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NETFLIX IM FOKUS: Wie der Platzhirsch den Streaming-Krieg gewinnen will

LOS GATOS (dpa-AFX) - Der Streaming-Gigant Netflix <US64110L1061> ist einer der Profiteure der Coronavirus-Pandemie. Viele US-Amerikaner sitzen zu Hause und schauen Filme und Serien - auch über Netflix, die Nutzerzahlen boomten zuletzt. Doch was kommt danach? Immer mehr namhafte Rivalen drängen auf den Markt und wollen Netflix die Pfründe streitig machen. Wie die Kalifornier den sprichwörtlichen Streaming-Krieg angehen, was Analysten in den kommenden Jahren erwarten und wie die Aktie läuft.

DAS IST LOS BEI NETFLIX:

Wenn man sich die Phalanx der neuen Konkurrenten im Video-Streaming on demand anschaut, dann könnte einem Netflix-Anleger Angst und Bange werden: Neben dem Einzelhandels- und Cloudservice-Giganten Amazon <US0231351067> mit seinem Prime Video haben sich auch Disney und die AT&T-Tochter <US00206R1023> Warner Media stärker in Stellung gebracht. Disney+ will mit den konzerneigenen Produktionen von "Star Wars", den Marvel-Superheldenfilmen sowie den Pixar-Zeichentrickhits punkten. HBO Max von Warner will den Erfolg der Serien vom namensgebenden Anbieter HBO nutzen und bietet in der Plattform auch Kinofilme des Filmstudios Warner Bros. und andere lizenzierte Inhalte.

Dass beide Unternehmen mit der Disney-Tochter Hulu und dem Streaminganbieter HBO Now eigentlich bereits Angebote am Markt hatten, verdeutlicht nur die aufgeheizte Lage vor allem am US-Markt. Auch Apple <US0378331005> hat mit Apple TV+ einen Dienst am Start. Zudem will noch der Fernsehriese NBC Universal vom Kabelkonzern Comcast <US20030N1019> mit Peacock einen neuen Streamingdienst auf die Kunden loslassen. Und dann gibt es noch Newcomer und Nischenanbieter wie den Kurzvideodienst Quibi.

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Netflix startet auf jeden Fall gut munitioniert ins Getümmel: Im ersten Quartal schoss die Zahl der weltweiten Mitgliedschaften um unerwartet kräftige 15,8 Millionen in die Höhe, Ende März waren es so knapp 183 Millionen bezahlte Abos. Das Wachstum habe im März rasant zugelegt, als die Menschen in immer mehr Ländern wegen des Coronavirus angewiesen wurden, möglichst zu Hause zu bleiben, hieß es im Brief an die Aktionäre. Auch finanziell lief es rund: Die Erlöse stiegen im Jahresvergleich um rund 28 Prozent auf 5,8 Milliarden Dollar. Der Gewinn wurde mit 709 Millionen Dollar (635 Mio Euro) mehr als verdoppelt.

Während viele Firmen stark unter der Corona-Krise leiden, profitiert Netflix davon, dass viele Menschen wegen des Virus kaum noch ausgingen. Das Unternehmen warnte seine Investoren jedoch, dass der Boom wohl nur vorübergehend sei - mit dem Ende der Pandemie dürfte auch das Wachstum wieder abflauen. In der zweiten Jahreshälfte rechnet Netflix mit im Jahresvergleich sinkenden Abozahlen. Im laufenden Quartal erwartet der Videodienst 7,5 Millionen Neukunden.

Netflix, einst als DVD-Verleiher gestartet, muss dabei angesichts der Konkurrenz immer mehr mit eigenen Produktionen glänzen. Denn Disney etwa entzog dem Rivalen wegen der eigenen Pläne die Rechte an den Marvel- und Star-Wars-Filmen, weitere Inhalten wandern ab. Netflix kann sich bisher auf sein Gespür und sein Marketing verlassen, so machten die Kalifornier etwa die bizarre Dokuserie "Tiger King" über die extrovertierte US-Szene von Tiger- und Löwenliebhabern zu einem weltweiten viralen Hit. Zudem ist das Unternehmen schon in vielen Ländern der Welt auch mit lokalen Produktionen vertreten - diesen Startvorsprung wettzumachen dürfte die Konkurrenz zumindest viel Geld und Zeit kosten.

In den kommenden Jahren wird das Budget für Eigenproduktionen bei Netflix wohl weiter anschwellen. Was man derzeit aber schon an manchen Produktionen beobachten kann - dass sich nämlich teilweise Untertitel und Synchronisationen in vielen Sprachen wegen der Covid-19-Krise verzögern - das könnte Netflix noch Schwierigkeiten bereiten, wie der Konzern im Ausblick auf das Jahr einräumte. So ist unklar, wann rund um die Welt wieder durchgehend Serien und Filme gedreht und geschnitten werden können, so dass Netflix nicht der Stoff ausgeht.

Dass der Abfluss der Finanzmittel dafür nun in diesem Jahr nicht mehr ganz so stark ausfallen dürfte, ist die andere Seite der Medaille. Netflix plant mittelfristig die Gewinne so stark zu steigern, dass der Finanzbedarf nicht mehr nur mit neuen Schulden bestritten werden kann, sondern aus eigenen Gewinnen. Denn Netflix trägt bisher einen Berg langfristiger Schulden in Höhe von rund 14 Milliarden US-Dollar mit sich herum.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Goldman-Sachs-Analyst Heath Terry attestiert dem Branchenprimus gute Chancen, auch gegen stärkere Konkurrenz zu bestehen. Die massiven Investitionen in Sendeinhalte, das weltweite Verteil- und Partnersystem sowie die Möglichkeiten für Produzenten, auf der Netflix-Plattform ihre Inhalte zu Geld zu machen, dürften die Finanzergebnisse weit über die Markterwartungen hinaus ansteigen lassen, schrieb er nach den Quartalszahlen. Auch während vergangener Marktstarts habe Netflix seine Abonnentenbasis stetig ausbauen können. Die Ausgaben für Inhalte blieben ein guter Indikator für künftiges Abo-Wachstum.

Douglas Mitchelson von der Credit Suisse sah Netflix in diesem Jahr auf Basis von Marktforschungsdaten seinen Vorsprung gegenüber fast allen großen Streamingplattformen sogar noch ausbauen, auch gegenüber dem Videoanbieter Youtube aus dem Google-Mutterkonzern Alphabet <US02079K3059>. Dass die Pandemie Film- und Serienproduktionen gestoppt habe, treffe den Wettbewerb härter als Netflix, deren Programm für dieses Jahr weiter intakt sei. Ein Neustart im TV-Sport dürfte Netflix ab August aber zusetzen.

JPMorgan-Experte Douglas Anmuth schätzt wegen des starken Abonnentenzuwachses in der Krise das zweite Quartal in dieser Hinsicht nun zwar schwächer ein als bisher. Aber aufs Gesamtjahr bezogen rechnet er statt gut 29 Millionen zahlenden Kunden mehr nun mit einem Plus von rund 36 Millionen weltweit.

RBC-Analyst Mark Mahaney sprach bei Netflix von einer "Streaming-Rakete". Viel sei im Aktienkurs bereits eingepreist gewesen, Netflix habe aber auch viel geliefert. Es sei hochwahrscheinlich, dass der Konzern das Plus bei den Kunden in diesem Jahr beschleunigen und bei mehr als 30 Millionen Kunden Zuwachs lande. Er sei nun noch überzeugter von seiner langfristigen Sicht auf die Aktie.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Der Erfolg des Streamingangebots spiegelt sich auch in der Kursentwicklung wider. Zwar konnte sich die Netflix-Aktie anfangs dem Corona-Schock der Börsen nicht entziehen und fiel im März bis auf rund 290 US-Dollar. Da aber witterten Investoren schnell die Chancen, die sich einem Anbieter von Stoff gegen die Langeweile im Corona-Lockdown ergeben und stiegen reihenweise ein.

Vom März-Tief bis Mitte Mai schoss der Aktienkurs denn auch um rund 58 Prozent auf ein Rekordhoch von knapp 459 Dollar nach oben. Zuletzt fielen die Papiere zwar ein wenig zurück auf rund 418 Dollar, kosten damit aber immer noch ein gutes Stück mehr als vor der Corona-Krise, die damit neuen Treibstoff für den Kurs lieferte.

Denn: Zwar feierten Anleger das 1997 gegründete Unternehmen viele Jahre und sorgten allein von Ende 2012 bis Mitte 2018 für ein Kursplus von mehr als 3000 Prozent. Dann aber drückte die Sorge vor einer erstarkenden Konkurrenz immer wieder auf die Stimmung. Was folgte war eine Berg- und Talfahrt. Erst die Corona-Krise verhalf den Papiere zu neuen Höhen.

An der Börse bringt es Netflix mittlerweile auf einen Wert von 184 Milliarden Dollar. Der Vorsprung des Unterhaltungsriesen Disney <US2546871060>, der es auf eine Marktkapitalisierung von 209 Milliarden Dollar bringt, schrumpfte damit auf nur noch 25 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Die beiden im MDax notierten Medienkonzern RTL <LU0061462528> und ProSiebenSat.1 <DE000PSM7770> bringen es gemeinsam auf einen Börsenwert von umgerechnet gerade einmal rund 8 Milliarden Dollar/men/mis/zb