichtet, weil sie die Nase voll davon gehabt habe, dass Konservative auf diesen Plattformen „zensiert“ würden.

Parler hat im Grunde nur „zwei zentrale Community-Richtlinien“, wie den Guidelines zu entnehmen ist: Es erlaubt keine wissentlich kriminellen Aktivitäten und es erlaubt keinen Spam oder Bots auf seiner Plattform. Das Fehlen von Richtlinien für Hassreden hatte dazu geführt, dass Rassismus und Antisemitismus auf Parler gedeihen.

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Genau diese Ausrichtung scheint in den vergangenen Wochen seit dem Sturm auf das US-Kapitol – und den Folgen für das Netzwerk – allerdings zu Diskussionen innerhalb des Parler-Gründungsteams geführt haben – und zur Entlassung von John Matze.
Wer Parler unterstützt, finanziert und aufbaute, ist nicht bis ins letzte Detail klar. Bekannt ist: Parler wurde 2018 von Rebekah Mercer, John Matze und Jared Thomson gegründet. Matze ist der Chief Executive Officer des Unternehmens, Thomson fungiert als Chief Technology Officer. Beide studierten an der Universität von Denver. Die Konservative Rebekah Mercer gilt als große Investorin – gemeinsam mit ihrem Vater: dem Milliardär Robert Mercer. Der Hedgefonds-Manager war Mitbegründer des inzwischen aufgelösten Unternehmens für politische Datenanalyse Cambridge Analytica. „John (Matze, Anm. d. Red.) und ich haben Parler gegründet, um eine neutrale Plattform für Redefreiheit bereitzustellen, wie unsere Gründer es beabsichtigt hatten, und um eine Social-Media-Umgebung zu schaffen, die den Datenschutz schützt“, schreibt Mercer in einer Erklärung auf der Plattform. Die „immer größer werdende Tyrannei und Hybris unserer Tech-Overlords“ erfordere, dass jemand den „Kampf gegen Data Mining“ und den Schutz der Redefreiheit online leite. „Jemand ist Parler“, so Mercer weiter. „Ein Leuchtfeuer für alle, die ihre Freiheit, Redefreiheit und Privatsphäre schätzen.“

Denn seit dem 9. Januar ist Parler weitestgehend offline, nachdem Amazon das Netzwerk von seinen Servern geschmissen hatte. Die Begründung: Der Vertrag zwischen Amazon und Parler habe vorgesehen, dass der Dienst Beiträge mit rechtswidrigen Inhalten wie etwa Aufrufen zu Gewalt, unverzüglich löschen müsse, wenn er von ihnen erfahre. Parler habe das wiederholt versäumt, begründete Amazon die Entscheidung.

Dass Parler dieser Vereinbarung nicht nachkam, wurde insbesondere in Folge des Angriffs auf das US-Kapitol am 6. Januar deutlich. Infolgedessen verschwand Parler zunächst aus den App-Stores von Apple und Alphabet, dann machte das Cloud-Hosting-Service von Amazon kurzen Prozess und nahm die Plattform offline. Der Antrag auf eine einstweilige Verfügung Parlers war vor Gericht gescheitert.

Wenige Tage bevor Parler offline ging, hatte Matze auf der Plattform laut US-Nachrichtensender CNN noch einmal kämpferisch kommentiert: Apple und Co. würden Parler verbieten „Bis wir die freie Meinungsäußerung aufgeben, breite und invasive Richtlinien wie Twitter und Facebook einführen und wir eine Überwachungsplattform werden“.

Dass Matzes Kündigung in direktem Zusammenhang mit einer Meinungsverschiedenheit über die künftige Strategie des Netzwerks steht, machte Parler selbst gegenüber seinen Mitarbeitern sehr deutlich. „Am 29. Januar 2021 hat der Vorstand entschieden, meine Position als CEO von Parler mit sofortiger Wirkung zu beenden. Ich war an dieser Entscheidung nicht beteiligt“, sagte Matze in einem Memo an die Mitarbeiter des Unternehmens. Er sei in den vergangenen Monaten auf ständigen Widerstand gegen seine Unternehmensvision und seine Ansicht über freie Meinungsäußerung gestoßen.


„Matze ist verantwortlich für wirklich schlechte Entscheidungen“

Von Parler selbst gab es bislang keine offizielle Stellungnahme, allerdings äußerte sich laut dem „Wall Street Journal“ mit dem konservativen US-Talkshow-Moderator Dan Bongino ein Parler-Investor zu der Personalie. Matze sei verantwortlich für „wirklich schlechte Entscheidungen“, die dazu führten, dass Parler offline geschaltet wurde, sowie für Probleme mit der Stabilität der App. „John hat beschlossen, dies öffentlich zu machen, nicht wir“, wird Bongino zitiert. „Wir haben es wie Gentlemen gehandhabt.“

In einem Beitrag auf seiner LinkedIn-Seite schrieb Matze jetzt: „Dies ist kein Abschied. Nur vorerst für jetzt. „ Sein LinkedIn-Profil änderte er auch direkt: in Gründer und iOS-Entwickler von Parler. Tatsächlich war Matze – gemeinsam mit seinem Studienkollegen Jared Thomson und der Konservativen Rebekah Mercer – zwar Entwickler und Gründer von Parler; und schien als CEO die Zügel in der Hand zu halten. Mercer dürfte allerdings unter den Gründern diejenige in der Machtposition gewesen sein. US-Medienberichten zufolge ist sie es, die den Vorstand des Unternehmens kontrolliert.

Mercer gilt als die große Investorin des Projekts – gemeinsam mit ihrem Vater: dem Milliardär Robert Mercer. Die Mercers, Vater wie Tochter, gelten als extreme Konservative und waren lange prominente Unterstützer von Donald Trump. Robert Mercer finanzierte im Vorwahlkampf 2016 zunächst ein Super-PAC für den texanischen Senator Ted Cruz, stieg dann aber voll in die Wahlkampffinanzierung Donald Trumps ein. Und Robert und Rebekah Mercer spendeten jeder Millionen für Trumps Wahlkampf. Laut dem US-Nachrichtensender soll es zudem Tochter Rebekah Mercer gewesen sein, die Trump überredete, für seine Wahlkampforganisation Steve Bannon und Kellyanne Conway einzustellen. Sie war auch Mitglied des Executive Committee des Transition-Teams von Trump.

Mittlerweile sollen sich die Mercers US-Medien zufolge aber von Trump distanziert zu haben. Auslöser dafür soll vor allem die stete Radikalisierung des Ex-Präsidenten und seiner Anhänger sein. Die Trennung von Matze, der mit dem Meinungsfreiheits-Argument radikale Äußerungen im Netzwerk ungebrochen verteidigte, als CEO Parlers passt in diese Entwicklung.

Wie es mit Parler nun weitergeht, ist offen. Das Unternehmen könnte, um seine Zukunft zu retten womöglich härtere Community-Regeln einführen, um wieder die Gunst von Investoren und App-Stores zu gewinnen. Damit würden aber womöglich genau die Menge an Nutzern verloren gehen, die sich aufgrund der schwachen Inhaltsregeln in der Vergangenheit für das Netzwerk entschieden.

Denn auch das Geschäftsmodell basierte darauf, speziell konservative Influencer auf die Plattform ziehen und sie mit Werbetreibenden zusammenbringen. Um Werbung zu fördern, erklärte der damalige Parler-CEO Matze einmal gegenüber dem „Forbes“-Magazin, sollte eine Großzahl von hoch engagierten Nutzern gewonnen werden, die ausschließlich in ihrer eigenen Informationswelt kommunizieren und Nachrichten konsumieren, so wie er selbst: „Ich bin schon eine Weile auf meiner eigenen Insel auf Parler. Ich schaue nicht fern, ich mache nichts, ich bekomme alles von Parler“, wird Matze von „Forbes“ zitiert.

Womöglich könnte eine „Verharmlosung“ des Netzwerks zwar wieder online bringen, aber die Existenzberechtigung Parlers aufheben. Womöglich bemüht sich Parler damit also schlichtweg um die Quadratur des Kreises.

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