Munich Re erwartet Rekord bei Policen gegen Hackerangriffe
(Bloomberg) -- Der Rückversicherer Munich Re erwartet, dass er dieses Jahr mit Policen gegen Cyber-Risiken erstmals rund 1 Milliarde Euro an Prämien einnehmen wird. Hinter der anziehenden Nachfrage dürfte auch die Zunahme von Hackerangriffen im Homeoffice während der Pandemie stehen.
Das Interesse an Cyber-Versicherungen “steigt stark. Kein anderes Segment wächst derzeit so stark”, sagte Vorstand Torsten Jeworrek im Interview mit Bloomberg. „Nachdem das Wachstum bei Cyber-Versicherungen lange Zeit von den USA angetrieben wurde, holen Europa und Asien nun langsam auf.”
Vergangenes Jahr hatte die Munich Re 855 Millionen Euro im Cyber-Segment erzielt. Von der nun erwarteten Milliarde dürften Jeworrek zufolge drei Viertel auf die USA entfallen und 40% auf das Erstversicherungsgeschäft, in dem der Konzern auch aktiv ist. Er schätzt den Marktanteil der Munich Re auf 10%.
Aufmerksamkeit erhält das Segment durch Hackerangriffe. „Die Cyber-Schäden haben in der Pandemie zugenommen, auch bei uns”, erklärte Jeworrek. Dafür gebe es zwei wichtige Gründe: Die Zunahme der Arbeit von zu Hause und eine Professionalisierung der Angreifer.
Nach einer Studie des Berliner Digitalverbands Bitkom entstehen der deutschen Wirtschaft durch Diebstahl, Spionage, Sabotage und andere Angriffe pro Jahr Schäden von 223 Milliarden Euro. Haupttreiber des zuletzt enormen Anstiegs seien Erpressungsvorfälle verbunden mit dem Ausfall von Systemen als Folge sogenannter Ransomware-Angriffe.
Laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW) sind etwa 53 Milliarden Euro an jährlichen Schäden auf Angriffe im Homeoffice zurückzuführen. Die Arbeit daheim sei “für Cyberkriminelle ein Geschenk”, erklärte IW-Ökonomin Barbara Engels. “Jeder Mitarbeitende, der von zuhause arbeitet, nutzt Verbindungen, die oft leichter angegriffen werden können als solche im Firmennetzwerk.”
Jeworrek zufolge hat sich die branchenweite Schaden-Kosten-Quote in der Cyber-Versicherung in diesem Jahr auf etwa 100% verschlechtert. “Das ist für ein bedenklich schlechter Wert, denn es besteht kaum die Möglichkeit, Geld für größere Schadensfälle anzusammeln”, sagte er. Nur bei Werten von unter 100 nehmen die Versicherer mehr ein, als sie ausgeben.
Wegen der steigenden Quoten sind manche Anbieter laut Jeworrek “sehr nervös” geworden. Sie hätten ihre Preise teils um bis zu 40% angehoben und Kapazitäten zurückgefahren. “Es ist gut, dass die Versicherer kein törichtes Wachstum tolerieren”, sagte Jeworrek. Auch sein Unternehmen habe die Preise risikobezogen erhöht, die Kapazitäten aber nicht gesenkt.
Hohe Schadenquote
Bei der Munich Re selbst liegt laut Jeworrek die Schaden-Kosten-Quote in der Cyber-Versicherung derzeit bei etwa 85%. “Der Wert ist seit Jahren relativ konstant und auskömmlich”, erklärte er. Er führt das darauf zurück, dass der Münchener Konzern schon lange in dem Segment aktiv sei und die Risiken über Regionen und Kundengruppen gestreut habe.
Jeworrek warnte zugleich, dass sich längst nicht jeder Schaden durch rein privatwirtschaftliche Cyber-Versicherungen abdecken lasse. Das sei etwa bei Cyber-Kriegen zwischen Staaten so, weil hier die Schäden extrem hoch sein könnten. “Hier haben wir auch aus der Pandemie gelernt und versuchen, in der Formulierung der Verträge sehr klar und deutlich zu sein”, sagte er.
In Deutschland hatte es zuletzt zwei prominente Fälle von Cyber-Angriffen gegeben. Dabei handelte es sich zum einen um die Haftpflichtkasse VVaG, zum anderen um den Sparkassenverband Baden-Württemberg. In beiden Fällen gab es Lösegeldforderungen und die IT war tagelang lahmgelegt.
(Neu: Hacker-Angriffe im letzten Absatz)
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