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Tesla baut Gigafactory bei Berlin – Entscheidung erhöht Druck auf deutsche Autobauer

Tesla-Chef Elon Musk hat überraschend den Standort für seine vierte Gigafactory preisgegeben: Sie kommt nach Berlin. Die Entscheidung für Deutschland hat gute Gründe.

Man hatte sich schon so etwas denken können, als Tesla-CEO Elon Musk angeblich in letzter Minute seine Zusage zur Verleihung des „Goldenen Lenkrads“ gegeben hatte. Nur für die Überreichung eines regionalen Autopreises, selbst wenn er für Teslas beliebtes Model 3 ist, macht sich der Vordenker der elektrischen Automobilindustrie nicht auf den Weg von Kalifornien auf die andere Seite der Welt, nach Berlin.

Entsprechend war das Ereignis des Abends auch nicht die Preisverleihung, sondern eine strategische Ankündigung mit erheblicher Reichweite: Die seit Längerem geplante europäische Tesla-Gigafactory wird in Deutschland gebaut werden, bestätigte Musk Gerüchte.

Genau genommen werde sie nahe Berlin in der Nähe des Großflughafens BER entstehen, erklärte er auf der Veranstaltung mit den CEOs von Volkswagen, Audi und BMW im Publikum. Mehr Details wollte Musk auch auf Nachfragen nicht preisgeben. Die Tesla-Aktie schloss in New York mit einem Plus von 1,4 Prozent auf 349,93 Dollar so hoch wie seit Dezember 2018 nicht mehr.

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Musk hatte bereits gesagt, dass Deutschland gute Chancen auf den Zuschlag für eine neue Gigafactory habe. Im Gespräch waren aber eher andere Bundesländer – unter anderem das Saarland und Niedersachsen. Berlin und Brandenburg waren nicht auf dem Radar.

Nach „Tagesspiegel“-Recherchen handelt es sich bei dem Standort um eine potenzielle Industriefläche im brandenburgischen Grünheide im Landkreis Oder-Spree südöstlich von Berlin, die bereits einmal im Rennen für die Ansiedlung eines BMW-Werkes war. Nach Informationen der „Bild“-Zeitung sollen bis zu 10.000 neue Jobs entstehen.

Brandenburgs Regierungssprecher bestätigte dies nicht. Details zum konkreten Standort wolle Tesla bekanntgeben, sagte er. Auf seiner Homepage hat Tesla bereits Stellen für die vierte Gigafactory ausgeschrieben. Einen konkreten Ort in Deutschland nennt der E-Autobauer auch dort nicht.

Das Berliner Werk wird die vierte sogenannte Gigafactory weltweit sein. Zwei davon stehen in den USA, eine ist gerade erst nach rekordverdächtigen zehn Monaten Bauzeit im chinesischen Schanghai in Betrieb gegangen.

Der Zeitplan für die deutsche Fabrik ist noch nicht bekannt. Aber mit vielen Jahren bis zur Fertigstellung, so wie beim dann benachbarten Großflughafen BER, wird sich Musk nicht zufriedengeben. Bei früheren Gelegenheiten hatte er 2021 als möglichen Start für eine Europa-Produktion genannt. Er muss seine Chance in Europa nutzen, solange die europäische Konkurrenz bei der E-Mobilität noch nicht wettbewerbsfähig ist.

Die Entscheidung für das Hochlohnland Deutschland ist mit der hohen Qualifikation der deutschen Automobilindustrie und Ingenieurskunst zu begründen. „Jeder weiß, dass deutsches Ingenieurswesen herausragend ist“, so Musk in Interviews in Berlin. Ein Maschinenbau- und Designzentrum werde ebenfalls in der Nähe des künftigen Berliner Flughafens entstehen, kündigte der Tesla-Chef an.

Berlin als wirtschaftliches Bindeglied

Schon 2016 übernahm Tesla einen deutschen Mittelständler, Grohmann Engineering, um Produktionsprobleme im Stammwerk in Kalifornien zu lösen. Auch deutsche Manager wie Peter Hochholdinger, der zuvor bei Audi war, zogen in die kalifornische Führungsetage ein. Hochholdinger ist mittlerweile zum Elektroauto-Hersteller Lucid Motors gewechselt.

Ein wichtiger Punkt bei der Standortentscheidung wird auch die Rolle Deutschlands und Berlins als neues wirtschaftliches Bindeglied zwischen West- und Osteuropa gespielt haben. Vor allem, nachdem Großbritannien wegen des geplanten Brexits als europäischer Standort ausgeschieden war.

Mit einer Gigafactory innerhalb der Europäischen Union (EU) wird es für Musk entscheidend einfacher werden, den europäischen Binnenmarkt zu erobern und sich aus möglichen gegenseitigen Handelsproblemen zwischen den USA und Europa herauszuhalten. Denn Strafzölle auf den Import europäischer Autos in die USA sind politisch noch nicht vollkommen vom Tisch.

In einem solchen Falle wären ähnliche Gegenmaßnahmen der EU kaum zu vermeiden und würden Tesla hart treffen. Mit dem Werk in Deutschland umgeht der E-Auto-Produzent diese Gefahr.

Das Investmenthaus Morgan Stanley nennt Deutschland insgesamt schlicht die „logische Wahl“ für Tesla in Europa. Im jüngsten Quartalsbericht hatte Elon Musk bereits angekündigt, eine Standortentscheidung bis Ende des Jahres zu treffen.

In der Gigafactory soll zunächst das Crossover Model Y, ein kleiner SUV, gefertigt werden, was er in einem Tweet nach der Ankündigung in Berlin bestätigte. Auch Batterien und Antriebsstränge kämen zukünftig aus Deutschland. Musk jedenfalls ist schon über seine neue Gigafactory begeistert: „Ich liebe Berlin.“

Musk hat allen Grund, sich zu beeilen. Im dritten Quartal 2019 zeigte der wichtige US-Markt leichte Schwächeerscheinungen, während die Europa-Umsätze seit Jahresbeginn kontinuierlich steigen.

Die Entscheidung für Deutschland setzt die etablierten deutschen Autobauer noch mehr unter Druck als ohnehin schon. Daimler will die Neuentwicklung von Verbrennungsmotoren einstellen und liegt mit den Gewerkschaften im Streit, wo neue Elektromotore produziert werden sollen. Audi, BMW und Porsche sind ebenfalls in der Umbruchsphase.

Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht das neue Tesla-Werk hingegen positiv: „Wettbewerb hat schon immer dafür gesorgt, besser und schneller zu werden“, sagte Dudenhöffer dem Handelsblatt. Mit Musks Entscheidung für Deutschland werde die Elektromobilität mehr Fahrt aufnehmen als bei 100 Kanzlergipfeln in Berlin, so der Autoexperte.

Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lobte Teslas Entscheidung als einen „weiteren Beweis für die Attraktivität des Automobilstandortes Deutschland. Es ist zugleich auch ein Meilenstein beim Ausbau von Elektromobilität und Batteriekompetenz.“

In den USA ist Teslas Model 3 bereits eine massive Konkurrenz zur populären 3er-Serie von BMW. Porsches neues E-Flaggschiff, der Taycan Turbo S, wird sich demnächst auf der Nordschleife des Nürburgrings mit einem Model S von Tesla ein Duell liefern. Der Tesla soll mit der neuen Antriebsplattform mit drei Motoren an den Start gehen. Tesla will die neue Antriebseinheit ab 2020 in Serie produzieren.

Nach der Preisverleihung gab Musk den Veranstaltern noch etwas mit auf den Weg: „Die Ironie ist, bald wird es vielleicht gar keine Lenkräder mehr geben“, so der Tesla-Chef. Er möchte so schnell wie möglich seine Teslas in vollwertige, selbstfahrende Roboterautos weiterentwickeln. Da ist jetzt Flexibilität gefragt.