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Wie Mittelständler ihre Liquidität sichern können

Der Konjunktureinbruch sorgt bei vielen Mittelständlern für Engpässe in der Kasse. Sie müssen ihren Finanzierungsmix neu justieren, um zahlungsfähig zu bleiben.

Waren binden Kapital, das jetzt dringend gebraucht wird. Foto: dpa
Waren binden Kapital, das jetzt dringend gebraucht wird. Foto: dpa

Dem Berliner Taxibetrieb Spraywald droht die Insolvenz. Aktuell sind 27 Fahrzeuge stillgelegt, 47 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Steuern, Ladenmiete und Kredite laufen aber dennoch weiter. Weil Zuschüsse vom Senat nur Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten bekommen, geht Firmenchef Eckhart Zieschank leer aus. Er denkt über einen KfW-Schnellkredit nach: „Das ist unsere einzige Finanzierungsalternative.“

45 Prozent der deutschen Mittelständler sind existenziell bedroht. Restaurants, Reisebüros, Messebauer – fast alle Branchen sind betroffen. Schon vor der Coronakrise befanden sich 35 von 100 Betrieben in Schieflage, nun raubt der Lockdown weiteren zehn Prozent den letzten Atem, so eine Studie von Munich Strategy.

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„In diesen Wochen zählt für kleinere und mittlere Unternehmer jeder Cent“, weiß Katrin Grunert-Jäger. Cash is King. Laut der Finanzierungsexpertin und Interimsmanagerin sollten Unternehmen aktuell planen: „Wer auf Tagesbasis erstellte aussagefähige Reports über seine Zu- und Abflüsse hat, kann die richtigen Maßnahmen ergreifen.“ Eine Stellschraube für die Zahlungsfähigkeit seien Vereinbarungen mit Kunden und Lieferanten. Ebenfalls sinnvoll sei es, den Wareneinkauf durch ein Factoring-Unternehmen zu finanzieren, und auch der Verzicht von Führungskräften auf Dividenden und Boni sei anzuraten.

Liquidität gewinnen Unternehmer auch durch das Ausschöpfen von Kreditlinien und neuer Quellen. „Sprechen Sie, wenn es eng wird, schnell mit Ihrer Bank über eine Kontokorrentkrediterhöhung und andere Optionen“, rät Fuat Akar, Chef der Mittelstandsberatung Prozessreich.

So sollten Firmenchefs nicht auf Lieferantenskonto verzichten. Wenn sie die Rechnungen ihres Lieferanten schnell zahlen, können sie zwei Prozent Skonto in Anspruch nehmen. Das wären bei einer Rechnung in Höhe von 500.000 Euro also 10.000 Euro. Dafür aber muss sich der Unternehmer von seiner Bank vielleicht seine Kreditlinie erweitern lassen. Das kann sich aber dennoch rechnen.

„Seit Beginn der Coronakrise fragen Mittelständler verstärkt nach Finanzierungsfachleuten wie Grunert-Jäger, um mit ihnen sicher durch die unruhigen Monate zu kommen“, sagt Erdwig Holste, Geschäftsführer der Management Angels, eines Anbieters von Führungskräften auf Zeit. Benötigt würden jetzt Transparenz der aktuellen Finanzlage und externes Know-how: „Interimsmanager haben häufig das Wissen, weil sie schon in der Dotcom-Krise 2000/2001 oder in der Finanzkrise 2008/2009 erste Hilfe geleistet haben.“

Jetzt ist eine aktualisierte, verlässliche Liquiditätsplanung das A und O, empfiehlt Renald Metoja, Insolvenzverwalter in der Kanzlei Eisner Rechtsanwälte: Viele Großkunden, etwa Automobilkonzerne und Zulieferer, hielten sich nicht mehr an vereinbarte Zahlungskonditionen. Das treffe kleinere Firmen hart. Ihnen rät Metoja, Leasing- und Mietverträge zu verändern: „Die Zahlungen lassen sich häufig für ein paar Monate aussetzen.“

Gesellschaften, die Maschinen und Anlagen verleasen oder Lagerhallen vermieten, seien momentan relativ kulant: „Die wollen ja auch nicht, dass ihre Kunden pleitegehen.“ Metojas Empfehlung: „Legen Sie Ihren Vertragspartnern die neue Liquiditätsplanung vor, und machen Sie konkrete Vorschläge für eine zeitlich begrenzte Stundung der Beträge oder einen Nachlass.“ Die Berechnung der Rückzahlung müsse aber stimmen, damit es später nicht zu einer Insolvenz kommt: „Nicht mehr zusichern, als man zahlen kann.“

Auch Sale-and-lease-back verschafft Unternehmen finanziell Luft. „Ich verkaufe die Maschinen, die frei von Rechten Dritter sind, und miete sie zurück“, erklärt Metoja. Das bringt Cash. „Aber Vorsicht“, warnt der Finanzierungsexperte. „Die jährliche Zinsbelastung auf die Raten sollte fünf bis sieben Prozent nicht übersteigen und der Restwert dem Marktwert entsprechen.“

Höhere Zinsen für den Rückmietverkauf ihrer Maschinen und Anlagen müssen Betriebe berappen, die schon vor Corona in Schwierigkeiten waren und bereits eine Sanierung durchlaufen. „Aber sie sind wieder flüssig und stärken ihre Eigenkapitalquote“, sagt Carl-Jan Freiherr von der Goltz von der Finanzierungsberatung Maturus Finance.

Mit Factoring schnell zum Geld

Klassische Finanzierungsinstrumente gegen Liquiditätsengpässe sind Factoring und Leasing. Der Verkauf von Forderungen sorgt für schnellere Einnahmen, das Leasen von Maschinen entlastet die Kreditlinien. Schnell hilft auch Finetrading. Renommierte Mittelständler bekommen von den Anbietern Zusagen für die Finanzierung des Warenlagers innerhalb von 24 Stunden.

Mit Geschwindigkeit werben ebenfalls digitale Kreditplattformen wie Auxmoney, Creditshelf, Funding Circle oder Kapilendo. „Wir sagen innerhalb von 48 Stunden, ob ein Kredit machbar ist und zu welchen Zinskonditionen“, so Marc-Oliver Knobloch, Firmenkundenleiter der Kreditplattform Creditshelf.

Für die Prüfung der Kreditanfrage müssen Unternehmen die letzten beiden Jahresabschlüsse, die aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung sowie eine Übersicht über Verbindlichkeiten einreichen. Die Auszahlung des Kredits erfolgt innerhalb von zwei bis drei Wochen. Am begehrtesten sind derzeit Kredite zwischen 500.000 und einer Million Euro. „Neben krisengeschüttelten Betrieben fragen auch stark expandierende Unternehmen nach Krediten, weil sie dringend Wachstumskapital benötigen“, sagt Knobloch.

Für einen besseren Klang des Finanzierungsorchesters kann auch ein Pay-per-Use-Kredit sorgen. Der Clou: Die Rückzahlung des Darlehens für das gekaufte Wirtschaftsgut hängt dabei von dessen Auslastung ab. Wird ein Förderband oder Fahrzeug kaum genutzt, sind die Raten niedrig. Gerade in einem Lockdown ist dieses flexible Modell optimal.

Ähnliches gilt für die Umstellung des Lagerkonzepts. Nicht jeder Mittelständler leidet unter einer Unterbrechung seiner Lieferketten. Einigen macht das Gegenteil Sorgen, weil bei ihnen der Absatz wegbricht und die Kapitalbindungskosten des gefüllten Waren- oder Teilelagers ihre Liquidität schwächen. Die Lösung sieht Unternehmensberater Akar in einem Konsignationslager: „Dort stellt der Lieferant seine Waren ein, der Mittelständler muss sie aber erst bezahlen, wenn er sie entnimmt.“ Er geht noch einen Schritt weiter: „Mit etwas Verhandlungsgeschick kann man mit dem Lieferanten Miete für die Lagernutzung aushandeln.“

Für frisches Kapital kann auch ein neuer Gesellschafter sorgen. „Auch Firmen, die keine staatlichen Rettungsmaßnahmen erhalten, kommen so an Geld für notwendige Investitionen und mit einer gesunden Bilanz aus der Krise“, sagt Willem Keijzer von der Beratungsfirma CNX Transaction Partners. Wermutstropfen: Der neue Partner will mitbestimmen und wird am Gewinn beteiligt, erklärt Keijzer: „Umso wichtiger, dass man einen Investor findet, der zur Firmenkultur passt und Fähigkeiten im Krisenmanagement mitbringt.“