Mister Spex: Entlassungen und Filialschließungen
Seit mehreren Wochen schon brodelt es bei Mister Spex, nun hat die Geschäftsführung harte Konsequenzen gezogen: Im Rahmen einer Aufsichtsratssitzung am vergangenen Mittwochnachmittag wurde ein umfassendes "Transformations- und Restrukturierungsprogramm" beschlossen, das firmenintern den Namen "SpexFocus" hat und ab sofort beginnt.
Darin steht: Rund zehn Prozent der Belegschaft werden gehen müssen. Außerdem würden die Preise der Produkte angepasst, Abläufe auf Effizienz geprüft und angepasst – und alle acht internationalen Filialen würden geschlossen – fünf in Österreich, zwei in Schweden und eine in der Schweiz. Derzeit sind bei dem Brillenhändler rund 1300 Menschen beschäftigt, rund einhundert davon nicht in Deutschland.
Viele Unstimmigkeiten
In einer Pressemitteilung, die das Unternehmen am Donnerstagmorgen herausgegeben hat, heißt es: „Ziel ist es, die Rentabilität erheblich zu steigern und eine nachhaltige Cash-Generierung für das Unternehmen mittelfristig zu gewährleisten." Allein durch die Filialschließungen erwartete man einen wiederkehrenden Anstieg des freien Cashflows (FCF) von etwa 2 Millionen Euro. Insgesamt verspreche man sich eine Steigerung des EBITDA um mehr als 20 Millionen Euro in den Jahren 2025 und 2026. Die Restrukturierungsmaßnahmen sollen laut Plan, heißt es weiter, rund neun Millionen Euro kosten.
Warum ist es so weit gekommen? Wie Gründerszene bereits Ende Juli berichtete, hatte das Unternehmen an mehreren Fronten mit Problemen zu kämpfen. Zum einen waren da große Unstimmigkeiten im Kreis der Aktionäre: Eine Gruppe aktivistischer Investoren, darunter eine Investmentfirma aus dem Reich des „Höhle-der-Löwen“-Jurors und AWD-Gründers Carsten Maschmeyer war mit Großaktionären über Kreuz geraten. Auch gab es Abgänge aus dem Aufsichtsrat: Claus-Dietrich Lahrs von Hugo Boss und der frühere Adidas-Manager Gil Steyaert verließen das Gremium nun wegen „unterschiedlicher Auffassungen über die strategische Entwicklung der Gesellschaft“.
Niedriger Aktienkurs
Und zum anderen natürlich die Zahlen: „Die vorläufigen Ergebnisse für das erste Halbjahr 2024 liegen unter den Erwartungen des Unternehmens", heißt es in der Pressemitteilung. Konkret heißt das: In Q1/2024 schrieb Mister Spex 9,3 Millionen Euro Verlust. An der Börse ist der Kurs ebenfalls über längere Zeit abgeschmiert, seit dem Börsengang 2021 um 89 Prozent. Während die Aktie anfangs bei etwa 25 Euro startete, liegt die Notierung aktuell bei rund 2,50 Euro. Aktuell ist das Unternehmen an der Börse nur noch 85 Millionen Euro wert.
Im Zuge der Vorstellung des Restrukturierungsprogramm, gab Mister Spex auch bekennt, seine Prognose für 2024 anzupassen. Das Unternehmen erwarte laut Mitteilung einen Nettoumsatz zwischen 210 und 230 Millionen Euro (Wachstum von 3 Prozent bis -6 Prozent für das Jahr) und eine bereinigte EBITDA-Marge zwischen +1 Prozent und -4 Prozent für das Gesamtjahr.
Abgänge im Management
Die Unruhen der vergangenen Monate hatten bereits Spuren im obersten Management hinterlassen: Erst verließ der Co-CEO Mirko Caspar das Unternehmen, dann gab auch Dirk Graber, Gründer und CEO des Unternehmens seinen Chefposten auf, wie Ende Juli bekannt wurde. Gründerszene berichtete. Er übergab an Stephan Schulz-Gohritz, wie „Ad Hoc News“ berichtet.
Graber habe den Aufsichtsrat gebeten, ihn von seinen Aufgaben als CEO zu entbinden, selbst sagte er zum Wechsel: „Nach 16 Jahren Wachstum mit viel Einsatz und Freude ist es nun an der Zeit, einen Nachfolger zu suchen, der Mister Spex erfolgreich durch die nächste Phase führt. Gleichzeitig freue ich mich auf eine Pause, um mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen“, wie „Boerse.de“ berichtete.
Graber gründete Mister Spex 2007 gemeinsam mit Björn Sykora, Philipp Frenkel und Thilo Hardt. Er stand 16 Jahre an der Spitze des Unternehmens, das unter anderem Investoren wie Team Europe Ventures, Astutia Ventures, DN Capital, Xange, Grazia Equity und High-Tech-Gründerfonds von sich überzeugen konnte.
Seit seiner Gründung 2007 hat sich Mister Spex vom reinen Online-Player zu einem Omnichannel-Optiker mit nach eigenen Angaben mehr als 7,4 Millionen Kunden und eigenen Filialen entwickelt. Nun stehe, heißt es seitens des Unternehmens, eine Neupositionierung an. Man wolle sich zusätzlich zu der bestehenden Zielgruppe den 40- bis 60-Jährigen zuwenden und mit weniger Rabattaktionen mehr Premium werden.