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Deutscher Mittelständler will den Transrapid wiederbeleben

Das deutsche Bauunternehmen Max Bögl will die tot geglaubte Antriebstechnik des Transrapid zu einem Exportschlager wiederbeleben. Der Prototyp steht. Experten sehen dafür durchaus Chancen.

Stefan Bögl ist kein Mann für öffentliche Auftritte. Wenn möglich, meidet er solche Momente, heißt es in seinem Umfeld. Stattdessen widmet sich der Vorstandschef des bayerischen Bauunternehmens Max Bögl seiner Leidenschaft: der Technik. Nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit hat der Ingenieur mit Gleichgesinnten im bayerischen Sengenthal jahrelang an einem Comeback der Magnetschwebebahn getüftelt. Und nun geht er damit an die Öffentlichkeit.

Denn Bögl will die Technik wiederbeleben. In Deutschland gilt sie eigentlich als gescheitert. Das letzte geplante Großprojekt war der Transrapid. Die Magnetschwebebahn sollte etwa Passagiere vom Flughafen München in die Innenstadt der bayerischen Landeshauptstadt bringen. So die Idee. Der Hochgeschwindigkeitszug, der über den Gleisen schwebt, sollte das Schienennetz revolutionieren. Doch das Projekt wurde 2006 endgültig gestrichen – hauptsächlich wegen der hohen Kosten.

Nun wagt Stefan Bögl den Alleingang auf den Markt. 35 Millionen Euro hat das Unternehmen in die Erforschung und Weiterentwicklung investiert. Der Chef des Bauunternehmens, das mit 6500 Beschäftigten im vergangenen Jahr 1,7 Milliarden Euro umsetzte, ist überzeugt: Die Magnetbahntechnik ist ein Heilsbringer für verkehrsverseuchte Metropolen, weil die Technik schneller, emissionsarm und leiser ist als herkömmliche Schienenfahrsysteme. Weltweit ächzen Großstädte unter dem massiven Verkehrsaufkommen. Die Straßen sind überlastet, die U- und Straßenbahnen überfüllt. Sollte sich die Technik des 43-jährigen Ingenieurs durchsetzen, könnte sich dem Bauunternehmen ein Milliardenmarkt öffnen.

Der Prototyp ist bereits fertig entwickelt. Auf dem Firmengelände in der Oberpfalz fährt eine futuristische Bahn mit dem Namen Transport System Bögl (TSB) auf einer Teststrecke von 800 Metern auf und ab. Fahrzeug, Fahrweg und Betriebsleittechnik stammen aus dem Hause Bögl. „Made in Germany“ soll die Exportchancen erhöhen. Nun will Bögl die Technik beim Eisenbahn-Bundesamt für den deutschen Markt zulassen. Das Unternehmen erwartet noch in diesem Jahr oder spätestens im Frühjahr 2019 grünes Licht für die Magnetbahn TSB.

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Bögl hat die Magnetbahntechnik in einigen Punkten weiterentwickelt. Anders als beim Transrapid werden beim TSB nicht die Gleise vom Zug umklammert – sondern umgekehrt. Der Vorteil: Die Fahrt soll leiser sein, weil die meisten Geräusche wie Luftwirbel in den betonierten Trassenkörper geleitet und dort geschluckt würden. Außerdem könne die Trasse auch im Winter nicht so schnell einfrieren.

Ebenfalls neu: Statt Fern- und Hochgeschwindigkeitstrassen zu bauen, setzt das Entwicklungsteam bei der Magnetschwebetechnik auf den Nahverkehr. Mit einer Geschwindigkeit von maximal 150 Kilometern pro Stunde sollen Passagiere fünf bis 30 Kilometer weit gebracht werden. Das System könne daher platzsparender gebaut werden. Bögls Sprecher Jürgen Kotzbauer sieht das als eindeutigen Vorteil gegenüber der alten Technik. „Der Transrapid mit einer Höchstgeschwindigkeit von 400 Kilometer pro Stunde ist gar nicht geeignet für eng bebaute Regionen.“


In China wird eine Teststrecke gebaut

Experten sehen für die neue Technik von Bögl durchaus Chancen. Allerdings nicht Deutschland, sondern im Ausland. Geschwindigkeiten von 200 Kilometer pro Stunde könne man auch „mit einem herkömmlichen Schnellzug erreichen“, sagt Markus Hecht, Professor für Schienenfahrzeuge an der Technischen Universität Berlin. So spare man vor allem die hohen Kosten, die durch den Bau einer neuen Infrastruktur, die eine Magnetbahn erfordern würde, entstehen. Für Deutschland sei das Comeback der Magnetbahn daher „undenkbar“. Die Magnetbahn sei „ein wunderbares technisches Spielzeug, wenn Geld keine Rolle spielt“, sagt Hecht. „Gerade in autokratisch regierten Ländern können solche Projekte durchgesetzt werden.“

Kein Wunder, dass sich Bauunternehmen Bögl die besten Marktchancen außerhalb von Europa verspricht. Ein Kooperationsvertrag mit der Baufirma Chengdu Xinzhu ist bereits unterschrieben. In Chengdu, der Hauptstadt der chinesischen Provinz Sichuan, wird eine mindestens 3,5 Kilometer lange Teststrecke gebaut, um das System fit für den chinesischen Markt zu machen. Dort soll die Bahn sogar etwas schneller fahren und Geschwindigkeiten von 160 bis 200 Kilometer die Stunde erreichen. Die Magnetbahn-Trasse des TSB sei im Vergleich zum Transrapid viel leichter und könne sich einfacher in die bestehende Infrastruktur einer Stadt integrieren, heißt es im Unternehmensumfeld.

Dennoch könnte die Infrastruktur die entscheidende Rolle spielen, ob die Technik wirklich das Zeug zu einem Exportschlager hat. Die Antriebstechnik brauche „einen komplett abgesperrten Gleiskörper, weil jeder Gegenstand eine Störung verursachen kann“, sagt Verkehrsplaner und Ingenieur Hans-Rainer Runge. Deswegen müsse die Fahrtrasse rundum mehrere Meter frei bleiben. Das bedeutet viel Platz, der gerade in Großstädten rar ist. „Wenn sie eine neue Stadt bauen würden, können sie das System natürlich nutzen“, sagt er. Doch die Magnetbahn in eine bestehende Infrastruktur einzubauen sei problematisch.

Bislang hat sich die Magnetschwebebahn auch deshalb noch nicht richtig durchsetzen können. Kommerziell kam die Technik bisher nur in Shanghai zum Einsatz. Seit 2002 verbindet der Transrapid den Flughafen Pudong mit der Metrostation Longyuan Road. Bögl hat zusammen mit Siemens und Thyssenkrupp an diesem Projekt mitgewirkt. Sie lieferten die Fahrwegtrasse. Auch beim geplanten Transrapid in Deutschland sollten sie den Fahrweg liefern.
Dabei ist auch die Idee entstanden, dass bisher erarbeitete Know-how auszuweiten. „Wir haben im Laufe der Zeit ein komplettes Team eingestellt, das sich nur darum kümmert“, sagt Unternehmenssprecher Kotzbauer. Bis dato gehörte Fahrzeugtechnik nicht zu den klassischen Geschäftsfeldern.

Damit hält das familiengeführte Unternehmen auch eine Idee am Leben, die der deutsche Ingenieur Hermann Kemper 1934 zum ersten Mal beim Reichspatentamt einreichte. Mit dem stärker werdenden Bewusstsein für Umweltschutz und steigendem Verkehrsaufkommen in Städten wird sie 100 Jahre später noch Alltag – davon ist Stefan Bögl überzeugt.