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Auf dem Mobilfunkmarkt droht ein massiver Einfluss der Regierung – zulasten des Wettbewerbs

Der Infrastrukturminister will dem Regulierer die Macht entziehen. Auf dem Mobilfunkmarkt droht ein massiver Einfluss der Regierung.

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hielt die Gipfelerklärung stolz in die Kamera. Gemeinsam mit den Ländern und den drei Mobilfunkanbietern Telekom, Vodafone und Telefónica habe er eine „sehr, sehr gute Grundlage“ gelegt, erklärte er vergangenen Donnerstag.

Der Mobilfunkgipfel seines Hauses war gerade zu Ende gegangen, ein sehr merkwürdiger Gipfel, wie viele der Beteiligten hinter vorgehaltener Hand befanden. Dabei verfolgen doch alle ein Ziel: Jeder im Land soll möglichst flächendeckend ohne Funklöcher mobil telefonieren können.

Die Zweifel am Gipfel begannen damit, dass die Vertreter der Länder nach eigenem Bekunden erst kurz vor der Veranstaltung erfuhren, dass sie das Abschlusspapier unterschreiben sollten. Der Inhalt lag ihnen erst eine Stunde vor Beginn vor. Das Ministerium habe „sehr kurzatmig gehandelt“, hieß es hinterher.

Dies zeige sich an sprachlichen Schwächen: So ist im Papier von der „Errichtung“ von Mobilfunkstandorten die Rede. Heißen müsste es „Genehmigung“.

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Doch das waren Petitessen gegen das, was in der Erklärung stand: Die Unternehmensbosse stellten in Aussicht, mit den bisherigen 4G-Frequenzen nicht wie vorgegeben 98 Prozent der Haushalte zu versorgen, sondern sogar 99 Prozent. Im Gegenzug sagte der Minister zu, „investitionsfördernde und -sichernde Rahmenbedingungen für den Ausbau der Mobilfunknetze“ zu schaffen und obendrein noch „Anreize“ für einen schnellen Netzausbau.

Auch soll den Unternehmen die Zahlung der Gebühren gestundet werden, wenn sie im Frühjahr 5G-Frequenzen ersteigern.

Beobachter wunderten sich. Etwa Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Er saß mit am Gipfeltisch. Seine Behörde ist allein und unabhängig dafür zuständig, für Wettbewerb auf dem Mobilfunkmarkt zu sorgen. Sie legt die entsprechenden Regeln fest, auch für die Vergabe von Frequenzen.

Autoritätsverlust droht

Nun droht der Deal des Ministers mit den Mobilfunkern seine Autorität zu untergraben. Homann jedenfalls unterschrieb das Papier nicht und stellte sich auch nicht aufs Gruppenfoto.

Denn die allgemein wirkenden Formulierungen haben es in sich. „Es geht bei den investitionssichernden Rahmenbedingungen um das nationale Roaming, das die drei Platzhirsche auf jeden Fall verhindern wollen“, berichtet ein Gipfelteilnehmer. ´

Mit einer Regel, wonach jeder das Netz des anderen nutzen kann, wenn es mal ein Funkloch gibt, würde es Neueinsteigern in den Markt leichter fallen, schnell ein gutes Netz anzubieten. Die Netzagentur könnte Roaming zum Wohle des Wettbewerbs zulassen und einer besseren Netzabdeckung zulassen.

Die drei Mobilfunker mit eigenem Netz wehren sich und werfen etwa United-Internet vor, als Trittbrettfahrer die Netze zu nutzen, ohne zu investieren. Das Unternehmen indes hält dagegen – wie am Tag nach dem Gipfel in Berlin bei einer Anhörung der Netzagentur in Bonn. Dort erklärte Martin Witt, Chef der Tochter 1 & 1, wie sie bei richtigen Rahmenbedingungen zum vierten Mobilfunkanbieter im Markt aufsteigen könnten.

Auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD findet sich der Wunsch nach dem nationalen Roaming und ebenso ein Rechtsanspruch für Kunden auf das 5G-Netz ab 2025. Die Koalition will ebenso schnell die Erlöse aus der 5G-Versteigerung einnehmen und zügig in den Breitbandausbau investieren. All das scheint beim Mobilfunkgipfel keine Rolle mehr zu spielen.

Dabei hatte Agentur-Präsident Homann im Mai entschieden, die Frequenzen für das Echtzeit-Mobilfunknetz meistbietend zu versteigern und „mit der Bereitstellung der Frequenzen zur Umsetzung der im Koalitionsvertrag formulierten Ziele“ beizutragen, wie es in der Begründung hieß. Darüber hinaus ist ein Drittel der Frequenzen für Neueinsteiger reserviert.

Und Versorgungsauflagen will Homann so gestalten, dass die Anbieter sie auch wirtschaftlich erfüllen können. Für die Behörde sei es wichtig, dass „die politischen Ziele, die Regulierungsziele sowie die Regulierungs- und Rechtsgrundsätze in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen“.

Doch Experten im Verkehrsministerium wollen sich von der Agentur keine Vorschriften machen lassen. Im Gegenteil: Sie bewerteten es als Affront, dass Homann bereits während der Koalitionsverhandlungen vorgeprescht war und erste Vorschläge für die Auktionsregeln vorgelegt hatte, und pochten auf ihre Fachaufsicht.

Schließlich wollte Scheuer doch selbst mit dem Mobilfunkgipfel die „Bedienungsanleitung“ für eine „möglichst flächendeckende Versorgung“ festlegen, wie er vorher sagte.

Streit zwischen der Behörde und der Regierung ist eigentlich nichts Neues. Beim 20-jährigen Bestehen der Behörde im Mai sprach Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer Festrede von einem „Gestrüpp von Interessen“, in dem die Behörde es nicht allen recht machen könne. Ohne den politischen Druck direkt zu erwähnen, sagte sie: „Aber wir können immer auf die unabhängige Tätigkeit dieser Agentur verweisen, und das ist ein schönes Gefühl.“ Das Publikum lachte, und die Kanzlerin grinste.

Dieses Mal ist die Qualität des Drucks eine andere. Nach dem Mobilfunkgipfel verging dabei den Beamten des Ministeriums das Lachen. Bei der Pressekonferenz lobte zwar Telekom-Chef Timotheus Höttges ordnungsgemäß den Gipfel. Es habe „keine politische Forderung an ein privatwirtschaftliches Unternehmen gegeben“, sagte er.

Auch seien lediglich „die Voraussetzungen besprochen“ worden, die für einen 5G-Ausbau nötig seien. Vodafone-Vorständin Anna Dimitrova aber sprach das Verbotene aus – den Zusammenhang der Funklöcher im 4G-Netz und der anstehenden Auktion der 5G-Frequenzen.

Angesichts des hohen Investitionsbedarfs seien die Rahmenbedingungen wichtig: „Wir können kein tolles 4G-Netz bauen, wenn wir nicht wissen, wie viel wir für 5G ausgeben werden“, stellte sie klar. Später hätten Mitarbeiter des Ministeriums um Richtigstellung der aus ihrer Sicht negativen Aussagen gebeten, hieß es.

Von „Politik nach Gutsherrenart mit einem Schuss Wirtshausrauferei“ reden Manager der Unternehmen. So habe Minister Scheuer gedroht, ihnen bei der 5G-Auktion das Leben schwer zu machen, sollte der Gipfel platzen. Also hätten die Bosse mit ihm vorab viel telefoniert.

Nun warten alle auf Präsident Homann. Am 24. September wird er die Marktregeln für das Zukunftsnetz 5G bekanntgeben.