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Mysteriöse Investoren sollen indische Bank retten – angeblich mit dem Geld reicher Deutscher

Ein Rettungsplan soll der Yes Bank bis zu zwei Milliarden Dollar einbringen. Doch die potenziellen Geldgeber wecken erhebliche Zweifel.

Seinen Posten als Indien-Chef der Deutschen Bank tauschte Ravneet Gill mit dem wohl schwierigsten Finanzjob, den der Subkontinent gerade zu bieten hat: Seit Anfang 2019 versucht der Manager, eine der größten privaten Banken des Landes vor dem Untergang zu bewahren.

Die Yes Bank mit Sitz in der Finanzmetropole Mumbai leidet unter einem Berg an faulen Krediten und braucht dringend frisches Kapital. Die Fallhöhe ist groß: Sollte Gill mit seinem Rettungsversuch scheitern, drohen erhebliche Verwerfungen an Indiens Finanzmärkten, warnen Analysten.

Beruhigen konnte Gill die Märkte bisher nicht. Seit seinem Amtsantritt sackte der Aktienkurs um mehr als 75 Prozent ab. Nun will der Bankmanager aber einen Ausweg aus der Krise gefunden haben: Private Investoren sollen bereit sein, zwei Milliarden Dollar in den in Schieflage geratenen Finanzkonzern zu investieren. Das ist mehr als der komplette aktuelle Börsenwert des Unternehmens.

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Doch an dem Plan gibt es massive Zweifel. Auf Medien und Analysten machen die Geldgeber einen dubiosen Eindruck. Auch die angebliche Quelle ihres Kapitals wirft Fragen auf. Es soll unter anderem aus Deutschland stammen.

Srinivas Solaraj ist einer der Männer im Zentrum des mysteriösen Rettungsdeals. Bis Anfang Dezember war er in Mumbais Finanzszene noch ein Unbekannter. Seine Ankündigung, eine beträchtliche Summe in die Yes Bank zu stecken, machte ihn bei den indischen Wirtschaftsmedien aber auf einen Schlag zum gefragten Gesprächspartner.

Beim Nachrichtensender CNBC-TV18 schwärmte Solaraj von einer verlockenden Investmentchance und gigantischen Wachstumsmöglichkeiten bei der Bank. Gleichzeitig räumte er ein, kaum Erfahrungen mit der Finanzbranche zu haben: „Unsere Expertise ist Öl und Gas“, sagte er.

Solaraj leitet eine Firmengruppe unter dem Namen Citax, die ihren Hauptsitz in Großbritannien hat. Sie soll zu der geplanten Kapitalerhöhung bei der Yes Bank eine halbe Milliarde Dollar beitragen. Auf die Frage, woher das Geld komme, antwortet Solaraj nebulös: Das Kapital stamme von sehr wohlhabenden Investoren aus Deutschland und der Schweiz.

Insgesamt habe er von den Anlegern drei Milliarden Dollar eingesammelt, wovon er ein Drittel in Indien investieren wolle. Details zu Solarajs angeblichen Aktivitäten als Vermögensverwalter im deutschsprachigen Raum sind nicht bekannt, ebenso wenig wie eine deutsche Geschäftsadresse. Eine Handelsblatt-Anfrage zu den Deutschlandgeschäften ließ Citax unbeantwortet.

Auch der zweite große Geldgeber, den Yes-Bank-Chef Gill vorstellte, stößt auf massive Skepsis: Erwin Singh Braich, der Sohn eines von Indien nach Kanada ausgewanderten Geschäftsmanns, sagte zu, zusammen mit Geschäftspartnern 1,2 Milliarden Dollar in die kriselnde Bank zu investieren.

Einer der reichsten Menschen Kanadas?

Braich, der öffentlich bisher kaum in Erscheinung getreten ist, behauptet von sich selbst, einer der reichsten Menschen in Kanada zu sein. „Ich habe mich bisher unter dem Radar bewegt“, sagte der 63-Jährige dem Finanzdienst Bloomberg. „Wir haben viele verschiedene Holdinggesellschaften und Vermögenswerte, von denen niemand weiß.“

Für einen angeblich Superreichen unüblich, verfügt Braich aber offenbar über keinen festen Wohnsitz und auch über keine Firmenzentrale. Eigenen Angaben zufolge besitzt er seit den 1990er-Jahren keine selbstgenutzte Immobilie mehr. Stattdessen komme er in Hotels unter. Derzeit wohne er in einem Drei-Sterne-Haus der Kette Sandman in der kanadischen Provinz Alberta. Zimmer sind dort für umgerechnet knapp 80 Euro pro Nacht zu haben.

Braichs Selbstdarstellung wirkt kurios: Er bereite sich gerade auf eine Talkshow-Tour in den USA vor, erzählte er Journalisten. Unter anderem sei er in die TV-Shows von Oprah Winfrey und Steven Colbert eingeladen, behauptete er. Außerdem seien Netflix und Amazon an einer vier Staffel langen Serie über sein Leben interessiert.

Die jeweiligen Unternehmen äußerten sich auf Nachfrage von Bloomberg nicht zu den Behauptungen. Nur der Sender von Oprah Winfrey ließ mitteilen, dass keiner der Produzenten dort jemals von Erwin Singh Braich gehört habe.

Statt in Talkshows taucht sein Name in Gerichtsakten auf: So wurde er zusammen mit vier anderen Personen vor zehn Jahren wegen Betrugs verklagt – und dazu verurteilt, von Investoren eingezahlte Gelder samt Zinsen zurückzuerstatten. Außerdem wurde gegen ihn Ende der 1990er-Jahre ein Insolvenzverfahren eröffnet, was Braich mit Familienstreitigkeiten erklärt.

Vor vier Jahren platzte eine Transaktion, bei der Braich angeblich umgerechnet knapp 140 Millionen Euro in ein kanadisches Unternehmen investieren wollte. Den Verkäufern der Firmenanteile war es damals nach eigenen Angaben nicht gelungen zu verifizieren, ob Braich das versprochene Geld auch wirklich hat.

Bei den Geschäften des anderen potenziellen Yes-Bank-Investors Citax gab es ähnliche Probleme. So gab das Unternehmen 2018 ein Gebot für einen indischen Ölkonzern ab, wurde laut einem Bericht der Zeitung „The Hindu“ aber aus dem Verfahren ausgeschlossen, nachdem es den vorgeschriebenen Sicherheitsbetrag nicht überwiesen hatte.

In der Schweiz leitet Solaraj laut Handelsregister zusammen mit einem Niederländer ein Unternehmen namens Oceanworld, das als Beratungsfirma eingetragen ist. Der Niederländer ist in der Schweiz kein Unbekannter. Er machte 2011 Schlagzeilen als Chef einer umstrittenen Stiftung, die Geld für angebliche Krebshilfe einsammelte und wegen Intransparenz auf eine Warnliste von Wohltätigkeitsexperten geriet.

Yes-Bank-Analysten sehen die angeblichen Geldgeber mit großem Misstrauen: „Wir haben ernste Vorbehalte gegenüber den Verwaltungsräten, die gewillt sind, solche Investoren als große Anteilseigner zu akzeptieren“, kommentierte Suresh Ganapathy vom Wertpapierhaus Macquarie Capital Securities. Er warnte zudem: Wenn es der Bank in den nächsten sechs Monaten nicht gelinge, Kapital einzuwerben, könne sie sich zu einer großen Gefahr für das indische Finanzsystem entwickeln.

Indien leidet bereits jetzt unter einer Krise der Schattenbanken, die die Schieflage der Yes Bank verschärfte. Der Zusammenbruch eines regulären Kreditinstituts wäre nach Meinung von Analysten eine Eskalation der Finanzturbulenzen auf dem Subkontinent.

An den möglichen Rettern will die Yes-Bank-Führung trotz der Zweifel offenbar festhalten. Am 10. Dezember verkündete der Verwaltungsrat seine Unterstützung für das Citax-Gebot und betonte, dass die Beteiligung von Braich weiter diskutiert werde.

Der Aktienkurs gab daraufhin weiter deutlich nach. Bankchef Gill versuchte in Interviews zu beruhigen: „Die Beschaffung neuer Geldmittel läuft ganz nach Plan“, sagte er. „Es gibt keinen Grund für Panik.“