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Die Vor- und Nachteile des bedingungslosen Grundeinkommens

Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens wird sowohl von Politikern als auch von den Bürgern in Deutschland immer wieder diskutiert. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wäre eine Finanzierung des bedingungslosen Grundeinkommens in Deutschland 2020 möglich? Fakten, Vor-   &   Nachteile des Grundeinkommens. Foto: dpa
Wäre eine Finanzierung des bedingungslosen Grundeinkommens in Deutschland 2020 möglich? Fakten, Vor- & Nachteile des Grundeinkommens. Foto: dpa

Je länger die Coronakrise andauert, desto mehr Zustimmung hat das bedingungslose Grundeinkommen. Denn viele Angestellte sind von Kurzarbeit oder Jobverlust betroffen, Selbstständige und Freiberufler einiger Branchen stehen mangels Aufträgen kurz vor der Insolvenz. Auch Gastronomiebetriebe und der Handel können den Umsatzverlust nicht mehr ausgleichen.

Da bekommt eine alte Debatte wieder neuen Schwung. Altbekannte Befürworter sind Unternehmer wie Götz Werner, der Gründer der Drogeriekette dm, und Finanzinvestor Albert Wenger.

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Doch welche Vorteile oder Nachteile würde ein bedingungsloses Grundeinkommen haben? Welche Modelle gibt es eigentlich? Und wie realistisch ist eine Einführung in Deutschland? Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Thema Grundeinkommen zusammengefasst.

Bedingungsloses Grundeinkommen in Deutschland

Bedingungsloses Grundeinkommen – Was ist das?

Einer allgemeinen Definition des Gabler Wirtschaftslexikons zufolge ist unter dem bedingungslosen Grundeinkommen ein festgelegter finanzieller Betrag zu verstehen, den Mitglieder einer Gemeinschaft ohne direkte Gegenleistung erhalten. Die Idee dahinter: Wenn die Digitalisierung dazu führt, dass es weniger Jobs gibt, soll das Grundeinkommen für Essen, Miete und soziale Teilhabe gesichert sein. Sprich auch Arbeitslose, Kinder und Rentner erhalten ein bedingungsloses Grundeinkommen. Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Rente oder Kindergeld wären dann hinfällig.

Wer hätte in Deutschland Anspruch auf ein bedingungsloses Grundeinkommen?

Jeder deutsche Staatsbürger hätte im Falle einer Einführung des Grundeinkommens auch Anspruch darauf – ungeachtet der privaten wirtschaftlichen Lage oder bestehendem Vermögen.

Grundeinkommen – Welche Modelle gibt es?

In der Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen werden verschiedene Lösungsansätze vorgeschlagen. Dabei werden drei Modelle besonders häufig genannt:

1. Das solidarische Bürgergeld

Der ehemalige CDU-Politiker Dieter Althaus sowie der Ökonom Thomas Straubhaar hatten bei ihrem Modellvorschlag vor allem eins im Sinn: Sie wollten das bestehende Steuer- und Sozialsystem vereinfachen.

Mithilfe des Modells soll ein Existenzminimum für alle deutschen Bürger gewährleistet werden. Gleichzeitig wollen Straubhaar und Althaus aber auch sicherstellen, dass genügend Einnahmen erzielt werden. Deshalb soll neben einem Bürgergeld von 500 Euro pro Person eine Konsumsteuer erhoben werden, die den Großteil der Einnahmen deckt.

Gleichzeitig wird eine Einkommensteuer vorgeschlagen, die mit dem Bürgergeld verrechnet wird. Um den Bürgergeldanspruch und die Steuerschuld eines Einzelnen zu berechnen, sollen die 500 Euro des Bürgergeldes von 25 Prozent des jeweiligen Einkommens abgezogen werden. Ist das Ergebnis der Formel negativ, wird dieser Betrag als Bürgergeld ausgezahlt, während ein positiver Betrag die jeweilige Steuerschuld darstellt.

Personen, die beispielsweise weniger als 1500 Euro durch eine Erwerbstätigkeit verdienen, haben mit dem solidarischen Bürgergeld am Ende des Monats trotzdem mehr Geld zur Verfügung, weshalb schlechter bezahlte Jobs attraktiver werden könnten.

Sämtliche Sozialleistungen würden nach diesem Modell wegfallen, sprich gesetzliche Rentenversicherung, Krankenversicherung sowie Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosengeld gäbe es bei diesem Modell dann nicht mehr.

2. Das emanzipatorische Grundeinkommen

Das emanzipatorische Grundeinkommen bildet hinsichtlich seiner Grundannahmen das genaue Gegenstück zum solidarischen Bürgergeld. Begründer dieses Ansatzes sind die Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft der Linkspartei. Wie viel Geld jeder Bürger am Ende des Monats bekommt, hängt nicht wie beim solidarischen Bürgergeld vom individuellen Einkommen ab, sondern vom gesamten Volkseinkommen.

Die Hälfte aller Arbeits- und Vermögenseinkommen wird dann an alle Bürger ab 16 Jahren gleichmäßig ausgezahlt – Kinder erhalten den halben Betrag. Die in diesem Modell fälligen Sozialausgaben würde der Staat über eine Einkommensteuer generieren, die bei 33,5 Prozent läge. Darüber hinaus sollen insbesondere Besserverdiener zur Kasse gebeten werden, um das Modell zu finanzieren – die Steuern auf Vermögen sowie höhere Einkommen würden stark angehoben werden.

Leistungen wie Kindergeld oder Bafög würden auch in diesem Modell gestrichen werden; Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung würde man hingegen umgestalten.

3. Grundeinkommen und Konsumsteuer nach Götz Werner

Im Gegensatz zu den Forderungen der anderen beiden Ansätze will dm-Gründer Götz Werner statt der Einnahmen hauptsächlich den Konsum von Gütern und Dienstleistungen besteuern. Da Einkommen- und Unternehmensteuer komplett wegfielen, wären Personalkosten günstiger, und es bestünde ein geringerer Anreiz, die menschliche Arbeitkraft durch Maschinen zu ersetzen – auch deshalb, weil Maschinen besteuert werden müssten.

Das Grundeinkommen dient in diesem Modell dazu, ärmere Bevölkerungsschichten trotz des umgekehrten Steuersystems zu schützen und ihnen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Dennoch steht die Umverteilung von Einkommen und die soziale Gerechtigkeit in Götz‘ Vision nicht an erster Stelle.

Ein Grundeinkommen könnte in diesem Modell beispielsweise 1000 Euro betragen und würde alle Sozialversicherungen und -leistungen ersetzen.

Was steckt hinter dem solidarischen Grundeinkommen?

Das solidarische Grundeinkommen ist ein Modellprojekt, das in Berlin durchgeführt wird. Es soll eine Alternative zu Hartz IV sein. Etwa 1000 Langzeitarbeitslose können so einer staatlich finanzierten Tätigkeit nachgehen.

Die Jobs werden entweder nach Tarif oder nach dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt. Das solidarische Grundeinkommen ist demnach nicht mit einem bedingungslosen Grundeinkommen gleichzusetzen, denn es erfordert Arbeit als Bedingung für die Gegenleistung.

Welche Argumente sprechen generell für ein bedingungsloses Grundeinkommen?

  • Befürworter des BGE argumentieren in erster Linie, dass staatliche Finanzleistungen mit einem bedingungslosen Grundeinkommen gerechter verteilt würden.

  • Die Bürger einer Gesellschaft müssten sich im Falle eines bedingungslosen Grundeinkommens bei der Jobsuche weniger daran orientieren, wie viel sie verdienen, sondern könnten vielmehr das persönliche Interesse in den Vordergrund stellen. Schlechter bezahlte Jobs, wie etwa in der Pflege, in der Kinderbetreuung oder im Handwerk wären besser abgesichert und damit reizvoller

  • Existenzangst würde wegfallen. Damit müssten Arbeitgeber dafür sorgen, dass sie einen angenehmen Arbeitsplatz schaffen. Das könnte zu weniger Fällen von Ausbeutung und schlechten Arbeitsbedingung führen, da die Mitarbeiter auch nach einer Kündigung auf ein Einkommen zurückgreifen können.

  • Menschen mit einem bedingungslosen Grundeinkommen könnten ihre Arbeitsstunden reduzieren und zeitintensiven Freizeitaktivitäten oder einem Ehrenamt nachgehen.

  • Das Problem der Arbeitslosigkeit würde teilweise gelöst werden, da Menschen einen Verlust ihrer Arbeit und die damit verbundenen finanziellen Folgen besser ausgleichen könnten. Demnach trägt das bedingungslose Grundeinkommen auch dazu bei, die gesellschaftlichen Folgen des industriellen Wandels und der Digitalisierung aufzufangen.

  • Unternehmer und Forscher, die weniger profitorientiert arbeiten, sondern beispielsweise den Klimawandel bekämpfen wollen, wären existenziell abgesichert. So könnten sie sich den wichtigen Fragen der Menschheit widmen, statt einem Job nachzugehen.

  • Neben den Vorteilen für den Arbeitnehmer und den Arbeitsmarkt im Allgemeinen hätte ein bedingungsloses Grundeinkommen auch positive Auswirkungen auf das Steuersystem, welches sich stark vereinfachen würde. Generell wäre zu erwarten, dass die bürokratische Komplexität abnimmt, insbesondere auch in Bezug auf das Sozialhilfesystem.

Welche Argumente sprechen generell gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen?

  • Das wahrscheinlich meistgenannte Contra-Argument in Bezug auf das bedingungslose Grundeinkommen ist die Sorge, Deutschland könne zu einem Wohlfahrtsstaat verkommen, in dem die Mehrheit der Bürger es vorzieht, gar keiner Tätigkeit mehr nachzugehen. Auch nachfolgende Generationen würden so zum Nichtstun ermutigt werden.

  • Im Gegensatz zu den Befürwortern des bedingungslosen Grundeinkommens befürchten Gegner, dass ein Grundeinkommen die soziale Ungleichheit in der Gesellschaft noch weiter ankurbeln würde.

  • Die Finanzierung ist schwierig. Kann der Bundeshaushalt die Ausgaben für ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht decken, wird wohl der Steuerzahler die zusätzlichen Gelder aufbringen müssen.

Wer würde das bedingungslose Grundeinkommen finanzieren?

In den meisten Modellen würde zumindest indirekt der Steuerzahler für ein bedingungsloses Grundeinkommen aufkommen müssen. Angenommen, jedem Bürger würde monatlich ein Betrag von 1000 Euro ausgezahlt werden, würden bei derzeitigem Bevölkerungsstand jährlich fast eine Billion Euro zur Finanzierung benötigt.

Eine derart großes Kapital ist allerdings im Bundeshaushalt nicht ohne Weiteres verfügbar. Befürworter gehen davon aus, dass das bedingungslose Grundeinkommen dennoch finanzierbar wäre, würden doch Sozialleistungen wie Hartz IV, Rente, Kindergeld, Bafög und die Kosten für den Verwaltungsapparat - wie die Bundesagentur für Arbeit - wegfallen. Denkbar wäre außerdem eine höhere Umsatz- oder Unternehmensteuer.

Wie hoch würde ein bedingungsloses Grundeinkommen ausfallen?

Laut dem Netzwerk Grundeinkommen wäre ein Betrag zwischen 1150 und 1400 Euro notwendig, um ein Existenz- sowie Teilhabeminimum zu gewährleisten.

In welchen Ländern gibt es das bedingungslose Grundeinkommen bereits?

Bisher zahlt kein Land seinen Bürgern ein bedingungsloses Grundeinkommen. Es gibt aber Testläufe und zeitlich begrenzte Projekte. Beispielsweise startete Finnland im Jahr 2017 einen Test, in dem 2000 zufällig ausgewählte Arbeitslose zwei Jahre lang monatlich 560 Euro ausgezahlt bekommen haben.

Wann kommt das Grundeinkommen in Deutschland?

Die Frage, wann ein bedingungsloses Grundeinkommen in Deutschland eingeführt wird, kann derzeit nicht beantwortet werden. Es gibt verschiedene Initiativen wie „Mein Grundeinkommen“, die über Spenden finanziert einjährige Grundeinkommen verlosen. Es gibt keine Hinweise darauf, dass es gesetzlich eingeführt werden soll. Im Gegenteil: Gerade wird eine Reform des ALG II diskutiert, wo eine Vermögensprüfung ausgesetzt wird.